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SSDs am Mac – was sie taugen, wem sie nutzen

17.07.2016
Von 
Stephan Wiesend schreibt für die Computerwoche als Experte zu den Themen Mac-OS, iOS, Software und Praxis. Nach Studium, Volontariat und Redakteursstelle bei dem Magazin Macwelt arbeitet er seit 2003 als freier Autor in München. Er schreibt regelmäßig für die Magazine Macwelt, iPhonewelt und iPadwelt.
Warum sind Apples SSDs so teuer? Was ist Trim? Nutzt ein iPhone eine SSD? Wir beantworten sechzehn Fragen zum Thema SSD am Mac.

Kann man Daten von einer SSD retten und warum nicht?

Bei Apples SSDs gibt es einige Besonderheiten zu beachten.
Bei Apples SSDs gibt es einige Besonderheiten zu beachten.

Mit einer Datenrettungssoftware wie Data Rescue kann man versehentlich gelöschte Daten oft noch wiederherstellen. Das funktioniert bei einer SSD leider weit weniger zuverlässig als bei einer herkömmlichen Festplatte. Der Grund: Als gelöscht markierte Speicherbereiche überschreibt eine SSD automatisch - dafür verantwortlich sind Funktionen wie Trim und Garbage Collection. Außerdem verteilt die Firmware die Daten weit stärker auf einzelne Speicherbereiche. Ein weiteres Problem: Festplatten sind oft nur leicht beschädigt. Bei einer SSD ist ein Ausfall oft ein Totalausfall. So kann bei einem defekten Controller allenfalls ein Datenlabor helfen. Einige SSD verschlüsseln die Daten sogar, was eine Datenrettung unmöglich macht. Regelmäßige Backups sind deshalb ratsam.

Marktforscher gehen davon aus, dass Festplatten im ersten Jahr zu fünf Prozent ausfallen, SSDs zu 1,5 Prozent. Problematisch ist aber, wenn man sich bei der Einordnung der Zuverlässigkeit von Nutzerbewertungen leiten lässt. So hatten SSDs des Herstellers OCZ einen sehr schlechten Ruf , was aber wenig über die Qualität aktueller Modelle aussagt. Vorteile haben aber anscheinend Hersteller, die selbst Speicherchips produzieren. Dazu gehören Samsung, Crucial, Sandisk und Toshiba. Firmen wie Adata oder Intenso müssen alle Komponenten von Dritten kaufen. Wenn Samsung für seine SSDs der Pro-Reihe zehn Jahre Garantie gibt, ist dies natürlich auch ein gutes Zeichen.

Stimmt es, dass man die Daten auf einer SSD nicht komplett löschen kann?

Gelöschte Daten lassen sich zwar schwer wiederherstellen, gleichzeitig ist das zuverlässige Löschen aller Daten aber gar nicht so einfach. Durch ein internes Caching-System bleiben auch nach dem Löschen Daten zurück, viele SSD-Hersteller stellen deshalb Spezialsoftware für das komplette Löschen ihrer SSDs bereit. Das ist aber eigentlich eher für Unternehmen von Belang, die sensible Firmendaten löschen wollen. Hier sorgt die eher theoretische Möglichkeit, sensible Daten wiederherzustellen nicht zuletzt für rechtliche Probleme. Für den Heimanwender, der nur seine privaten Daten löschen will, sehen wir wenig Gefahren. Wer kauft einem auch schon ein Macbook Air ohne SSD ab? Einen Ausweg bietet eine Verschlüsselung der SSD mit Filevault. Da hier nur verschlüsselte Daten auf der Festplatte landen, kann man binnen Sekunden alle Daten auf dem Rechner unbrauchbar machen.

Warum verwendet Apple keine Standard-SSDs?

