Oberste Maxime für Mikro-Hersteller:

Standardisierung durch Softwarekompatibilität

07.04.1978

Die Hardware der Mikro-/Minicomputer-Familie 9900/990 läßt sich in die Hauptgruppen Halbleiterbauteile (zum Beispiel CPU-, Speicher- oder E/A-Chips), Systembaugruppen (darunter Platinen, Gehäuse und Netzteile) und betriebsfertige Systeme (wie das Entwicklungslabor AMPL) einteilen. Im Bereich der unterstützenden Software sind mehrere Assembler, verschiedene Compiler (Fortran, Basic, Cobol, PL1, Coral, amp1 und Pascal) sowie diverse Hilfsprogramme (Debugger, Editor, Linking Loader) verfügbar. Betriebssysteme unterschiedlicher Komplexität sind verschiedenen Speichermedien wie Magnetplatte, Floppy Disk oder RAM/EPROM angepaßt. Die Frage, ob der Mikroprozessor 4-, 8- oder 16-Bit-parallel arbeitet, ist für den Anwender unerheblich. Entscheidend ist vielmehr, daß er die gewünschte Leistung zum richtigen Preis erhält.

Wichtigste Eigenschaft der 9900/990-Familie ist ihre Softwarekompatibilität, da sie dem Anwender eine echte Standardisierungsmöglichkeit bietet. Um über eine lange Produktlebensdauer Softwarekompatibilität zu gewährleisten, hat TI folgende Hardware-Charakteristika gewählt:

þ"Speicher-zu-Speicher"-Architektur mit Arbeitsregister-Konzept

þ16-Bit-Befehlssatz mit 16-, 8- und 1-Bit Verarbeitung

þEin-/Ausgabeschnittstellen für bit-, wort- und blockorientierte E/A.

Da zukünftig praktisch kein Geschwindigkeitsunterschied mehr zwischen schnellen Registern und Arbeitsspeicher vorhanden sein wird (bereits jetzt sind MOS-RAM's mit 35 ns Zugriffszeit erhältlich), ist von der bisherigen Akkumulator-Maschine kein Geschwindigkeitsvorteil mehr zu erwarten. Deshalb wurde eine "Speicher-zu-Speicher"-Architektur gewählt, die es gestattet, mit einem Befehl Operanden im Speicher zu verarbeiten und das Ergebnis wiederum im Speicher abzulegen. Zur Verringerung des Adressieraufwandes (kürzere Befehle) sind 16 Worte im Speicher als allgemeine Register definiert. Alle 16 Register können als Akkumulatoren, Daten-, Adreß- oder auch als Index-Register (außer Register WRO) verwendet werden. Die Adresse des Registers WRO im Speicher wird durch den Arbeitsbereichzeiger (WP-Register), ein Hardwareregister innerhalb der CPU, definiert. Neben diesem WP-Register sind nur noch der Programmschrittzähler (PC-Register) und das Statusregister (ST-Register) innerhalb der CPU als Hardwareregister vorhanden. Der Vorteil dieses Arbeitsbereich-Konzepts ist eine übersichtliche Programmierung, die vom üblichen Organisationsaufwand herkömmlicher Register-Maschinen weitgehend befreit ist.

Der Befehlssatz der 9900/99Oer-Familie umfaßt 69 Maschinenbefehle (einschl. MIL/DIV) mit Zweiadreß-Befehlen zur Adressierung von "Quellen"- und "Senken"-Operanden. Beide Operanden können bei mehreren Befehlen unabhängig voneinander über Jeweils fünf verschiedene Adressierungsarten adressiert werden. Für die Wort-, Byte- und Bitverarbeitung sind unabhängige Befehle vorhanden. Durch diese mehrfache Adressierungsmöglichkeit und die 16 allgemeinen Arbeitsregister ergibt sich in der bei 8-Bit Mikroprozessoren üblichen Zählweise eine Befehlsanzahl von 568 Befehlen. Weitere Merkmale des Befehlssatzes sind Mehrbit-Schiebebefehle (direkter oder indirekter Schiebezähler), direkte, indirekte, indizierte und relative Sprungbefehle.

Der angestrebte breite Einsatzbereich der 9900/990-Familie erforderte neben der bei Mikroprozessoren üblichen parallelen Ein-/Ausgabe und dem DMA-Betrieb weitere flexible E/A-Schnittstellen. Deshalb wurde noch eine zusätzliche programmierbare, bitorientierte Schnittstelle integriert. Sie gestattet sowohl Einzelbit-Operationen als auch variable Ein-/Ausgabeformate von 1 bis 16 Bit pro Befehl und ist speziell für langsame Peripheriegeräte geeignet. Der Minicomputer TI 990/10 verfügt außerdem über einen schnellen, asynchronen und parallelen 20-Bit-BUS, der für Datentransferaten bis 3M-Worten/s ausgelegt ist und den Anschluß von 2M-Byte Arbeitsspeicher oder schnellen Platteneinheiten ermöglicht.

*H. Huse ist Mitarbeiter der Texas Instruments Deutschland GmbH, Freising.