Strategie made in Japan

27.01.1995

Nach rund 18monatiger Abstinenz vom Notebook-Markt meldet sich Sharp zurueck: Das "PC-8660"-System ist der erste von drei tragbaren Rechnern, mit denen die Japaner gegen die Konkurrenz von Compaq, NEC, Toshiba, Dell, Zenith, DEC und IBM wieder Boden gut machen wollen.

Allerdings scheint die Strategie der deutschen Niederlassung fuer die Einfuehrung ihrer Produkte nicht ganz durchsichtig. Das in den USA seit rund neun Monaten vertriebene Modell PC-8660 ist bei dem hohem Entwicklungsfortschritt in der Computerbranche schon nicht mehr auf dem letzten Stand der Dinge. Das gilt zwar nicht fuer die Aktiv-Matrix-TFT-Technologie des Displays. Hier ist Sharp bekanntlich fuehrend.

Bei der Wahl des Prozessors bieten Konkurrenten wie NEC oder Toshiba allerdings schon eine Pentium-Option, waehrend Sharp lediglich den 486DX2-Chip mit 50 Megahertz auflegt. Dessen Rechenleistung ist fuer herkoemmliche Anwendungen sicherlich ausreichend. Da Sharp das Notebook allerdings als Multimedia- Maschine anbietet, sind doch Zweifel angebracht, ob die CPU nicht etwas unterdimensioniert ist. Eine aehnliche hinterfragenswuerdige Produktstrategie verfolgt ja etwa auch Compaq mit den Multimedia- "Presario"-Modellen.

Noch weniger nachvollziehbar bleibt, dass das Unternehmen als Massenspeicher im besten Fall eine 328 MB grosse Festplatte zur Verfuegung stellt. Hier baut die Konkurrenz in der Regel bereits Silos mit der doppelten Kapazitaet ein.

Gaenzlich unverstaendlich ist, dass Sharp zwar einen PCMCIA- Einsteckplatz fuer sein von Twinhead in Taiwan gebautes Notebook vorsieht, dieser aber nur dem Typ II entspricht. Die Regel ist hier Typ III. Auch verfuegt der mit einem 9,4 Zoll grossen Aktiv- Matrix-Display ausgestattete Tragbare ueber keine SCSI- Schnittstellen.

Fuer das maximal durchschnittlichen Anspruechen genuegende System setzt Sharp mit knapp ueber 8000 Mark einen recht happigen Preis an.

Vollends nebuloes geraet dann die Vertriebsstrategie der Japaner: Die Notebooks sollen nur ueber den Fachhandel vertrieben werden. Diese Tatsache ist fuer sich genommen zwar voellig einsichtig. Auf Anfrage teilte das Unternehmen allerdings mit, dass man entsprechende Fachhaendler erst noch suchen muesse. So lanciert das Unternehmen ein Produkt, fuer das es offensichtlich ueberhaupt noch keine Verkaufskanaele geoeffnet hat. Unverstaendliche, aber offizielle Erklaerung: In den USA sei das Notebook schon seit neun Monaten auf dem Markt, deshalb solle es auch in Deutschland vertrieben werden.

Die Erklaerung, "wir wollen langsam in den Markt einsteigen, um den Vertrieb vorzubereiten", mag man zwar im Hause Sharp verstehen. Der Kaeufer allerdings wird sich fragen, ob er nicht gleich bis zur CeBIT 1995 warten sollte. Dort stellt Sharp zwei weitere Notebooks vor, die dann dem neuesten Stand der Technologie entsprechen sollen.