Bürokommunikation zieht in Amtsstuben ein:

Stadt Wien plant bürgernahe Verwaltung

19.07.1985

WIEN (apa) - Eine "bürgernahe Verwaltung" plant die Gemeinde Wien mit Hilfe einer Automation der Bezirksämter. Das Konzept sieht die weitgehende Einführung von Büroautomation vor mit deren Hilfe unter anderem Textverarbeitung und elektronische Korrespondenz realisiert werden sollen.

300 bis 400 Arbeitsplätze in der Stadtverwaltung sind bereits "automatisiert", und emotionelle Akzeptanzprobleme der Mitarbeiter bezeichnete Peter Brotmesser von der Wiener Magistratsdirektion als abgebaut.

Mit ein Grund für diese Form der dezentralen Datenverarbeitung in der Wiener Kommune ist ein personeller Engpaß der Abteilung Automatische Datenverarbeitung (ADV) im Rahmen der Magistratsdirektion. Wurde mit dem Aufbau des gemeindeeigenen Rechenzentrums seit dem Jahr 1968 bis heute der Mitarbeiterstand von fünf auf 370 erhöht, so soll dieser nun stabil bleiben. Brodesser bezeichnete 400 ADV-Mitarbeiter als "oberste Grenze". Auf der anderen Seite steige die Nachfrage nach Computerleistung ständig an.

Die Beamten in den einzelnen Amtsstuben werden künftig für DV-Aufgaben geschult. Den Anfang machen an die 30 ausgewählte Mitarbeiter, die auch selbst Programme schreiben sollen. Für DV-eigene Programmierarbeit und Organisation stehen 160 Fachkräfte zur Verfügung. Heute werden ausschließlich Anwendungsprogramme entwickelt, die für den speziellen Kommunalbedarf nicht als fertige Pakete erhältlich sind. Die frühere Softwaregruppe für betriebssystemnahe Programme wurde aufgelöst.

Die Dezentralisierung der ADV der Stadt Wien drückt sich bei der Hardware in einer Aufrüstung mit Minicomputern aus. Derzeit sind 65 Minicomputer der VAX-Klasse im Einsatz, die seit 1976 angeschafft wurden. Die Ausschreibung für das kommende Jahr sieht 15 bis 20 Systeme der Größenklasse VAX 8600 vor. Bei der Gemeinde Wien sind Minicomputer im Anschaffungswert rund 500 Millionen österreichische Schilling installiert, dazu drei IBM-Systeme zu 300 bis 400 Millionen österreichische Schilling, deren Kapazität jährlich um fast ein Drittel zunimmt. Das Jahresbüdget der ADV, das in den letzten Jahren etwa gleich geblieben ist, bezifferte Brodesser mit rund 400 Millionen Schilling für Personal und Geräte.

Ein Schwerpunkt der ADV-Tätigkeit wird weiter das Gesundheitswesen des "größten Spitalerhalters der Welt mit 15 000 Betten" sein. Darunter fällt die DV-Planung für das AKH mit dem Küchenwesen, der Patientenverwaltung, Arztberichten und dem Erstellen von Befunden. Für eine computergestützte Diagnosetechnik reiche die heutige DV-Technologie noch nicht, meinte Brodesser.

Keine Probleme sieht er bei der Gemeinde Wien mit dem Datenschutz, obwohl doch immerhin neben den 65 000 Wiener Beamten alle Bürger in einer Personendatenbank erfaßt sind. In Wien, wo bereits seit 1968 ein interner Datenschutzerlaß gehandhabt wird, sei es bis dato noch zu keiner einzigen Klage aus diesem Titel gekommen.