Ende einer Ära

Steve Jobs tritt als Apple-Chef ab

25.08.2011
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Steve Jobs (56) ist als CEO von Apple zurückgetreten und wechselt an die Spitze des Verwaltungsrats. COO Tim Cook übernimmt nun das Ruder in Cupertino.

Überraschend an der Ankündigung von Apple in der Nacht zum Donnerstag waren allenfalls das Timing und Steve Jobs' Eingeständnis, dass es tatsächlich eine interne Nachfolgeregelung für den Chefsessel gab. Bislang hatte es der Konzern stets vermieden, öffentliche Spekulationen über die Nachfolge seines charismatischen und visionären Mitgründers anzuheizen.

Seit der Rückkehr von Steve Jobs an die Firmenspitze im Jahr 1997 hat Apple eine nahezu beispiellose Erfolgsgeschichte hingelegt, die vom iMac über iPod, iPhone, MacBook Air und iPad die Konkurrenz immer wieder aufs Neue überraschte und kalt erwischte. Apple setzt seit Jahren Trends und definiert Produktkategorien und Märkte neu. Das Unternehmen wächst deutlich stärker als der Wettbewerb - und das dank für die Branche erstaunlicher Margen auch unter dem Strich. Jobs und Apple haben es wie kein anderes Unternehmen verstanden, ein geschlossenes Ökosystem aus Produkten und Services aufzubauen, die sich wechselseitig befruchten.

Wie viel von diesen Erfolgen tatsächlich Steve Jobs persönlich zuzuschreiben ist, kann man nur spekulieren. Dass sein Beitrag ein erheblicher ist, steht jedoch außer Frage. Seit beinahe eineinhalb Jahrzehnten war der CEO nicht zuletzt das öffentliche Gesicht von Apple. Dass das bei seinem Rücktritt zum Problem werden könnte, wurde beinahe ebenso lange kritisiert. Aber natürlich stehen hinter Jobs auch schon seit vielen Jahren weitere Top-Leute, die dafür sorgen, dass die Apple-Maschinerie läuft wie geschmiert.

Neben Designchef Jonathan Ive ist das vor allem dem 50-jährigen Tim Cook zu verdanken. Der bisherige Chief Operating Officer kam vor 13 Jahren zu Apple. Davor hatte er zwölf Jahre in der PC-Logistik von IBM gearbeitet und war dann noch ein halbes Jahr Vice President for Corporate Materials bei Compaq. Bei Apple brachte Cook die notorisch schwache Fertigung auf Vordermann: Er platzierte Zulieferer in der Nähe der Produktion und reduzierte dadurch die Lagerzeiten von 31 auf sechs Tage, schloss abgelegene Fabriken und Lager und lagerte an Auftragsfertiger aus.

Besonders genial sind offenbar Cooks Fähigkeiten, die Nachfrage für noch unveröffentlichte Produkte vorherzusagen. Beispielsweise blätterte er für Apple schon mal 1,25 Milliarden Dollar hin, um sich auf Jahre hin die Versorgung mit bestimmten Flash-Speicherchips zu sichern, die später für neue Apple-Geräte unverzichtbar waren.

Tim Cook führte Apple bereits übergangsweise während Jobs' gesundheitsbedingter Auszeiten 2004 zwei Monate lang und 2009 für ein halbes Jahr. Seit Mitte Januar 2011 vertrat er Jobs erneut. Cook tritt ungewöhnlich ruhig auf, gilt als detailversessen und als Workaholic - erste Emails verschickt er gegen 4:30 Uhr früh, kommt als Erster ins Büro und geht als Letzter. Schon bei IBM arbeitete Cook freiwillig an Weihnachten und Neujahr. Cook gilt allerdings weder als Produktvisionär (das ist eher die Domäne von Jonny Ive) noch als begnadeter öffentlicher Redner. Diesen Part hatte während Jobs' Auszeiten deswegen auch stets Produkt-Marketing-Chef Phil Schiller übernommen.

Was der formell weitere Rückzug von Steve Jobs für die Zukunft von Apple wirklich bedeutet, lässt sich nur schwer vorhersagen. Man darf wohl getrost davon ausgehen, dass die Produkt-Roadmap für die nächsten Jahre bereits mit Visionen des Mitgründers befüllt ist und vom neuen Management in gewohnter Weise umgesetzt wird. Ob Apple aber auch ohne Jobs an der Spitze seinen Kultstatus behalten kann, weiß heute noch niemand.