Stand der Technik motiviert mehr als hohes DV-Gehalt

30.04.1981

Gute DV-Mitarbeiter sind heute weniger durch immense Gehaltssteigerungen als vielmehr durch Motivation zu halten, weiß Karl Hermann Fischer von der National Union Feuerversicherung. Motivierend sei für viele DV-Leute schon das Bewußtsein, in einem Unternehmen zu arbeiten, das sich DV-technologisch auf dem neuesten Stand befinde. Stagniere dort ein Betrieb in seiner Entwicklung, neigen nach Ansicht von Fischer die DV-Mitarbeiter dazu, sich nach einem neuen Arbeitgeber umzusehen. In herkömmlichen Gehaltserhöhungen sieht auch Lünebest-DV-Leiter Uwe Hennecke nur einen vorübergehenden Ansporn. In der Folgezeit trete allzu schnell der Gewöhnungseffekt ein. Um DV-Leute bei Laune zu halten, müsse man bei ihnen das Gefühl der Zugehörigkeit zum Unternehmen fördern. ha

Uwe Hennecke

DV-Leiter, Lünebest Hans Stamer KG, Lüneburg

(NCR Criterion V-8455)

Bei der Motivation der Mitarbeiter, also dem Versuch, möglichst gute Arbeitsergebnisse zu erzielen und den Fluktuationsanteil dabei auf ein notwendiges Minimum zu beschränken, sollten drei Punkte besonders berücksichtigt werden.

Zunächst ist die Übertragung von Verantwortung zu beachten mit einem gewissen Maß an Entscheidungsfreiheit in dem Rahmen, daß die "Richtlinien der Politik" eingehalten werden.

Als motivierend sehe ich es zweitens an, wenn die Mitarbeiter mit allen Tätigkeiten innerhalb der EDV in Berührung kommen, also gerade nicht zu Scheuklappen tragenden Spezialisten ausgebildet werden, die zum Teil nicht mehr wissen, daß es ein EDV-Umfeld gibt. Bei diesen Mitarbeitern besteht meines Erachtens die größte Gefahr, daß sie irgendwann "ausbrechen". Sie zu ersetzen, ist dann meist problematisch, Weil der eingeengte Betätigungsbereich der anderen Mitarbeiter eine schnelle Besetzung der Stelle mit internen Fachkräften äußerst schwierig macht. Unbestreitbar ist allerdings, daß das Spezialistentum für große Firmen unter anderem der ökonomischste Weg ist, die Personalkosten im DV-Budget in Grenzen zu halten. Diese spezialisierten Mitarbeiter dürfen in der Regel nur nicht merken, daß sie quasi zur qualifizierten Fließbandarbeit herangezogen werden.

Eng mit den beiden anderen Punkten verbunden ist auch meine dritte Empfehlung, die Mitarbeiter über alle Aktivitäten und Planungen im EDV-Bereich detailliert und über das Unternehmen im größeren Rahmen zu informieren, um das Gefühl der Zugehörigkeit zu fördern und dem einzelnen einen Einblick zu geben an welchem Rädchen des Unternehmens er selbst mitdreht.

Mancher wird bei meiner Argumentation die finanziellen Anreize vermissen. Durch Geld zu motivieren, halte ich für falsch, vor allem weil damit nur ein vorübergehender Ansporn erreicht wird und in der Folgezeit allzuschnell der Gewöhnungseffekt eintritt. Eine alle zwei Jahre vorgenommene automatische Gehaltssteigerung motiviert doch allenfalls dazu, "schneller älter" zu werden.

Nicht vorher abgesprochene Prämien für besondere Leistungen können demgegenüber sehr wohl motivieren. Andererseits tauscht so mancher dafür lieber mehr Freizeit ein, weil die Steuer an dieser "Leistung" einen zu großen Anteil gehabt hätte Ein Patentrezept gibt es für die Mitarbeitermotivation nicht, Grundvoraussetzung ist aber ein ausgeglichenes Betriebsklima, in dem jeder Mitarbeiter individuell motiviert werden muß.

Dieter Jenz

DV-Leiter, Hänssler-Verlag Friedrich Henssler KG, Neuhausen (Nixdorf 8890/30)

Die Motivation der DV-Mitarbeiter wird insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe zu einem immer brisanteren Thema. Während Großbetriebe über zahlreiche Möglichkeiten verfügen, Personalengpäße in der DV zu umgehen, stehen Kleinunternehmen meist vor der schwierigen Aufgabe, ihren geringen Mitarbeiterbestand auf "Gedeih und Verderb" zu halten. Für eine gute Motivation im Unternehmen sprechen insbesonders folgende Gründe:

- Die sich stetig ändernden Anforderungen in der DV machen auch eine Weiterbildung des Mitarbeiters aus eigenem Antrieb notwendig. Er muß motiviert werden, sich nicht auf seinen Lorbeeren auszuruhen, sondern Eigeninitiative zu entwickeln.

- Der riesige Anwendungsstau verlangt in vielen Unternehmen von einem DV-Mann einen überdurchschnittlichen Einsatz, der oft über den Achtstundentag hinausgeht.

- Die Fluktuationsrate muß so gering wie möglich gehalten werden, denn für kleinere Unternehmen ist es besonders schwierig, kurzfristig einen neuen DV-Mitarbeiter zu finden. Bis dieser wiederum in das Team integriert ist, vergeht in der Regel ein sehr langer Zeitraum. Eine gute Motivation sehen DV-Leute bereits in der Position und Leistungsanerkennung innerhalb der DV-Abteilung. Genießt ein DV-Mitarbeiter ein gutes Ansehen unter seinen Kollegen, kommt es meist auch erst erheblich später zu der Situation, daß er aus seinem persönlichen Vorwärtsstreben heraus an einen Arbeitgeberwechsel denkt. Was nützt jedoch heute die beste Motivation, wenn der Mitarbeiter nicht die Bereitschaft mitbringt, sich motivieren zu lassen? Er muß den Ehrgeiz haben, sich selbst weiterzuentwickeln, um sich aus der Masse der DV-Fachkräfte herauszuheben.

