Honorare

Stillstand an der Stundensatzfront

14.03.2012
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Unverändert setzen IT-Selbständige ihren Stundensatz bei durchschnittlich 73 Euro an. Das ergab eine aktuelle Auswertung.

Seit Jahren wertet die Projektbörse Gulp aus, welche Stundensätze die in ihrer Datenbank eingetragenen Freiberufler fordern. Mittlerweile finden sich dort mehr als 75.000 Freiberufler aus dem IT- und Engineering-Umfeld wieder. Bisher reagierten die Freiberufler immer auf die Marktlage. Gab es ausreichend Projektanfragen, konnten sie ein höheres Honorar einfordern. Brach der Projektmarkt ein, stagnierten die Stundensatzforderungen - so zuletzt 2008 und 2009 im Zuge der Wirtschaftskrise.

Auch wenn es derzeit so viele Projektangebote gibt wie noch nie: Freiberufler haben ihre Honorarforderungen eingefroren.
Auch wenn es derzeit so viele Projektangebote gibt wie noch nie: Freiberufler haben ihre Honorarforderungen eingefroren.
Foto: faserem - Fotolia.com

Auch jetzt verharrt der durchschnittliche geforderte Stundensatz auf 73 Euro. Zeitgleich meldet Gulp neue Rekorde, was die Zahl der Projektanfragen betrifft. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres registrierte das Portal jeweils über 15.000 Projektanfragen. Dennoch lässt sich die tatsächliche Nachfrage nach Freiberuflern schwer einschätzen. Zum einen tummeln sich immer mehr Vermittlungsagenturen auf dem Markt, zum anderen beauftragen die Kunden gern auch mehrere Dienstleister, um ein und dieselbe Position im Projekt möglichst schnell zu besetzen. So können aus zehn tatsächlichen Projektanfragen leicht 100 werden, was für den Freiberufler nicht auf den ersten Blick zu durchschauen ist.

Projektleiter haben den größten Spielraum

Die ermittelten Stundensatzforderungen geben dennoch Hinweise, wie das Profil eines Freiberuflers die Höhe des Honorars beeinflussen kann. So sind leitende und beratende Aufgaben nicht nur in der Welt der Festangestellten höher vergütet. Selbständige Projektleiter fordern im Schnitt 81 Euro pro Stunde - das sind acht Euro mehr als der Durchschnitt und 22 Euro mehr als Systemadministratoren, die traditionell das Schlusslicht darstellen. Aber auch Berater (77 Euro), die Softwareentwickler (68 Euro) und Qualitätssicherungsexperten (67 Euro) haben im vergangenen Halbjahr ihre Honorarwünsche nicht hochgeschraubt. "Die Entwickler sind die größte Gruppe in unserer Profiledatenbank. Ihre Stagnation bei 68 Euro hat demzufolge auch den größten Einfluss auf den unveränderten allgemeinen Durchschnitt", sagt Stefan Symanek von Gulp.

Der Preis eines Freiberuflers ist auch eine Frage von Alter und damit auch von Berufserfahrung. Selbstständige zwischen 45 und 49 Jahren setzen 76 Euro in der Stunde für ihre Leistung an, unter 35 Jahren sind es dagegen im Schnitt nur 63 Euro. Fast jeder zweite Freiberufler in der Gulp-Datenbank ist zwischen 40 und 50 Jahre alt, der Anteil der Jüngeren nimmt seit Jahren kontinuierlich ab.

Wieviel Projektanbieter zahlen

Die Forderungen der Freiberufler sind die eine Seite, die Preisvorstellungen der Projektanbieter die andere. Gulp misst, zu welchen Preisen die Projektanbieter kontaktieren und kam zu einem positiven Ergebnis für die jüngeren Selbständigen. "Selbstständige unter 35 Jahren werden im Schnitt zu 65 Euro kontaktiert - der kontaktierte Stundensatz liegt zwei Euro über ihrem geforderten. Also: Nur Mut!", sagt Symanek. Das gilt aber nicht für die älteren Freiberufler. Projektanbieter kontaktieren in der Gruppe zwischen 40 und 50 Jahren Freiberufler im Schnitt für 74 Euro die Stunde, was zwei Euro unter ihren durchschnittlichen Forderungen von 76 Euro liegt.