Spezialisten liefern die besten BPM-Tools

04.10.2007
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Kleine Anbieter wie Pegasystems, Appian oder Lombardi offerieren nach einem Vergleich von Forrester Research die leistungsstärksten Business-Process-Management-Pakete für Geschäftsprozesse mit menschlicher Interaktion.
Neben den BPM-Paketen bewertet Forrester auch die Marktstellung und die strategische Ausrichtung der Hersteller.
Neben den BPM-Paketen bewertet Forrester auch die Marktstellung und die strategische Ausrichtung der Hersteller.

Hersteller

Produkt

Version

Release-Datum

Appian

Enterprise

5.6

Mai 2007

Bea Systems

Aqualogic BPM

5.7

Januar 2007

Fujitsu

Interstage Business Process Manager

8.1

Januar 2007

Graham Technology

Ciboodle

2.4.0

Februar 2007

Handysoft

Bizflow

10.1.2

Dezember 2006

IBM

BPM Suite

6.0.2

Dezember 2006

Intalio

Intalio BPMS

4.4

Januar 2007

Lombardi

Teamworks

6.0

Mai 2007

Pegasystems

SmartBPM Suite

5.2

Januar 2007

Savvion

Savvion Business Manager

7.0

Dezember 2006

Software AG

Webmethods BPMS

7.0

Dezember 2006

Tibco Software

Tibco iProcess Suite Tibco Business Studio

10.52.0

November 2006 Mai 2007

BPM-Pakete werden das nächste große Ding, nicht nur in der IT, sondern auch in den Führungsetagen der Unternehmen." So beschreibt Forrester-Analyst Colin Teubner die rasante Entwicklung im Markt für Business-Process-Management. Bis zum Jahr 2011 werden die Lizenzumsätze für BPM-Software auf satte 6,3 Milliarden Dollar wachsen, prognostiziert er in der Studie "The Forrester Wave: Human-Centric BPM For Java Platforms, Q3 2007". Kein Wunder, dass sich Softwarehersteller unterschiedlichster Couleur auf den Markt stürzen von kleinen Startups über Integrationsspezialisten bis hin zu den großen Anbietern von IT-Infrastruktur und Standardsoftware. Der Markt ist unübersichtlich geworden, so Teubner. Forrester unterteilt die zahlreichen Angebote deshalb in die Kategorien "Integration-Centric Business Process Management Suites" (IC-BPMS) und "Human-Centric BPMS".

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So bewertete Forrester

Für den Vergleich nahm Forrester Research zwölf Hersteller und deren Produkte unter die Lupe (siehe Tabelle "Produkte in der Wertung"). Um in die Wertung zu bekommen, sollten die angebotenen Systeme den gesamten Lebenszyklus von Geschäftsprozessen abdecken. Dazu benötigten die Softwarepakete unter anderem Modellierungs-Tools für Fachanwender, prozessorientierte Entwicklungswerkzeuge, eine Engine zum Ausführen von Prozessen, die menschliche Aktionen unterstützt, und ein Portal. Ferner mussten die Suites weitere Tools mitbringen, die beispielsweise das Überwachen, Analysieren und Optimieren von Prozessen ermöglichen. Forrester Research berücksichtigte ausschließlich Unternehmen, die J2EE als Entwicklungs- und Laufzeitumgebung nutzen und einen Jahresumsatz von mindestens 30 Millionen Dollar ausweisen.

Für die Bewertung definierten die Analysten rund 150 Einzelkriterien, die in drei Gruppen gegliedert sind: Angebot, Strategie und Marktpräsenz. Ersteres beleuchteten die Autoren unter den Gesichtspunkten Prozessdesign, Entwicklung, Ausführung, Monitoring und Management. Auch die Produktarchitektur spielte eine Rolle.

Als Messlatte für die Strategie dienten einerseits die Unternehmens- und Produktstrategie. Andererseits prüften die Auguren auch das Know-how der Anbieter bezüglich Prozessmethoden. In puncto Marktpräsenz zählten unter anderem die installierte Basis, die Umsatzentwicklung, sowie die Personalstärke in den Bereichen Entwicklung und Support, ferner die Unterstützung durch Systemintegratoren.

Erstere wollen die Auguren als integrationsorientierte BPM-Pakete verstanden wissen, die sich aus klassischen EAI-Systemen entwickelt haben (EAI = Enterprise Application Integration). Human-Centric BPMS hingegen sind aus Workflow- und Document-Imaging-Systemen der vergangenen Dekade entstanden. BPM-Pakete dieser Gruppe eignen sich nach der Forrester-Lesart besonders dafür, menschliche Interaktionen in Geschäftsprozesse einzubeziehen. Unternehmen nutzen sie beispielsweise in der Schadensbearbeitung bei Versicherungsfällen oder in der Kreditbewilligung durch Banken.

