Datenverarbeitung in der Arbeitsvorbereitung:

Spezialprogramme dienen der Rationalisierung

25.06.1982

Die Arbeitsvorbereitung bestimmt durch die Kalkulation der Vorgabezeiten wesentlich die Kosten eines Produktes und die Terminsituation in den Betrieben. Eine zuverlässige und schnelle Festlegung der Reihenfolge der einzelnen Arbeitsschritte sowie deren Protokollierung oder Speicherung, die automatische Erstellung der Arbeitspläne einschließlich der Vorgabezeiten und das Drucken der Arbeitspapiere sind daher Voraussetzungen für kostendeckende Maßnahmen.

Entscheidend ist die Richtigkeit und die schnelle Nachprüfbarkeit der Vorgabezeiten, da sie die Grundlage jeder weiteren Planung darstellen. Wegen der großen Anzahl von Einflußgrößen (Planzeiten, Prozeßdaten) und der anfallenden Routinearbeiten ergibt sich mit Hilfe eines praxisgerechten Softwarekonzepts ein wirtschaftlicher Einsatz der Datenverarbeitung.

Wegen des Rationalisierungszwanges soll ein dialogorientiertes Softwarekonzept vorgestellt werden, das einerseits in bestehende Systeme der Fertigungsindustrie für größere EDV-Anlagen integriert, andererseits aber auch auf Mikrocomputersystemen installiert werden kann Speziell die Mikrocomputer werden auf diesem Sektor immer interessanter, da sie einerseits mit 8-Bit-Prozessoren und Diskette (für Kleinbetriebe oder als Einstiegsmodell), andererseits aber auch mit 16-Bit-Prozessoren, großem Arbeits- und Plattenspeicher als leistungsfähige und trotzdem kostengünstige Systeme (zum Teil als Multi-User-Systeme) angeboten werden Wesentlich ist, daß seriöse Mikrocomputer-Anbieter aufwärtskompatible Systeme liefern, so daß nach einem eventuellen Aufstocken der Anlage ein einmal entwickeltes Softwarekonzept ohne wesentliche Schwierigkeiten auf die größere Anlage übernommen werden kann.

Planzeiten erfassen

Vor der eigentlichen Kalkulation der Vorgabezeiten müssen die Datenbestände (Planzeiten, Prozeßdaten) erfaßt werden, zur Kontrolle und Pflege ist ein Anzeigen, Ändern, Löschen und Drucken möglich. Der Kalkulator kann zusammenhängende Arbeitsschritte, die sich oft wiederholen, zu sogenannten Referenzarbeitsgängen zusammenfassen, einmal kalkulieren und unter einer Codenummer abspeichern Hierdurch ergibt sich eine wesentliche Zeitersparnis bei der späteren Vorgabezeitermittlung.

Im Dialog werden Planzeiten ausgewählt und werkstückspezifische Hauptzeitparameter eingegeben. Als Ergebnis erhält der Benutzer ein Protokoll über den detaillierten Kalkulationsablauf sowie einen Arbeitsplan mit den berechneten Rüst- und Grundzeiten.

Eine hierarchisch aufgebaute Menütechnik führt von einem Hauptmenü per Dialog zu dem jeweils aus gewählten Programmodul. Der Aufruf des einzelnen Moduls erfolgt über verständliche Abkürzungen, die sich aus dem Programmnamen ableiten. Der Bediener kann durch Aneinanderreihen von Abkürzungen Menüstufen überspringen und somit unmittelbar ein bestimmtes Unterprogramm aufrufen.

Das modulare Konzept ermöglicht die Realisierung von Programmbausteinen für anwenderspezifische Maschinen oder Arbeitsplätze. Das System ist somit branchenunabhängig und kann für die verschiedensten Fertigungsbetriebe eingesetzt werden. Der Kalkulationsablauf basiert auf dem allgemein üblichen Kalkulationsschema.

Der Kalkulator wird per Dialog zur Eingabe der anwenderspezifischen Arbeitsplankopfdaten aufgefordert. Der Kalkulationsvorgang beginnt mit der Ermittlung der Rüstzeit für den ersten Arbeitsgang. Mit Hilfe der eingegebenen Maschinennummer wird auf die Rüstzeitdatei zugegriffen. Der Bediener wählt die gewünschten Zeiten aus, die dann zur Gesamtrüstzeit addiert und im Arbeitsplan abgespeichert werden.

Das Menü "Grundzeit" erlaubt es dem Benutzer, für jeden Arbeitsschritt die Nebenzeitberechnung, Hauptzeitberechnung oder die Berücksichtigung von Referenzzeiten auszuwählen:

Die Nebenzeitberechnung erfolgt ähnlich der Rüstzeitberechnung mit Hilfe der abgespeicherten Nebenzeittabellen im Dialog. Die Berücksichtigung von einmal pro Arbeitsgang sowie wiederholt anfallende Nebenzeiten pro Arbeitsgang und Arbeitsschritt ist möglich. Die Hauptzeitberechnung führt entsprechend der Maschinennummer auf ein Menü Bearbeitungsverfahren. Dieses ist notwendig, da auf jeder Maschinenart verschiedene Bearbeitungsverfahren möglich sind. Die werkstückspezifischen Daten werden entsprechend dem ausgewählten Bearbeitungsverfahren eingegeben, die zugehörigen Prozeßdaten von der Datei gelesen und die Hauptzeit berechnet.

Die Zeiten für bereits kalkulierte Referenzarbeitsgänge (Zusammenfassung von wiederkehrenden Arbeitsschritten) sind auf einer Datei abgespeichert und können mit Hilfe einer Codenummer bei der Grundzeitberechnung berücksichtigt werden.

Solange der Arbeitsgang noch nicht fertig kalkuliert ist, wird dem Bediener das Menü "Grundzeit" erneut angeboten. Nach abgeschlossenem Arbeitsgang wird die Grundzeit im Arbeitsplan abgespeichert und die Kalkulation kann mit der Berechnung der Rüstzeit für den folgenden Arbeitsgang beginnen. Ist der Arbeitsplan fertig kalkuliert, so kann er gedruckt oder abgespeichert werden.

Das beschriebene Softwarekonzept wurde realisiert auf einem kleinen Mikrocomputer in Basic. Es zeigte sich, daß ein derartiges spezielles Programmsystem einen wesentlichen Rationalisierungseffekt erbringt, da einerseits der Kalkulator von Routinearbeiten befreit wird und sich somit auf den Einsatz seines Fachwissens konzentrieren kann und andererseits die abgespeicherten Prozeßdaten einen optimalen Fertigungsprozeß garantieren.

Die kalkulierten Zeiten sind realistisch und der Kalkulationsablauf ist nachvollziehbar, so daß die Produktkalkulation, Termin- und Kapazitätsplanung sowie die Leistungsentlohnung auf effektive Daten zurückgreifen kann.

Die Entwicklung wirkungsvoller Software ist sehr kostenintensiv Obwohl heute sowohl viele Softwarehäuser als auch die meisten Anwender den Nutzen derartiger Spezialprogramme als Rationalisierungswerkzeug noch nicht erkannt haben wird geprüft, inwieweit eine Weiterentwicklung für andere Computersysteme wirtschaftlich vertretbar ist.

Uwe Hansen ist Dozent an der Akademie für Datenverarbeitung in Böblingen.