Der Markt für Business-Intelligence-Tools

Strategen kennen den Gegner und sich selbst

24.09.2004
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Sascha Alexander ist seit vielen Jahren als Redakteur, Fachautor, Pressesprecher und Experte für Content-Strategien im Markt für Business Intelligence, Big Data und Advanced Analytics tätig. Stationen waren unter anderem das Marktforschungs- und Beratungshaus BARC, die "Computerwoche" sowie das von ihm gegründete Portal und Magazin für Finanzvorstände CFOWORLD. Seine Themenschwerpunkte sind: Business Intelligence, Data Warehousing, Datenmanagement, Big Data, Advanced Analytics und BI Organisation.
Lösungen für Business Intelligence (BI) sind aus vielen Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Die Nachfrage nach BI-Tools ist groß. Der Anbietermarkt ist durch Innovationen und Übernahmen geprägt.

Anders als viele Technologien gewinnt Business Intelligence gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten an strategischer Bedeutung. So setzten laut einer Untersuchung der Meta Group vergangenes Jahr bereits etwa ein Drittel von gut 450 befragten deutschen Firmen entsprechende Produkte für die Berichtsgenerierung, Ad-hoc-Abfragen, Data Mining sowie multidimensionale Datenbanken für Online Analytical Processing (Olap) ein. Weitere zwölf Prozent befinden sich in der Implementierungsphase oder planen ein konkretes Projekt. Die Industrie sowie der öffentliche Sektor hielten sich noch zurück, berichteten die Analysten der Meta Group, während vor allem Finanzdienstleister überdurchschnittlich BI-aktiv sind.

Großes Interesse an BI

Das große Interesse an BI-Technik schlägt sich auch in den Umsätzen nieder. So rechnet die Meta Group in Deutschland mit einem durchschnittlichen Anstieg des Marktvolumens um knapp 16 Prozent pro Jahr. Der Umsatz mit Hardware, Programmen und Dienstleistungen im BI-Segment wird sich laut Analysten in diesem Jahr auf rund 1,1 Milliarden Euro belaufen; 2007, so die Auguren, sollen es 1,76 Milliarden Euro sein. Allerdings beruhen die Zahlen für Deutschland weitgehend auf Umfragen und Schätzungen sowie der Selbstauskunft der Anbieter. Die meisten Hersteller publizieren keine lokalen Zahlen oder brechen wie die SAP ihre Umsätze nicht auf einzelne Produktkategorien hierunter. Microsoft beispielsweise weiß schlichtweg nicht genau, wie viele Kunden seine BI-Produkte verwenden, da diese quasi kostenlos zusammen mit der Datenbank "SQL Server" verkauft werden. Der weltgrößte BI-Anbieter, SAS Institute, ist privat geführt und vertreibt seine Produkte auf der Basis

eines Mietmodells, bei dem jährliche Gebühren anfallen. Eine Beurteilung der Umsätze nach Neulizenzen wird damit erschwert. Die Analysten von Gartner haben dennoch ein Ranking der Anbieter erstellt. Dieses bezieht sich nur auf das Neulizenzgeschäft mit BI-Produkten. Laut Analyst und BI-Spezialist Frank Buytendijk wird sich demnach der hiesige Markt bei einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 7,8 Prozent von 101,5 Millionen Euro im Jahr 2002 auf 148 Millionen Euro im Jahr 2007 entwickeln. Damit weist der deutsche Markt laut Gartner die gleiche Tendenz wie in der Schweiz, Österreich, Frankreich und Italien auf. Andere westeuropäische Länder, Großbritannien und die Skandinavier, können indes höhere Zuwächse vermelden, wenn auch teilweise das Ausgangsniveau niedriger ist als in Deutschland. Zum

Marktführer für BI-Tools kürt Gartner hierzulande SAS Institute. Das Unternehmen ist seit 1976 im Markt tätig und bietet ein umfangreiches Portfolio für BI, Data Warehousing und Statistik. Der Hersteller bewirbt insbesondere sein Know-how für Data Mining, das sich in zahlreichen fach- und branchenspezifischen analytischen Anwendungen niederschlägt. Insbesondere im Marketing, dem Finanz-Management und der TK-Industrie werden solche Lösungen zunehmend strategisch eingesetzt. Zudem kann SAS mit der neuen Version 9 seiner Produktsuite eine offene und modulare Softwarearchitektur bieten. Parallel zum Marktwachstum zeigt sich in der Produktentwicklung führender BI-Hersteller wie SAP, Cognos, Hyperion Solutions, Business Objects, Microsoft, Oracle oder Microstrategy eine wachsende Dynamik. Diente der Blick auf die aggregierten Daten der vergangenen Tage und Monate bisher häufig nur der Kontrolle des bisher Erreichten und zur operativen Planung, so soll sich dies nun

