Steuerungsgrenzen-Planungslücken

10.08.1979

Die Forderungen bezüglich Wirtschaftlichkeit und Flexibilität können in Produktionsbetrieben insbesondere durch Erweiterung und Verbesserung der Planungs-, Steuerungs- und Überwachungssysteme erfüllt werden. Dies erklärt einerseits den hohen Entwicklungsstand dieser Systeme, andererseits die Notwendigkeit ihrer permanenten Weiterentwicklung. Dabei werden Erfahrungen mit bereits eingesetzten Systemen und unerfüllte Benutzerwünsche ebenso wie neue Entwicklungen auf dem Gebiet der Arbeitsstrukturierung als zusätzliche Bestimmungsfaktoren zu berücksichtigen sein

Die Mängel und Grenzen der heute verfügbaren EDV-unterstützten Produktionsplanungs- und -steuerungssysteme lassen sich unter drei Aspekten analysieren:

- Aus funktionaler Sicht können problembezogene Mängel in Aufgabenerfüllung und -integration erkannt werden.

- Aus EDV-technischer Sicht wird die Funktionserfüllung durch die Möglichkeit der Informationstechnologie begrenzt.

- Aus wirtschaftlicher Sicht wird das unter Berücksichtigung der ökonomischen Randbedingungen anzustrebende Realisierungsniveau bestimmt.

Die heutigen Planungs- und Dispositionssysteme haben funktionale Mängel vor allem in der Langfristplanung sowie im kurzfristigen Reagieren auf betriebliche Störungen und plötzliche Änderungen der Auftrags- und Beschaffungssituation.

Für die langfristige Programm- und Auftragsplanung läßt sich mit den angebotenen, mehrfach verwendbaren Anwendungsprogrammen keine zufriedenstellende Abstimmung von Nachfrage-EntwickIung und vorhandener oder neu bereitzustellender Fertigungskapazität durchführen. Dies führt entweder zu einer schlechten Nutzung der Fertigungskapazitäten oder zu mangelhafter Termintreue, verbunden mit erhöhter Bevorratung von Rohmaterialien, Einzelteilen und Baugruppen. Eingangsgrößen für die Programm- und Auftragsplanung sind neben den Nachfrage- und Kapazitätsdaten Informationen aus den Funktionen Sortiment- und Investitionsplanung, wobei sich letztere mit der Programmplanung überlappen.

Im Bereich der Produktionsplanung und -steuerung liegen die Mängel heutiger Planungs- und Dispositionssysteme vor allem noch im kurzfristigen Anteil der Produktionssteuerung. Grundlage für das sofortige Reagieren auf Planabweichungen sind bis heute rein personelle Entscheidungen, die durch die Bereitstellung der neuesten Istwerte zwar unterstützt werden können, hierdurch jedoch nicht die Qualität maschineller Entscheidungsvorhaben erreichen. Ferner leiden sie unter dem in der Regel eingeengten Bereichsdenken des Entscheidenden.

Als wichtigster Nachteil im Hinblick auf die funktionale Integration ist die mangelnde Verknüpfung der Termin- und Kapazitätsplanung im Konstruktionsbereich mit den Angaben der Produktionssteuerung sowie innerhalb der Produktionssteuerung die Lücke zwischen der Mengen- und Terminplanung anzusehen.

Für den Bereich der Instandhaltungsorganisation, der als Personalkostenfaktor immer stärker an Bedeutung gewinnt, fehlen praxisgerechte Standardlösungen für die Fertigungsindustrie gänzlich. Die dringende Notwendigkeit zur Entwicklung geeigneter Lösungen bestätigte eine vom Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart durchgeführte Untersuchung in rund 100 Fertigungsunternehmen (1). Daß sich durch bessere Organisation der Instandhaltung - insbesondere durch verstärkte Maßnahmen zur geplanten, vorbeugenden Instandhaltung - Rationalisierungserfolge erzielen lassen, zeigt ein Beispiel aus der Automobilbranche. Dort wurde anhand einer Schadensanalyse an 1000 Werkzeugmaschinen festgestellt, daß die Reparatur- und Ersatzteilkosten bei geplanter, vorbeugender Instandhaltung nur ein Drittel gegenüber vergleichbaren Havarieschäden betrugen (2).

Im Hinblick auf EDV-technische Aspekte konzentrieren sich die Benutzerwünsche auf die Möglichkeit zu kurzfristigen Planungsläufen. Dies ist jedoch nicht möglich, solange das Updating der relevanten Dateien wegen der mangelnden Kommunikationsfähigkeit und den zum Teil erheblichen Laufzeiten der Systeme in größeren Zeitabständen im Stapelbetrieb erfolgen muß. Fehlende kommunikationsorientierte Programme, zu lange Programmlaufzeiten, fehlende geeignete Datenbanksysteme für kleinere und mittlere Anlagen und zu teure kommunikationsspezifische Peripherie verhinderten bisher den breiten Einsatz kommunikativer Planungs- und Dispositionssysteme.

Die diskutierten sachlichen beziehungsweise technischen Mängel und Grenzen können mit entsprechendem Aufwand langfristig oder sogar mittelfristig grundsätzlich überwunden werden. Ob es allerdings immer sinnvoll sein wird, diesen beträchtlichen Aufwand zu treiben, sollte - außer bei vorliegendem Sachzwang - allein durch eine , Kosten-/Nutzen-Analyse entschieden werden.

Im Gegensatz zur Produktionssteuerung steht der Rechnereinsatz zur rationelleren Durchführung der Datenverarbeitungsaufgaben in der Produktionsplanung erst am Anfang. Im Hinblick auf den Funktionsumfang derartiger Systeme kann man heute deshalb aufgrund der ungenügenden Erfahrung noch nicht von unerfüllten Benutzerwünschen sprechen. Die Mängel und Grenzen derartiger Anwendungsentwicklungen zeigen sich vielmehr eher unter EDV-technologischen und wirtschaftlichen Aspekten. Besonders bemängelt wird hier das Fehlen maschinenunabhängiger Datenbank-Software sowie die noch unzureichende Hardware-Kompatibilität der Anwendungsprogramme. Auch die Weiterentwicklung der System-Software für interaktive Bildschirme wird von Anwenderseite als vordringlich gesehen.

Entnommen aus "lnformationssysteme 1/79", herausgegeben von der Honeywell Bull AG, Köln.

(1) Rabus, G.; Jacobi, H. F.; Kraus, Th.: EDV-unterstützte Instandhaltung. 2. Zwischenbericht zum gleichnamigen BMFT-Projekt. Stuttgart: Institut für Produktionstechnik und Automatisierung 1978.

(2) Giesler, H.: Praxis der geplanten Instandhaltung. Seminarunterlage. Stuttgart: Verein Deutscher Ingenieure 1977.