Vorgeschmack auf das Jahr 2000

Störfall bei der Müllverbrennung

16.04.1999
MÜNCHEN (CW) - Der Zweckverband Müllverbrennungsanlage Ingolstadt wollte eigentlich den Ernstfall 2000 proben, die Abkopplung vom öffentlichen Stromnetz. Die Übung endete allerdings mit einem Störfall: Über einen Zeitraum von viereinhalb Stunden entwichen ungereinigte Abgase, etwa das Umweltgift Dioxin.

Normalerweise speist die Müllverbrennungsanlage acht bis 14 Megawatt pro Stunde in das öffentliche Stromnetz der Stadtwerke Ingolstadt ein. Der Eigenverbrauch der Anlage liegt bei 2,5 bis drei Megawatt. Die Hitze, die bei der Müllverbrennung entsteht, erwärmt Wasser, das verdampft. Der Dampf treibt eine Turbine an, an die ein Stromgenerator angeschlossen ist.

Ist das öffentliche Stromnetz instabil, schaltet ein Softwareprogramm die Anlage auf den Inselbetrieb um: Es wird nur noch Strom für den Eigenbedarf produziert. Diesen Fall wollte die Müllverbrennungsanlage simulieren, um die Mannschaft "auf diese Situation einzuschwören", wie Volker Böhmeke, technischer Betriebsleiter der Müllverbrennungsanlage, es ausdrückt. Er rechnet offenbar mit Problemen zu Beginn des Jahres 2000: "Es kann durchaus sein, daß wir uns dann aus dem öffentlichen Stromnetz ausklinken."

Die Anlage sei gespickt mit Computern und Elektronik, darunter etwa speicherprogrammierbare Steuerungen von Siemens. Angesichts des näherrückenden Wechsels zum Jahr 2000 bekäme er es deshalb "ein bißchen mit der Angst zu tun", so Böhmeke. Die in der Presse dargestellten Szenarien hält er zwar für übertrieben, "doch etwas Wahres ist immer dran". Die eigenen Anlagen würden Schritt für Schritt überprüft, praktische Tests sollen folgen. Die erste Übung zu Störungen im Stromnetz endete mit dem Störfall.

Beim Umschalten auf den Inselbetrieb setzte die Stromversorgung für eine Minute aus. Das legte nicht nur den Generator lahm, sondern die gesamte Anlage. Die Rauchgasreinigung wurde blockiert. Die Filterklappen der fünf Reinigungsstufen gingen auf, und das Gas gelangte ungereinigt über einen Bypass ins Freie. Die Filter konnten nur schrittweise wieder in Betrieb genommen werden.