Karl Hermann Fischer

Geschäftsführer des Rechenzentrums der National Union Feuerversicherungsgesellschaft, Frankfurt (IBM 4341, DOS/VSE)

Unser derzeitiger Personalmarkt ist durch eine absolute Knappheit an qualifizierten DV-Leuten geprägt. Gute Mitarbeiter sind heute weniger durch immense Gehaltssteigerungen, als vielmehr durch gute Motivation zu halten, und nur durch Motivation können DV-Spezialisten zu einem Wechsel bewogen werden. Durch die internationalen Aktivitäten unserer Gesellschaft haben wir die Möglichkeit, DV-Mitarbeiter durch eine interessante Tätigkeit zu begeistern. Hinzu kommen gute Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb der internen Organisation sowie auch auf überregionaler Basis. DV-Leute werden gezielt gefördert und weitergebildet, um einmal in höhere Positionen aufsteigen zu können. Ein Punkt unseres Ausbildungsprogrammes sieht beispielsweise vor, daß Operatoren zu Prograramierern und darüber hinaus zu Projektleitern geschult werden.

Das Engagement in der Datenverarbeitung hat sich im Laufe der Jahre verändert. In der D\V-Pionierzeit waren DV-Leute schon allein dadurch motiviert, daß sie in der DV tätig waren. Seinerzeit gab der Beruf und das Gefühl in einer elitären Branche zu sein, bereits den entsprechenden Antrieb. Das reicht heute jedoch nicht mehr aus: Inzwischen sind DV-Leute innerhalb ihres Jobs vielmehr darauf bedacht, eine interessante Tätigkeit, beispielsweise im DB/DC-Bereich, zu verrichten. Wenn heute Unternehmen in ihrer DV-Entwicklung stagnieren, neigen DV-Mitarbeiter schnell dazu, sich nach einem neuen Arbeitgeber umzusehen. Motivation wird bereits dadurch erreicht. daß ein DV-Mann das Gefühl hat, in einem Betrieb zu arbeiten, der sich technologisch auf dem neuesten Stand befindet.

Falko Schmidt

DV-Leiter, UTB Kreditbank GmbH, Augsburg (Univac 90/40, OS/3)

Wir sind eine relativ kleine und somit gut überschaubare EDV-Abteilung mit vier Programmierern und einem Operator. Die Motivation der Mitarbeiter im DV-Bereich ist vor allem deshalb problematisch, weil es sich in der Regel um ausgeprägte Individualisten handelt, die sich nur ungern Zwängen unterwerfen und Wert auf einen großen kreativen Spielraum legen. Hinzu kommt, daß sie intelligent sind und ihren Stellenwert kennen.

Ein guter "Basis-Motivator" für das Personal ist in erster Linie das Gehalt. Jedoch nützt die beste Entlohnung nichts, wenn die Arbeit keine Befriedigung bringt oder das Arbeitsklima schlecht ist. Wohl in keiner Abteilung liegt "himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt" so dicht beieinander wie in einer EDV-Abteilung. Deshalb ist hier besonders der Teamgeist wichtig. Jeder einzelne muß das Gefühl und auch die Gewißheit haben, daß im Ernstfall der andere ihm hilft und einspringt. Wir unterscheiden zum Beispiel nicht zwischen Programmierung und Operating.

Bei uns arbeiten die Mitarbeiter von Beginn eines Projektes an bei Problemlösungen mit und halten den Kontakt zu den Fachabteilungen aufrecht. Dies wirkt einer lsolation der Abteilungen entgegen. Einer Isolation wird auch dadurch versucht entgegenzuwirken, daß jeder Lehrling im Haus vier bis sechs Wochen in unserer Abteilung arbeitet. Denn der Firmennachwuchs steht eines Tages als Sachbearbeiter am Bildschirm und stellt möglicherweise eines Tages Anforderungen an die Datenverarbeitung. Durch seine Tätigkeit in der DV wurde das Verständnis für unsere Probleme gefördert.

Die Aufgaben werden bei uns nach Möglichkeit so verteilt, daß niemand zu oft mit sogenannten "minderwertigen" Tätigkeiten betraut wird. Dies läßt zwar eine strikte Aufgabenteilung nicht zu ist aber im Hinblick auf die Austauschbarkeit auch nicht erwünscht. Wir sind der Meinung, daß die EDV-Abteilung nicht passiv auf die Lösungen der Anwender warten kann, sondern selbst Lösungen erarbeiten muß. Deshalb werden solche Aktivitäten in keiner Weise behindert, sondern erwartet und gefördert. Was die Kreativität anbelangt, so sind auch wir in einem ständigen Konflikt zwischen der Programmierung alter Schule und den erforderlichen Zwängen einer mehr und mehr schematisierten Programmierung. Ein Ausgleich schafft bei uns sicher die Möglichkeit der Miteinbeziehung von Programmierern in die Gesamtproblemlösungen.

Bei Vorschlägen und Durchführungen von Neuprojekten haben wir keine Motivationsprobleme mit den Fachbereichen. Unsere Geschäftsleitung und die Abteilungsleiter stehen Neuentwicklungen meist sehr positiv gegenüber. Diese Auffassung überträgt sich dann auch weitgehend auf deren Mitarbeiter.