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Stolpe muss Maut wegen technischer Probleme verschieben

01.08.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Obwohl die Verantwortlichen im Bundesverkehrsministerium bis zuletzt beteuerten, die LKW-Maut auf deutschen Autobahnen werde pünktlich zum 31. August dieses Jahres starten, zog Verkehrsminister Manfred Stolpe einen Monat vor dem offiziellen Termin nun die Notbremse. Erst am 2. November soll das Mautsystem auf den deutschen Autobahnen scharf geschaltet werden. Ursprünglich war geplant, bereits ab dem 31. August Mautgebühren von den LKWs zu kassieren. Man wolle auf Nummer sicher gehen und den Nutzern die Möglichkeit geben, das System auf Herz und Nieren zu prüfen, erläuterte der Minister seine Entscheidung.

Währenddessen wollen die Verantwortlichen bei Toll Collect, dem einführenden Konsortium aus Daimler-Chrysler, T-Systems und dem französischen Autobahnbetreiber Cofiroute, von einer Verschiebung nichts wissen. Projektleiter Rainer Scholz versichert, das System werde am 31. August fertig sein. Die Entscheidung, keine Gebühren zu verlangen, sei rein politisch. Daher müsste auch das Ministerium für die finanziellen Folgen geradestehen. Toll Collect werde sich nicht den Schwarzen Peter zuschieben lassen und für die Mautausfälle haften.

Experten bezweifeln indes, dass es Toll Collect gelingen wird, in den nächsten Wochen ein funktionierendes System auf die Beine zu stellen. Vor allem die mangelhafte Versorgung und Fehlfunktionen bei den On Board Units (OBUs), mit deren Hilfe die Position der LKWs bestimmt wird, könnte für weitere Verzögerungen sorgen. So berichten viele Speditionen, dass nach wie vor keine Geräte zur Verfügung stünden. Viele Vertragswerkstätten, die für den Einbau zertifiziert sind, seien erst seit wenigen Tagen technisch in der Lage, die OBUs richtig zu initialisieren und an das Toll-Collect-System anzubinden. Scholz räumt technische Probleme ein. Diese seien jedoch angesichts des Projektumfangs normal. Außerdem würden momentan täglich 6000 OBUs produziert. Damit stünden bis Anfang November 450 000 Geräte zur Verfügung, verspricht der Projektleiter.

Wer letztendlich die Verantwortung für das Maut-Desaster übernimmt; ist noch unklar. Dem Staat entgehen durch die zweimonatige Verspätung Einnahmen in Höhe von rund 360 Millionen Euro. Oppositionspolitker fordern deshalb den Rücktritt Stolpes. Dies sei die Quittung für die Schlamperei, kritisierte Klaus Lippold, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Unionsparteien im Bundestag. FDP-Politiker Rainer Brüderle bezeichnete die Verschiebung als Blamage und einen Offenbarungseid für die Bundesregierung. (ba)