Standards machen Services preiswert

28.06.2006
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Gartner-Manager Longwood erwartet mit fortschreitender Vereinheitlichung sogar eine Verbesserung der Qualität auf Anwender- und Anbieterseite gleichermaßen. "Interessanterweise geht die Standardisierung mit einem Innovationsprozess einher: Die Service-Provider können ihre Lieferprozesse kontinuierlichen Verbesserungsmethoden wie Six Sigma unterwerfen", erläutert er. "Und die Anwender können sich, indem sie Standardprozesse von externen Lieferanten beziehen, auf Neuerungen im Kerngeschäft konzentrieren." Zudem ließen sich bei einfachen und einheitlichen Services nutzungsabhängige Bezahlmodelle relativ leicht umsetzen.

Beispiel dafür sind etwa der Server-Betrieb, das E-Mail- und Datenbank-Hosting, das Desktop-Management sowie Helpdesk-Services und der Betrieb der Kommunikationsinfrastruktur. Andreas Zilch, Vorstand und Lead Advisor der Experton Group, zählt darüber hinaus das SAP-Hosting- und Payroll-Services dazu: "In diesen Bereichen ist ein hoher Standardisierungsgrad erreichbar und somit auch eine kostengünstige, automatisierte Massenabwicklung."

Austauschbare Produkte

Es sind vor allem solche IT-Aufgaben, die im Lauf der Zeit gereift sind und keinen unmittelbaren Mehrwert für das Kerngeschäft darstellen, sich gut standardisieren, automatisieren und damit auslagern lassen. Dabei gilt zudem: Je einheitlicher die Dienste sind, desto weiter entfernt lassen sie sich verlagern.

Hiesige Service-Provider geraten damit unter Handlungsdruck: Sie müssen ihre Prozesse industrialisieren, um wettbewerbsfähige Preise bieten zu können. Je einfacher und austauschbarer sie ihre Produkte gestalten, desto leichter können die Anwender sie jedoch durch Offerten indischer Anbieter austauschen. "Die Kunden zeigen sich in den vergangenen Monaten offener gegenüber Offshoring-Angeboten", weiß Zilch.

Der Weg zu effizienten IT-Diensten

  1. Wählen Sie nicht den billigsten Anbieter: Die Service-Provider können Dienstleistungen zu fast jeden Preis liefern, indem sie Subunternehmen einbinden. Doch wer in Verhandlungen die Marge seines Service-Partners bis über die Schmerzgrenze hinaus reduziert, kann keine Qualität erwarten: Schlechte Services sind teuer, weil sie die Produktivität der Mitarbeiter belasten und aufwändige Korrekturen erfordern.

  2. Definieren Sie die standardisierbaren Services: Einfache Dienste wie das Desktop- und Netzwerk-Management lassen sich gut standardisieren und automatisieren. In diesen Segmenten ist auch die Auslagerung eine Option.

  3. Identifizieren Sie innovative Möglichkeiten zur Leistungsmessung und -abrechnung anhand von Geschäftszielen: Zunehmend gibt es auch in Deutschland Angebote und Beispiele, die IT-Leistungen anhand von Business- Metriken abzurechnen. In solchen Vorhaben sollten Anwender echte Partnerschaften mit ihren Service-Providern eingehen, die von Vertrauen geprägt sind. Für Anbieter und Anwender sind diese Vorhaben zumeist Pilotprojekte, Aufwand und Verlauf der Arbeiten lassen selten detailliert planen.

  4. Entwickeln Sie eine Sourcing-Strategie: Ausgehend von den Belangen der Fachabteilungen sollten sich die IT-Verantwortlichen einen Fahrplan zurechtlegen, welche IT-Dienste sie besser selbst betreiben können und welche sie auslagern sollten.

  5. Suchen und wählen Sie einen Service-Provider nach einem bewährten Vorgehensmodell: Stellen Sie sicher, dass Anforderungen genau definiert und tatsächlich an den Geschäftsprozessen ausgerichtet sind. Das gilt auch für Service-Level-Agreements (SLAs) und wichtige Vertragsklauseln.

  6. Streben Sie in Verhandlungen einen für beide Seiten akzeptablen Vertrag an: Dennoch sollten Sie Ihrem Gegenüber zeigen, wer die Fäden in der Hand hält.

  7. Legen Sie die Scheu vor Offshore-Anbietern ab: Die meisten führenden lokalen Anbieter haben in ihrer Lieferorganisation Near- und Offshore-Center eingebunden, und Anwender nehmen diese Offerten gerne an. Indischen Anbietern gegenüber zeigen sich viele Kunden jedoch noch skeptisch. Vor allem bei Commodity-Services ist das nicht mehr angebracht. Je stärker Services standarisierbar sind, desto leichter lassen sie sich in entfernte Länder auslagern. Der Markt ist reif.

(Quellen: Zilch, Experton Group; Longwood, Gartner)