Die von Apple verbauten SSDs sind über proprietäre Schnittstellen angebunden und deutlich schneller als herkömmliche SSDs. Während herkömmliche SSDs mit SATA-Schnittstelle auf maximal 550 MB/s begrenzt sind, knacken Apple-SSDs in einem Macbook Pro mit NVMe-Anbindung problemlos die 1200 MB/s (zumindest bei sequentiellen Übertragungsraten). Da Nutzer keinen Zugriff haben, ermöglicht dies Apple außerdem hohe Zuverlässigkeit und sehr flache Geräte. Nebenbei ermöglicht dies Apple eine gute Preisdifferenzierung seiner Geräte. Schließlich würde sich sonst jeder ein Einstiegsmodell kaufen und billig aufrüsten, wie es bei Mac-Desktops früher üblich war.

Wer braucht überhaupt noch eine herkömmliche Festplatte oder warum verbaut Apple noch herkömmliche Festplatten?

Bei den letzten Modellen mit herkömmlicher Festplatte könnte Apple den magnetischen Speicher im Interesse der Kunden eigentlich auch gleich streichen. Ein Vorteil bleibt aber der günstige Speicherplatz, haben Anwender doch oft riesige iTunes- und iPhoto-Bibliotheken. So waren SSDs mit einem TB Speicher noch vor wenigen Jahren kaum bezahlbar. Mit dem Angebot von günstigen Versionen mit herkömmlicher Festplatte verfolgt Apple aber wohl das Ziel, möglichst günstige Einstiegsversionen anzubieten. Für die Einkäufer von Schulen und großen Unternehmen ist der Preis außerdem oft weit wichtiger als die Performance. Magere 128 GB SSD-Speicher erhöhen außerdem nicht bei jedem Anwender die Produktivität, erschweren dafür aber vielleicht den Umstieg von alten Geräten. Ein wenig erinnert Apples Produktpolitik uns auch an die fast nur von Firmen gekauften Basisversionen von VW Golf und Passat mit unterdimensioniertem Motor. Der Privat-Käufer nimmt in der Praxis dann doch meist die etwas bessere Version.

Ist ein Fusion Drive nicht sinnvoller als eine kleine SSD?

Eigentlich bietet Apple mit dem Fusion Drive eine tolle Alternative zu einer SSD: Beim Fusion Drive nutzt das System eine interne Festplatte und eine kleine SSD gemeinsam. Durch einen intelligenten Algorithmus arbeitet man fast immer über die schnelle SSD und merkt im Alltag kaum einen Unterschied zu einer SSD. Man kann sogar selbst ein Fusion-Drive erstellen, was sich beispielsweise für alte Macbook Pro und Mac Mini anbietet. Weniger schön finden wir aber, dass sich Apple ein Fusion Drive teuer bezahlen lässt, besonders beim Mac Mini. Beim Einstiegs-Mac Mini beträgt der Aufpreis 300 Euro, beim iMac mit 27 Zoll noch akzeptable 120 Euro. Viele Mac-Händler bieten deshalb den Mac Mini mit nachträglich eingebauter SSD an. Schwächen hat das Fusion Drive außerdem bei Anwendern mit hohen Ansprüchen, die ihren iMac beispielsweise beim Videoschnitt einsetzen. Hier stößt nach unserer Vermutung vor allem die "kleine" Fusion Drive Version mit 24 GB Speicher an ihre Grenzen. Es gibt nämlich zwei Fusion-Drive-Versionen. Die schwächere Version kann nur 24 GB schnellen SSD-Speicher nutzen und wird von Apple bei aktuellen iMacs mit 1-TB-Fusion-Drive eingebaut. Wählt man das deutlich teurere 2-TB-Fusion-Drive, erhält man dagegen die schnellere Fusion-Drive-Version mit 128 GB Flashspeicher.

Warum sind einige SSD so teuer und lohnt sich die Investition?