ändern: Corporate- oder Business-Performance-Management (CPM/BPM) heißt die neue Marschrichtung in dem seit Jahren von Schlagworten und Abkürzungen heimgesuchten Markt für Software zur Entscheidungsunterstützung. Das Neue an BPM sehen Analysten darin, dass die bisher von "klassischen" BI-Lösungen meist getrennte oder vernachlässigte strategische Planung in den Prozess eingebunden werden soll. Statt nur Informationen der Vergangenheit zu betrachten, sollen nun zusätzlich auch aktuelle Daten und Kennzahlen eine Rolle spielen, und dem Unternehmen einen Blick in die Zukunft gewähren. BI-Softwarelösungen werden damit mehr als bisher dazu herangezogen, die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens laufend zu beobachten und zu steuern. Um alle benötigten Informationen wie Planzahlen, operative und

historisierte Daten zeitnah und aufbereiten zu können, müssen BI-Plattformen eine durchgängige technische Infrastruktur für die Datenintegration und Metadatenverwaltung bereitstellen. Die heutigen Grenzen zwischen internem und externem Reporting, legaler Konsolidierung und Analyse gilt es dabei genauso zu überwinden wie eine rein vom Controlling betriebene Planung. Methoden wie Balanced Scorecards und das Monitoring der relevanten Geschäftsvorgänge müssen in den idealerweise geschlossenen BI-Kreislauf ebenfalls eingebunden werden. Wenn dies alles gelingt, so das Versprechen, werden Anwender Informationen erhalten, mit denen sich die Leistung eines Unternehmens rascher bewerten, steuern und verbessern lässt. Von den vielen und unterschiedlich gearteten Produkten, mit denen sich BPM umsetzen lässt, ist vor allem Server-basierende BI-Software für das Massenberichtswesen gefragt. So stellt das unternehmensweite Erstellen und Verteilen von Standardberichten

in diversen Formaten eine kostengünstige Möglichkeit dar, Informationen unter die Mitarbeiter und ins Management zu bringen. Entsprechend lag hier 2003 laut der Meta-Studie mit 69 Prozent aller Projekte der Schwerpunkt von BI-Initiativen in Deutschland, dicht gefolgt von Initativen für Ad-hoc-Query und Analyse. Überraschenderweise haben die meisten BI-Hersteller jedoch erst im vergangenen Jahr das Marktsegment für Enterprise-Reporting-Software für sich entdeckt. So bieten sie zwar seit langen Fachanwendern Berichts- und Analysewerkzeuge, doch die für ein unternehmensweites Rollout benötigte leistungsfähige und standardbasierende Lösung war meist nicht vorhanden.

Millionenschwere Übernahmen

Diese Situation hat sich fundamental geändert. So erlebte der Markt im vergangenen Jahr eine Welle an Übernahmen und Produktneuvorstellungen für das Berichtswesen. Millionenschwere Käufe wie die von Crystal Decisions durch Business Objects oder Brio Software durch Hyperion Solutions fallen in diese Kategorie. Neuentwicklungen stellten Cognos, Microstrategy und Microsoft vor. Als weiterer Trend zeichnet sich Business Activity Monitoring (BAM) ab. Dieses zielt auf eine Echtzeitintegration von Anwendungen und BI-Komponenten ab, um Geschäftsprozesse eines Unternehmens ohne zeitliche Verzögerung überwachen und steuern zu können. Ferner werden Techniken für Query, Reporting und Analyse zunehmend konvergieren, und der Einsatz von XML- und Java-Standards für die Integration sowie den Daten- und Modellaustausch zwischen

BI-Produkten und anderen Systemen nimmt zu. Zudem wird BI-Technik verstärkt mit Datenbanken wie bei Microsoft, IBM und Oracle oder Standardsoftware wie bei der SAP gekoppelt. Dies könnte auf lange Sicht zu einer weiteren Konvergenz von BI-Produkten führen.

* Der Autor Sascha Alexander ist Redakteur bei der Computerwoche. [salexander@computerwoche.de]