Suche nach einem Amelio-Nachfolger schwieriger als erwartet

Steve Jobs läßt sich zum Apple-Boß auf Zeit küren

26.09.1997

Jobs' Berufung durch den Board of Directors geschah dem Vernehmen nach einstimmig, da man davon ausgeht, nicht vor Ende des Jahres einen geeigneten Kandidaten zu finden. Mit diesem Schritt zog das oberste Führungsgremium der kalifornischen Company die Konsequenz aus der Tatsache, daß sich die Suche nach einem Nachfolger für den im Juli geschaßten Gil Amelio schwieriger gestaltet als ursprünglich erwartet.

Gleichzeitig wurden in Branchenkreisen erneut Bedenken laut. Der neue Apple-CEO müsse nicht nur das Unternehmen in ruhigeres und profitables Fahrwasser steuern, sondern sich auch mit einem Gremium aus "Halbgöttern" auseinandersetzen, spielen Kritiker auf die Tatsache an, daß mit Oracle-Chef Larry Ellison und dem früheren IBM-Finanzvorstand Jerry York zwei graue Eminenzen hinter den Kulissen die Fäden ziehen.

Geschürt wurden Spekulationen zuletzt auch durch Indiskretionen einer der mit der Amelio-Nachfolgersuche beauftragten Consulting-Firmen. Wegen der prominenten Ratgeber im Hintergrund, aber auch aufgrund der durch Jobs' Entscheidungen der letzten Monate geschaffenen vollendeten Tatsachen müsse man sich bei der Auswahl einer entsprechenden Persönlichkeit "nach unten" orientieren, hieß es. Jobs selbst hatte bis zuletzt eine Übernahme der offiziellen CEO-Verantwortung abgelehnt, gleichwohl seit seiner Rückkehr als externer Berater des Unternehmens im Dezember vergangenen Jahres massiven Einfluß auf die Politik des Unternehmens genommen.

Unterdessen sorgt die von Jobs eingeleitete Strategie einer radikalen Einschränkung der Lizenzvergabe an Macintosh-Cloner für weiteren Zündstoff. Der US-Chipproduzent Exponential Technologies, der mit Apple, aber auch mit einer Reihe von Macintosh-Clonern gut im Geschäft war, hat gegen die Kalifornier Klage wegen Geschäftsschädigung eingereicht.

Auch bei Apple selbst geht das Hauen und Stechen weiter. Mit Marketing-Chef Guerrino De Luca und Sales-Director Greg Rhine haben Mitglieder der alten Führungscrew um Amelio das Unternehmen verlassen. Beide Topmanager machten persönliche Gründe für ihre Entscheidungen geltend und wollten keine Stellungnahme zur aktuellen Situation des Unternehmens abgeben. Jobs' Vorgänger Amelio konnte sich indes einen Kommentar zum Wiedereinstieg des neuen alten starken Mannes nicht verkneifen: "Ich werde nie so charismatisch wie Steve sein, aber er wird umgekehrt nie so ein guter Geschäftsmann wie ich sein", erklärte Amelio gegenüber der CW-Schwesterpublikation "Infoworld".