Vergleicht man eine SSD Plus von Sandisk mit einer doppelt so teuren Samsung 850 Pro, sieht man auf den ersten Blick kaum Unterschiede. Die meisten Anwender würden auch in der Praxis kaum einen Unterschied merken. Der doppelte Preis rechtfertigt sich aber durch eine deutlich bessere Schreibgeschwindigkeit, die ein aufwendige Caching-System und ein hochwertiger Controller ermöglichen. Die Schreib- und Lesegeschwindigkeit ist aber für die Performance eigentlich weniger wichtiger als die IO-Leistung, auch IOPS. Vor allem bei dieser IO-Leistung sind "Pro"-SSDs oft überlegen, so schafft die SSD aus Korea die dreifache Performance der preiswerten Sandisk. Das fällt aber wohl allenfalls Video-Profis oder Photoshop-Cracks auf. Mit zehn statt drei Jahren Garantie hat Samsung außerdem mehr Zutrauen in die Haltbarkeit seiner SSD. Tipp: SSDs mit hohem Speichervolumen sind grundsätzlich schneller als SSDs mit wenig Speicher.

Gibt es SSDs, die nicht mit dem Mac kompatibel sind und um welche handelt es sich?

Nur in seltenen Fällen sind SSDs nicht mit dem Mac kompatibel. Nur selten wird eine Festplatte in einem Mac nicht erkannt. Der Grund ist meist, dass die SSD-Firmware bestimmte Mainboards nicht unterstützt. So waren SSDs von OCZ der Baureiche TR150 mit einigen Macbook Pro nicht kompatibel. Die Evo 840, das Vormodell der 850, hatte dagegen Performance-Probleme nach langer Nutzung. Dagegen gab es aber ein Firmware-Update . Updates für SSDs gab es beispielsweise auch von Crucial .

Wie lange kann man eine SSD benutzen, haben die Zellen nicht eine begrenzte Haltbarkeit?

Die Speicherzellen einer SSD haben nur eine begrenzte Haltbarkeit, so übersteht eine MLC-Speicherzelle etwa 3000 bis 5000 Schreib/Lese/Schreib-Zyklen, eine billigere TLC-Zelle zwischen 1000 bis 1500. In der Praxis ist dies aber kaum von Belang, allenfalls bei der Nutzung in einem Server wird diese begrenzte Lebenserwartung eine Problem. So versprechen die Hersteller eine fast schon unglaubwürdige Lebensdauer zwischen zwei und 1,5 Millionen Betriebsstunden. Wir vermuten, dass in der Praxis eher Feuchtigkeit, Erschütterung und Hitze die Lebenserwartung einer SSD begrenzen. So fällt bei einer defekten SSD laut Berichten meist der Controller aus, nicht der Speicher.

Muss man eine SSD optimieren und lohnt sich die Mühe?

Kurz gesagt: Die Mühe lohnt nicht. Baut man in einen Mac eine herkömmliche SSD ein, sinkt nach längerer Nutzung die Schreib-Performance. Grund dafür ist, dass Apple nur bei eigenen SSDs eine SSD-Optimierungs-Funktion namens TRIM aktiviert. Erst ab OS X 10.10 kann man mit einem einfachen Terminal-Befehl diese Funktion auch für SSD von Drittherstellern aktivieren.

Der System Profile zeigt, ob TRIM aktiv ist.
Der System Profile zeigt, ob TRIM aktiv ist.

Der Befehl lautet " sudo trimforce enable ". Nach dieser Eingabe muss man nur noch sein Kennwort eingeben, mit Eingabe von "y" wie "Yes" bestägigen und TRIM ist aktiv. Tools wie Trim Enabler, Chameleon SSD und Disk Sensei können diese Option auch unter OS X 10.7 bis 10.8 für SSDs von Drittherstellern aktivieren. Leider müssen diese Tools dazu sehr tief in das System eingreifen und unter OS X Mavericks und Yosemite das so genannte "Kext signing" deaktivieren. Unter ungünstigen Umständen kann dieser Eingriff aber das Booten des Rechners verhindern, weshalb wir die Aktivierung ab diesen Systemversionen nicht mehr empfehlen.

Gibt es Hinweise, ob eine SSD bald ausfällt und was kann man tun?

Leider gibt es wenig Hinweise, typisch für eine SSD ist ein plötzlicher Totalausfall ohne Vorwarnung. SSDs unterstützen zwar SMART, die Auswertung dieser Protokolldaten ist aber bei den meisten SSDs noch weniger aussagekräftig als bei Festplatten.

