VDSL2, Kabel-TV und LTE

Status Quo: Breitband-Ausbau in Deutschland

09.10.2014
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.

Praxis: Deutlich weniger Bandbreite als zugesichert

Ein Faktor, den es im Zusammenhang mit Breitbandverbindungen in der Praxis zu berücksichtigen gilt, ist die Diskrepanz zwischen Anspruch - oder besser gesagt den Zusagen der Provider - und Wirklichkeit. In den meisten Fällen wird die vertraglich zugesicherte Bandbreite nicht erreicht. Rechtlich ist das in Ordnung, weil sich die Service-Provider in ihren Geschäftsbedingungen auf mögliche technische Hürden berufen, die eine Bereitstellung der Dienste erschweren. Dazu zählen die Qualität der Leitungen, speziell innerhalb von Geschäfts- und Privatgebäuden, die Ausbaustufe des Netzes sowie Gegebenheiten wie die Abschattung von Mobilfunkmasten in Innenstädten durch Gebäude.

Messungen, welche die Bundesnetzagentur zwischen Januar und Dezember 2013 im Bundesgebiet durchführen ließ, ergaben allerdings, dass die Diskrepanzen teilweise erheblich sind. Demnach erhielten beispielsweise nur 5,4 Prozent der Kunden, die bei ihrem Service-Provider ein DSL-Angebot mit 8 bis 18 MBit/s gebucht hatten, die vertraglich zugesicherte volle Bandbreite.

Etwas besser sah es laut der Agentur bei Verbindungen mit Übertragungsraten im Bereich 25 MBit/s bis 100 MBit/s aus. Bandbreiten ab 50 MBit/s sind nicht nur für private "Power-User" relevant, sondern auch für kleine und mittelständische Unternehmen. Im Bereich 25 bis 50 MBit/s stand immerhin in 25,5 Prozent der Fälle die zugesicherte maximale Bandbreite (bis 50 MBit/s) zur Verfügung. Bei Verbindungen mit 50 bis 100 MBit/s konnten 41,3 Prozent der Nutzer auf volle Bandbreite zurückgreifen.

Verbesserungsbedürftig ist laut der Untersuchung auch das Angebot an mobilen Breitbandverbindungen. Die Mehrzahl der Nutzer von LTE-Verbindungen zwischen 55,2 Prozent (Stadt) und 59,2 Prozent (Land) musste sich 2013 mit 50 Prozent der eigentlich vom Provider zugesagten Bandbreite begnügen.

Fazit: Breitband ja - aber nicht überall

In einem sind sich Telekommunikationsfachleute einig: Die ideale Lösung für eine "Gigabit-Gesellschaft" wäre ein flächendeckender Ausbau der Glasfasernetze. Doch das unterblieb bislang, vor allem aus Kostengründen. Die bestehende Telefoninfrastruktur auf Basis von Kupferkabeln hat in Westdeutschland zwar schon etwa 50 Jahre auf dem Buckel, lässt sich aber dank Vectoring und später G.fast weiterhin nutzen.

Es zeichnet sich zudem ab, dass Breitband-Dienste über das Kabel-TV-Netz an Bedeutung gewinnen. Immerhin verzeichnen Anbieter in diesem Segment leichte Zuwächse. Wenig Hoffnung darauf, dass kabelgestützte Breitband-Verbindungen vom 50 MBit/s und mehr bis Ende des Jahrzehnts in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen werden, dürfen sich Bewohner ländlicher Gebiete machen. Die Kosten sind für die Netzbetreiber schlichtweg zu hoch. Hinzu kommt, dass die Bundesregierung im Spätsommer 2014 klargestellt hat, dass sie den Ausbau einer Breitband-Infrastruktur nicht fördern kann - oder will. Einzelne Bundesländer wie Bayer haben zwar Zuschüsse von bis zu 10 Milliarden Euro in Aussicht gestellt, wollen aber diese Aufgabe nicht alleine schultern.

De facto läuft somit alles auf folgendes Szenario hinaus: Breitband ja, aber mit Datenraten im dreistelligen Bereich nur in (Groß-)Zentren. Die Befürworter einer solchen Strategie haben neben den Kosten ein weiteres Argument auf ihrer Seite: den Trend in Richtung Urbanisierung, der in auch Deutschland zu beobachten ist. (mb)