Gamescom

Spielebranche wird vernetzter, mobiler und sozialer

16.08.2012
Den großen Auftritt haben auf der Gamescom wie immer die Blockbuster.

Ego-Shooter, Renn-Simulationen und Rollenspiele, die allesamt Millionen gekostet haben und ein Mehrfaches einbringen sollen. Zwar erinnern diese Bilder an die vergangenen Jahre. Doch am ersten Messetag, der Fachbesuchern und Presse vorbehalten ist, war deutlich zu spüren, dass die Branche eine grundlegende Umwälzung durchmacht. Computerspiele werden vernetzter, sozialer und mobiler.

Die Gamescom verzeichnet wieder einmal einen Ausstellerrekord. Mehr als 600 Unternehmen zeigen in Köln Software, Geräte und Zubehör für die interaktive Unterhaltung. Prominente Absagen - Microsoft , Nintendo und THQ kommen nicht nach Köln - haben der Messe in diesem Jahr nicht geschadet, der Besuch dürfte mit mehr als 250.000 Gästen rekordverdächtig ausfallen. Richtig voll wird es ab dem heutigen Donnerstag, wenn die Messe fürs allgemeine Publikum öffnet.

Ihr Augenmerk richtet die Branche in diesem Jahr auf mobile Spiele, erstmals widmet ihnen die Messe einen eigenen Bereich. Angesichts der rasanten Verbreitung von Smartphones bestehe die Chance, in den nächsten fünf Jahren zwei Milliarden Nutzer in aller Welt zu erreichen, sagte Frank Gibeau, Spitzen-Manager beim Spiele-Riesen Electronic Arts (EA). "Das ist ein großer Wachstumstreiber für unser Geschäft." EA wie auch Konkurrent Activision entwickeln nun selbst Apps für mobile Geräte, als Ergänzung für Konsolentitel, aber auch eigenständige Spiele.

Auch Sony setzt auf die Smartphones: Ab Herbst sollen über den Dienst "Playstation Mobile" Spiele-Klassiker für bestimmte Android-Geräte angeboten werden. Hardware-Partner sind HTC, Asus und der Spiele-Tablet-Hersteller Wikipad. Mit anderen Herstellern liefen gerade Gespräche, sagte Jim Ryan, Europachef von Sony Computer Entertainment. "Es gibt viele Android-Spiele, aber viele sind nicht besonders gut." Mit den Playstation-Titeln biete das Unternehmen den Nutzern eine "robuste Qualität".

Große Zuwächse erhoffen sich die Unternehmen von Online-Spielen. Ubisoft kündigte an, seinen Simulationsklassiker "Anno" künftig auch kostenlos im Browser anzubieten - zahlen müssen Nutzer nur für Extras und Premium-Funktionen. Free-to-Play nennt die Branche dieses Geschäftsmodell, das nach Ansicht von EA-Manager Gibeau "bis Ende des Jahrzehnts" wichtiger werde als der klassische Verkauf von Software.

Für Konsolenfans ist 2012 indes ein Übergangsjahr. Nintendo hat mit der Wii U bereits eine neue Plattform angekündigt, aber den Messebesuch in Köln abgesagt. Microsoft und Sony äußern sich noch nicht zu den Nachfolgern ihrer Geräte. Der japanische Konzern kündigte stattdessen in Köln mehrere Eigenentwicklungen und eine Edition günstiger Klassiker an, um die Spieler bei Laune zu halten. Auf Kinder und Familien zielt das "Wonderbook" ab - ein Zusatzgerät für die PS3, das Bücher mit Animationen und Filmen auf dem Bildschirm zum Leben erwecken soll. Die Playstation 3 sei noch nie für so viele Nutzer zugänglich gewesen wie heute, sagte Sony-Manager Jim Ryan.

Bereits seit Montag diskutierten mehr als 2000 Entwickler bei der Games Developers Conference. "Die Branche ist massiv im Umbruch. Immer mehr Menschen spielen auf Smartphones und Tablet-Computern. Oder im Internet, ob im Browser oder bei Facebook ", sagte Frank Sliwka, Europachef der Konferenz, der Nachrichtenagentur dpa. Hier setze die Konferenz auch ihre Schwerpunkte. Mancher Teilnehmer dürfte auch einen neuen Job finden - Entwickler sind derzeit heiß begehrt.

Die wirtschaftlichen Aussichten der Branche sind derzeit allerdings durchwachsen. Der IT-Branchenverband Bitkom rechnet damit, dass der Umsatz in diesem Jahr auf 2,5 Milliarden Euro sinkt, ein Minus von 100 Millionen Euro. Das hat zum einen mit dem Alter der aktuellen Konsolengeneration zu tun: Xbox 360, Playstation 3 und Nintendo Wii sind bereits seit etlichen Jahren auf dem Markt, auch Zusatzgeräte wie die Bewegungssteuerungen können den Rückgang nach Bitkom-Einschätzung nicht aufhalten. Zum anderen sieht der Verband die Software-Preise unter Druck, vor allem weil günstige Apps für mobile Geräte und kostenlose Online-Spiele boomen. (dpa/tc)