Steigender Online-Bedarf treibt DV-Kosten nach oben:Zugriffszeit begrenzt Speicher-Gigantonomie

16.04.1981

MÜNCHEN (gr) - Auf die Kosten der peripheren Speicher wirken zur Zeit zwei gegenläufige Trends ein. Der Bedarf an online angeschlossenen Speichermedien wächst aufgrund der immer schneller arbeitenden Zentraleinheiten. Auf der anderen Seite beherrscht die Industrie zunehmend die Fertigungstechnik der Halbleiter- wie der magnetischen Speichermedien, was zu einer Kostensenkung führt. Die Revolution der Speicherperipherie hat die Labors noch nicht verlassen.

Der Speicherbedarf kommerzieller Anwender wächst pro Jahr nach konservativer Schätzung um 30 Prozent. Realistischer geschätzt, meint Klaus Oelmann, bei der Control Data GmbH, Frankfurt, Verkaufsleiter Deutschland für IBM-kompatible Peripherie, steigt der Bedarf jährlich um 40 Prozent. Gleichfalls über die Jahre hin gemittelt, reduzierten sich die Kosten der Speichermedien in MB gerechnet zwischen 15 und 20 Prozent jährlich. Die Möglichkeiten, eine größere Aufzeichnungsdichte bei magnetischen Medien zu erzielen, würden über den Preis an den Kunden weitergegeben. Diese Preissenkung halte aber nicht mit dem Mehrbedarf an externer Kapazität Schritt. Um die großen Systeme zu beschäftigen, seien ,hiesige Online-Datenbanken erforderlich, die über viele Kanäle mit der Zentraleinheit in Verbindung stünden.

Versorgt ein einziges Plattenlaufwerk alle Arbeitsplätze eines Mehrplatzsystems, so bildet der Plattenzugriff den Flaschenhals. Die Zugriffszeit übersteigt die Toleranzgrenze. Trotz des günstigen Preis-/Leistungsverhältnisses großer Einheiten, erläutert Karl Wilhelm Stolz, Leiter des Produktmarketing bei der Philips Data Systems GmbH in Siegen, wird man in allen Größenklassen dazu übergehen, Speicherhierarchien vom Betriebssystem steuern zu lassen. Den Master-lndex einer Datenbank etwa installiere man auf einem zusätzlichen Laufwerk.

Damit überlappten sich die Zugriffszeiten. Über die Verteilung des Datenbestandes auf mehrere Laufwerke erhöhe sich insgesamt die Anzahl der Transaktionen in der Zeiteinheit. Statt eines einzigen Laufwerkes in der Preisklasse um die 55 000 Mark machten sich bei dieser Struktur zwei oder mehrere Laufwerke um die 40 000 Mark in Zugriffszeit ausgedrückt bezahlt.

Die externen Speicher werden im Preis nicht in dem Maße nachgeben wie die Hauptspeicher. Nach Ansicht von Hans-Dieter Kurrle, Leiter der Systemunterstützung bei Data General GmbH, Eschborn, bleibt bei der heute realisierten externen Speichertechnik kaum noch Luft, mehr Bytes auf den magnetischen Medien zu speichern. Auch der mechanische Teil der Laufwerke setze der Kapazitätsausweitung Grenzen. Die Oberfläche der sich drehenden Platte lasse sich nicht beliebig dicht mit Informationen bepacken, ohne daß die Zuverlässigkeit leide.

Ein Kapazitätssprung ist nach Einschätzung von Stolz allerdings bei den Acht-Zoll-Platten zu erwarten, die die derzeit 14-Zoll-Technik ablöse. Bei gleichbleibenden Preisen könne alle zwei Jahre mit einer Verdoppelung der Kapazität gerechnet werden.

Die breite Einführung der optischen Speicherplatte könnte die Hierarchie der jetzt genutzten Medien ins Wanken bringen und langfristig zu einer Umstrukturierung oder Ausweitung der Hierarchie führen. Philips nennt den "Digital Optical Recorder" einen problemlosen Datenträger, der weniger empfindlich gegen Staub und Erschütterungen ist, als die magnetische Konkurrenz. In weniger als fünf Jahren könnten die Video-Disks - so Oelmann - eingeführt sein. Der komplizierte Schreib-/Lesekopf stelle, wie bei CDC, kein Problem mehr dar.

Würden die Laufwerke für den Massenbedarf hergestellt, wären sie im Preis vergleichbar mit Plattenlaufwerken. CDC schätzt den Preis auf nur 25 000 Mark. Die Station würde wesentlich weniger kosten als ein Plattenlaufwerk. Dann, meint Stolz, könnte die optische Platte das Magnetband als Back-up-Medium ersetzen. Die Technik hat trotz ihres Preisvorteils, der vor allem in der höheren Schreibdichte begründet ist, einen Nachteil. Noch ist die optische Platte nicht wiederzuverwenden. Die eingebrannten Löcher können zwar gelesen, nicht aber "ausradiert" und neu überschrieben werden.

Halbleiterspeicher wie MOS-Schaltkreise zeichnen sich am kurzfristigen Zeithorizont als Plattenersatz ab. "Wenn die Chip-Hersteller ihr Produktionsverfahren besser im Griff haben", erklärt Kurrle, "produzieren sie weniger Ausschuß." Heute noch seien zwischen 50 und 75 Prozent der hergestellten VLSI nicht funktionstüchtig. Durch Verminderung der Ausschußrate sinken die Preise pro Speichereinheit. Dadurch, so Kurrle weiter, erweitert sich die Hierarchie der Medien, die wirtschaftlich als externe Speicher einzusetzen sind. Zwischen dem schnellen Hauptspeicher mit geringer Kapazität und der Platte, die sich durch eine große Kapazität, aber vergleichsweise langsamen Zugriff auszeichnet, könnte in Zukunft ein externer Festspeicher angesiedelt werden.