Österreich braucht das Geld für neue Subventionsmaßnahmen, aber:

Staat darf nicht alle Siemens-Aktien verkaufen

06.03.1987

WEN (CW) Die Republik Österreich, die sämtliche Anteile an der österreichischen Siemens-Tochter verkaufen will, muß ihre Pläne begraben. Auf Beschluß des Verstaatlichtenministers kann der Staat

nicht einmal die Hälfte seiner Beteiligung "an den Mann bringen".

Derzeit hält die österreichische Republik an der Siemens AG Österreich einen Anteil von 43,6 Prozent. Diese Beteiligung wollen die Regierung und Hugo Michael Sekyra, Generaldirektor der

Holdinggesellschaft der österreichischen verstaatlichen Industrie, ganz verkaufen. Rund drei Milliarden Schilling hatte sich Sekyra von diesem Deal versprochen. Diesen Plan hat jetzt jedoch der Verstaatlichtenminister Rudolf Streicher vereitelt Grund: Die bestehenden Kooperationsabkommen zwischen Siemens und anderen verstaatlichten österreichischen Unternehmen vürden bei einem totalen Verkauf zu vertraglichen Schwierigkeiten führen.

Demzufolge kann sich die Republik Österreich nunmehr nur noch auf die Sperrminorität von 26 Prozent zurückziehen, also gerade 17,6 Prozent ihrer Siemens-Anteile verkaufen.

Der Vorstandsvorsitzende der deutschen Siemens AG, Karlheinz Kaske, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Österreich-Niederlassung, hatte sich erst vor kurzem noch für eine unveränderte Eigentümerstruktur in der Aplenrepublik ausgesprochen. Kaske wörtlich: "Uns wäre es am liebsten, ein Verkauf fände nicht statt." Der Siemens-Chef betonte aber auch, daß man den Wünschen der

österreichischen Regierung Rechnung tragen würde.

Der österreichische Staat muß jedoch Siemens-Aktien verkaufen, weil die Erlöse aus dieser Maßnahme bereits als Zuschuß zu einer erneuten Finanzprize für einige tief in Verlusten steckende Staatbetriebe (zum Beispiel die Voest-Alpine AG Linz) eingeplant sind. Die Regierung

hatte versprochen, daß diese "letztmalige Subvention" nicht allein aus Steuergeldern, sondern auch aus Eigenleistungen der verstaatlichten Unternehmen Finanziert werde.

Noch steht allerdings nicht fest, welchen Kaufpreis die ÖIAG aus den 17,6 Prozent Siemens-Anteilen erwarten kann. Gehandelt werden derzeit 150 Millionen Mark (1,05 Milliarden Schilling). Ungewiß ist

ebenfalls, wer die Aktien erwirbt. Brancheninsider halten es für möglich, daß die Zürcher Siemens Beteiligungen AG (SIBAG) die 17,6 Prozent kann. Diese Holdinggesellschaft für die europäischen Siemens-

Beteiligungen besitzt bereits die restlichen 56,4 Prozent der österreichischen Siemens-Tochter und hat ein vertraglich fixiertes Vorkaufsrecht.

Allerdings scheint ihr Interesse nicht sehr groß zu sein. Falls sie aber die Anteile übernimmt, dann wohl mit dem Junktim, den Erlös in das kooperierende Staatsunternehmen Elin zu investieren, an dessen

Kauf Siemens-Konkurrent AEG viel liegt. Damit würde Siemens sich einen unliebsamen vom Hals halten.