Sind in iPad und iPhone SSDs verbaut?

Bei aktuellen iPads und iPhones sind die verbauten Flashbausteinen recht ähnlich. Im iPad Pro 12,9 Zoll und iPhone 6s verwendet Apple MLC NAND Flashbausteine, die per NVMe angebunden und fast so so schnell wie eine SSD sind. Sie sind allerdings auf das im Alltag wichtige Lesen von Daten optimiert. So fällt bei Performance-Messungen eines iPad Air 2 mit 16 GB auf, dass beim Lesen von Daten über 1200 MB/s erreicht werden, beim Schreiben enttäuschende 32 MB/s. Laut Tests sind übrigens die iPad-Versionen mit 64 und 128 GB deutlich schneller, ein iPad Pro mit 128 GB erzielt über 200 MB/S beim Schreiben - wichtig ist dies beispielsweise beim Import von Daten oder Videoschnitt.

Der NAND-Speicher eines iPad Pro befindet sich auf dem Mainboard, das Modul ist gelb markiert.
Der NAND-Speicher eines iPad Pro befindet sich auf dem Mainboard, das Modul ist gelb markiert.
Foto: iFixit

Wie kann man eine SSD in einen iMac einbauen?

Apple macht es den Anwender bei den aktuellen iMacs recht schwer, aber auch bei den aktuellen Modellen kann man die herkömmlichen Festplatten gegen eine SSD austauschen. Technisch nicht so geschickten Anwendern empfehlen wir aber dies einem Fachhändler zu überlassen. Händler wie Gravis und Cyberport bieten dies zu einem Festpreis ein. Kauft man bei Cyberport einen 27-Zoll-iMac und lässt eine 480 GB-SSD einbauen (110 Euro) zahlt man dafür 120 Euro Servicegebühr.

Wo gibt es größere SSDs für Mac Pro und Macbook Retina und warum sind sie so teuer?

Für Macbook Pro und Mac Pro gibt es nur wenige SSDs im freien Handel, da ein Anbieter Apples nicht standardkomforme Schnittstellen selbst nachbauen muss. So bietet aktuell nur OWC ein 1-TB-Upgrade für 895 US-Dollar an. Vom gleichen Hersteller gibt es auch ein 480-GB-Upgrade für Macbook Pro Retina ab 2013 - mit 350 US-Dollar Kaufpreis aber auch kein Schnäppchen. Interessant sind diese SSDs eher um ein Gerät aufzurüsten, das man bereits besitzt. Selten gibt es auch Speichermedien von defekten Geräten bei Ebay oder bei Fachhändlern.

OWC bietet eine schnelle SSD für den Mac Pro, das Upgrade ist aber nicht gerade billig.
OWC bietet eine schnelle SSD für den Mac Pro, das Upgrade ist aber nicht gerade billig.

Was bringt das kommende APFS?

Ab 2017 will Apple das neue Dateisystem APFS einführen, das zukünftig das 30 Jahre alte HFS bzw. HFS+ ablösen wird. Es ist für SSD und Flashspeicher optimiert und soll unter iOS, tvOS, watchOS und macOS für bessere Leistung und mehr Dateisicherheit sorgen. Es unterstützt außerdem TRIM und soll effizienter mit Speicher umgehen.

Wird eine SSD langsamer, wenn sie komplett gefüllt ist?

Im Unterschied zu einer herkömmlichen Festplatte sollte es für die SSD eigentlich egal sein, wie stark sie befüllt ist. Es gibt allerdings viele Modelle, deren Schreibrate einbricht, wenn nur noch 10 oder 20 Prozent frei sind. So sinkt bei einer Crucial MX100 mit 512 GB nach unserer Erfahrung die Schreibrate von 450 MB/s auf unter 150 MB/s, wenn nur noch 25 GB frei sind. Das tritt aber nicht bei jedem Modell auf und hängt offenbar mit internen Caching-Funktionen der Firmware zusammen. (Macwelt)