Spotlight auf einige Produkte und Systeme Die ersten Schritte im Markt fuer drahtlose Datenkommunikation

25.02.1994

Lokale und unternehmensweite Kabelnetze sind aus der Kommunikationsinfrastruktur nicht mehr wegzudenken. Sie sind jedoch relativ immobil. Besitzer moderner Funktelefone wissen die Vorteile drahtloser Techniken zu schaetzen. Man kann einfacher umziehen und die Netze fortlaufend neu konfigurieren. Egon Schmidt* stellt einige Produkte vor.

Mit den neuen Techniken werden Computernetze jetzt auch dort installierbar, wo man keine Kabel verlegen kann oder darf, zum Beispiel in denkmalgeschuetzten Bauwerken.

Wer kuenftig lokale Computernetze hoher Flexibilitaet aufbauen moechte, kann sich beispielsweise an einem postzugelassenen Produkt von NCR beziehungsweise AT&T orientieren: "Wavelan". Das in den USA bereits vor zwei Jahren eingefuehrte System besteht aus einer PC-Steckkarte mit Antenne und Sender und soll Herstellerangaben zufolge "alle gaengigen Netzwerk-Betriebssysteme" unterstuetzen.

Es nutzt den Frequenzbereich von 2,4 Gigahertz. DEC und NEC zaehlen zu den Lizenznehmern. Ob sich daraus, wie der Anbieter hofft, bereits ein Industriestandard wird ableiten lassen, bleibt offen.

Eine typische Verbindung reicht laut Hersteller innerhalb von normalen Buerobauten 60 Meter weit, waehrend im Freien etwa die dreifache Strecke ueberwunden wird. Die Datenrate soll bei - etwas mageren, wie Kritiker anmerken - 2 Mbit pro Sekunde liegen, mit denen aber immerhin "bei typischen Applikationen der Datendurchsatz herkoemmlicher Topologien" erzielt werde. Laut Hersteller lassen sich die Sende- und Empfangssysteme in die meisten PC- und Server-Modelle einbauen, ohne dass sie "die Ergonomie eines Arbeitsplatzes" beeintraechtigen, vor allem sei auch "Datensicherheit sowie der Schutz gegen absichtliche und zufaellige Stoerungen" gewaehrleistet.

Mit Funkwellen im 18-Gigahertz-Bereich arbeitet Motorolas "Altair- Plus". Es soll herkoemmliche, festverkabelte Ethernet-LANs ersetzen oder auch ergaenzen koennen, sich ferner fuer mobile Datenkommunikation anbieten und 10 Mbit pro Sekunde uebertragen. Jede seiner separaten Stationen kann bis zu 50 Teilnehmergeraete bedienen.

Altair-Systeme sind laut Hersteller mit dem Simple Network Management Protocol (SNMP) kompatibel und fuer Netz-Management- Systeme vorbereitet. Spaetere Weitverkehrs-Funkmodem-Bausteine, wie sie in Europa ab etwa 1995 auf den Markt kommen werden, sollen - anders als die heutigen, groesseren Modelle - im kompakten PCMCIA- Format gehalten sein. Ein Verschluesselungssystem, dessen Codierung automatisch immer wieder veraendert wird, soll fuer die Datensicherheit sorgen.

Direktbruecke vom Barcode zur Datenbank

Mehr auf Kurzstrecken zielt "ICS 3000", eine als Direktbruecke vom Barcode zur Datenbank gedachte Funktechnik der Neu- Anspacher Firma ICS Identcode-Systeme. Sie basiert auf mobilen Barcode- Leseterminals, die per UHF-Funk (Ultra High Frequency) mit einem Zentralrechner kommunizieren und vor Ort datenbankbezogene Plausibilitaetspruefungen sowie den unmittelbaren Soll-Ist-Vergleich vornehmen koennen. So kann der Benutzer beispielsweise Lagerbestaende kontrollieren.

Der Zentralrechner des auch hierzulande zugelassenen Systems ist mit einer speziellen Steuereinheit ausgestattet, ueber die maximal 64 mobile Terminals im Gewicht von je rund 450 Gramm kontaktiert werden koennen. Sie arbeiten bei Ausfall der Funkstrecke wie gewoehnliche Offline-Geraete weiter . Die Daten werden mit maximal 64 KB pro Sekunde uebertragen, ein Wert, der nur durch Kompression erreicht wird.

Mit Laserstrahlen statt Funkwellen, doch gleichfalls eher im Nahbereich arbeitet die "Laserlink"-Familie der Firma CBL in Dieburg. "FDDI-Laserlink-1000" kann maximal 1000 Meter ueberbruecken und dabei laut CBL beispielsweise zwei FDDI-Netze kabellos eins zu eins koppeln; allerdings muss dabei zwischen den Stationen Sichtverbindung bestehen.

Die laut CBL hochgradig abhoersicheren Modelle 300, 1000 und 2000 arbeiten bidirektional, uebertragen maximal 140 Mbit pro Sekunde "protokolltransparent" und werden per Lichtwellenleiter beispielsweise an schnelle Ethernet- oder Token-Ring- Konfigurationen, aber auch an Multimedia-Hubs gekoppelt. Die bereits zugelassenen Systeme lassen sich laut Anbieter schnell installieren und koennen selbst dann ohne Anmeldung und Gebuehrenzahlung betrieben werden, wenn zwischen den Stationen eine Strasse oder Bahnlinie verlaeuft; beim Ueberbruecken eines Grundstuecks in Fremdbesitz ist jedoch die Genehmigung der Post einzuholen.

"Androdat" ist der Sammelname fuer diverse Subsysteme und Komponenten des Anbieters Andromeda in Puchheim bei Muenchen, die allesamt mit Infrarottechnik arbeiten. Sie stellen eine breite Palette drahtloser Datenerfassungs- und Uebertragungssysteme dar und erlauben beispielsweise die Uebertragung von je einer "Sirc"- Master-Einheit zu 120 Slaves ueber jeweils maximal rund 20 Meter pro Verbindung. Die Andro-Technik bewaeltigt 19 Kbit/s und optional 115 Kbit/s.

Im Jahr 2000 ein Zwoelf- Milliarden-Dollar-Markt

Die US-Marktforschungsgesellschaft Yankee Group rechnet waehrend der kommenden fuenf Jahre mit einer Vervierfachung des Datenfunkmarkts. Die Analysten von IDC, Kronberg, sehen bei drahtlosen LANs die Zahl der Auslieferungen von 1990 bis 1996 um jaehrlich mehr als 70 Prozent sowie den Umsatz um 50 Prozent pro Jahr wachsen.

Motorola wiederum erwartet, dass im Jahr 2000 weltweit 20 bis 26 Millionen Datenfunkgeraete aller Art im Einsatz sind. Laut BIS Strategic Decisions soll der Weltmarkt fuer drahtlose Datenkommunikation im gleichen Jahr ein Gesamtvolumen von annaehernd zwoelf Milliarden Dollar erreichen.