CWCSE-Seminar zum Thema "PC und Groß-DV":

Stabsstelle sollte Mikro-Wildwuchs kultivieren

03.02.1984

MÜNCHEN (cmd) - Die alleinseligmachende Lösung für die Integration von Personal Computern (PC) in eine Groß-DV-Umgebung gibt es nicht - wohl aber Möglichkeiten, um den durch die Rechnerzwerge bereits entstandenen Flurschaden einigermaßen zu begrenzen. Auf dem zweitägigen Seminar der CW/CSE im Europäischen Patentamt in München gab es hierfür vor allem zwei Empfehlungen: die Einrichtung einer zentralen PC-Anlauf- und Koordinierungsstelle in den Unternehmen sowie eine frühzeitige und allgemein anerkannte Informations-Management-Strategie.

Ausgangspunkt der Veranstaltung, die unter dem Thema "PC und Groß-DV - Vom Wildwuchs zur gesteuerten Integration" stand, war das, was heute Unternehmen und EDV-Abteilung zunehmend Magendrücken verursacht: die Folgen des PC-Einsatzes in den Fachabteilungen. Da war beispielsweise die Rede von Insellosungen, davon, daß ein Controlling praktisch nicht mehr möglich sei, daß die Sicherheit von Hard- und Software sehr oft vernachlässigt werde und daß Datenschutz und Dokumentation zu kurz kämen (Hans-Jürgen Steier, Abteilungsdirektor Betriebsorganisation und EDV der Nürnberger Lebens- und Allgemeine Versicherung AG, Nürnberg).

Erhebliche Probleme ergeben sich aber auch für den Anwender in der Fachabteilung, der sich im Besitz eines Personal Computers sieht: So berät der Fachhandel nicht unbedingt richtig bei der Geräteauswahl, und auch die "After-Sales"-Unterstützung läßt vielfach zu wünschen übrig (Fritz R. Müller, Mitglied der Geschäftsleitung der Diebold Deutschland GmbH, Frankfurt). Dazu kommen weiterhin technische Restriktionen wie fehlende oder noch nicht ausgereifte Standards für Netzwerke, die bis auf Ausnahmefälle noch nicht mögliche Kopplung von Mikros verschiedener Hersteller sowie Einschränkungen bei der Kommunikation zwischen Großrechner und Personal Computern.

Aber auch die schnelle technologische Entwicklung, die es dem Anwender zunehmend schwermacht, den Überblick zu wahren, wirft erhebliche Probleme auf (Lutz Martiny, Leiter Systementwicklung Kommerzielle Datenverarbeitung der Schering AG, Berlin, und Michael Hammer, Präsident der Hammer & Co., Cambridge, Massachusetts). Last but not least weiß auch der PC-User selbst oft nicht, was er eigentlich will (Dietmar Goldammer, Abteilungsleiter Organisation und Allgemeine Verwaltung der Thyssengas GmbH, Duisburg).

Abhilfe, darin waren sich alle Referenten einig, kann und muß hier eine zentrale Stelle innerhalb des Unternehmens schaffen, die als Koordinierungs- und Anlaufstelle agiert oder, wie es Michael Hammer formulierte, die "Support" im weitesten Sinne bereitstellt. Als deren wesentliche Aufgaben wurden dabei immer wieder genannt:

- Beratung des Endbenutzers für die "optimale Lösung seines Problems",

- Bereitstellung von geeigneter Hard- und Software,

- kontinuierliche Schulung und Betreuung der Anwender sowie

- Erlaß von Richtlinien zur Planung, Auswahl, Beschaffung, Schulung, Betreuung und Wartung.

Koordinierung allein nicht ausreichend

Mit der Einrichtung einer Koordinierungsstelle allein - ob nun als

"PC Resource Center" (Hammer), als "IV-Ausschuß" (Goldammer), als "Benutzer-Servicezentrum" (Vögel), als "PC-Info-Center" (Reinhard Strobel, Leitung Marketing und Vertrieb, SCS Systemhaus München) oder als "Benutzer-Beratungszentrum" (Martiny) - ist es freilich nicht getan. Beinahe noch wichtiger ist die Erarbeitung einer unternehmensinternen "Informationsstrategie vom Topmanager bis zum Sachbearbeiter", die sich - zumindest im Idealfall - wiederum in Einklang mit der allgemein unternehmenspolitischen Zielsetzung befinden sollte.

Schließlich spielt für die erfolgreiche Integration von Mikro- oder Personal Computern noch ein weiterer Punkt eine wesentliche Rolle: die Haltung der traditionellen DV-Abteilung gegenüber den Rechner-Newcomern in den Fachabteilungen. Wenn der DV-Leiter nicht vollkommen von der Entwicklung überrollt werden wolle, müsse er seine bisher praktizierte einseitige und emotionale Ablehnung (Müller) aufgeben.

Der Amerikaner Hammer setzte gar den DV-Chef mit einem Priester gleich und meinte, es sei heutzutage nicht mehr so einfach "to be a priest". Auf der anderen Seite gab er sich jedoch auch optimistisch. Die EDV, so sein Fazit, habe mit dem vordringen der PCs die seltene Gelegenheit, in der Geschichte des Computereinsatzes 20 Jahre zurückzugehen und dieses Mal die Fehler, die man bei den Mainframes gemacht habe, zu vermeiden.