150 Kriterien

Für den Vergleich der Anbieter von Human-Centric BPMS definierte Forrester rund 150 Kriterien, die in drei Kategorien zusammengefasst sind (siehe Kasten "So bewertete Forrester"): Angebot, Strategie und Marktpräsenz. Eine Gruppe eher kleiner Anbieter liegt nach diesem Schema ganz vorn: Appian, Lombardi Software, Pegasystems und Savvion (siehe Grafik "Ranking BPM-Anbieter"). Laut der Studie verfügen sie allesamt über umfangreiche Erfahrungen in der Prozessimplementierung, eine gute Technik und eine "relativ stabile Zukunft". Dennoch sind die Unterschiede zwischen ihnen keineswegs nur kosmetischer Art. Die Hersteller arbeiteten mit divergierenden Philosophien hinsichtlich des Verständnisses von BPM und offerierten Produkte mit sehr verschie-denen Stärken, urteilt Teubner.

Appian

Der US-amerikanische Spezialanbieter Appian kann sowohl umfangreiches Know-how in Sachen Business Intelligence (Bl) und BPM als auch Erfahrungen mit sehr großen Installationen vorweisen, lobt Forrester. Die BPM-Suite "Appian Enterprise" war im Vergleich das am einfachsten zu bedienende System, als es darum ging, Prozesse aufzusetzen, die sowohl menschliche Eingriffe als auch Analyse- und Collaboration-Tools einbeziehen. Hervorzuheben sind demnach auch mächtige Funktionen zum Verwalten großer Endbenutzergruppen. Die Nase vorn habe Appian insbesondere beim Zusammenspiel von BPM- und Bl-Tools. Darüber hinaus sei es dem Unternehmen gelungen, sein BPM-Paket um Collaboration-Werkzeuge für Ad-hoc-Prozesse zu ergänzen. Trotz seiner im Vergleich zu den Konkurrenten geringen Größe hat sich Appian insbesondere in der öffentlichen Hand bedeutende Marktanteile gesichert, konstatiert Teubner. Daneben bedient das Unternehmen auch Kunden aus der Finanz-, Telekommunikations- und Energiebranche.

Lombardi Software

Ähnlich gut schneidet Lombardi Software mit Hauptsitz im texanischen Austin ab. Die BPM-Suite "Teamworks" biete herausragende Collaboration-Tools, eine tiefe Integration mit Microsoft Office und Sharepoint sowie anwenderfreundliche Werkzeuge zum Modellieren und Simulieren von Geschäftsprozessen. Mit "Blueprint" hat der Anbieter nach Ansicht von Forrester zudem ein wegweisendes SaaS-Tool (Software as a Service) auf den Markt gebracht, das Fachanwendern ein rasches Auffinden und Simulieren von Prozessen erlaubt. Das Web-basierende Produkt nutzt dazu unter anderem Ajax-Techniken.

Pegasystems

Einen etwas anderen Schwerpunkt setzt Pegasystems. Das amerikanische Softwarehaus hat seine Wurzeln im Markt für Geschäftsregeln (Business Rules). Dementsprechend offeriere seine "SmartBPM Suite" eine exzellente Unterstützung für entscheidungsintensive und sehr dynamische Prozesse, wie Teubner ausführt. Die große Stärke der Software liege in den Funktionen für rasche Prozessveränderungen. Diese erlaubten es Unternehmen, unmittelbar auf neue Geschäftsanforderungen oder gesetzliche Vorgaben (Compliance) zu reagieren. Hinzu kämen sehr gute Monitoring- und Management-Features.

Im Herstellervergleich biete Pegasystems unterm Strich das beste BPM-Paket mit etlichen Merkmalen, die den Konkurrenzprodukten fehlten. Forrester empfiehlt die Suite insbesondere Organisationen mit sehr kom-plexen Geschäftsprozessen, die ihre Abläufe häufig ändern und eine hoch integrierte Plattform benötigen.

Savvion

Zu den eher kleinen Anbietern im BPM-Segment zählt auch die kalifornische Savvion. Obwohl die Kundenliste mit rund 300 Einträgen begrenzt ist, kann das Unternehmen auf eine ganze Reihe hochkarätiger Referenzen verweisen, darunter Bank of America, Verizon, General Motors, Motorola und Cisco. Neben einem ausgereiften Produkt, das einen weltweiten Einsatz erlaube, bietet Savvion nach Einschätzung der Forrester-Experten eine leistungsstarke Professional-Services-Mannschaft. Sie unterstütze Kunden nicht nur bei der Einführung der BPM-Systeme, sondern stelle auch sicher, dass das benötigte Know-how in den Unternehmen aufgebaut wird.

Software AG

Dank dem Zukauf von Webmethods schafft es auch die Software AG In die "Leader"-Kategorie der Forrester-Studie. Webmethods habe ein ohnehin schon starkes integrationsorientiertes BPM-Paket um Funktionen für menschliche Interaktionen erweitert, erläutern die Analysten. Sie loben insbesondere die "exzellente" Bedienbarkeit der Tools, die sich zudem gut in die breite Palette an SOA-Infrastrukturprodukten der Software AG einfügten. Die Übernahme durch das Darmstädter Softwarehaus sei für Webmethods-Kunden eine gute Nachricht: Sie biete dem Entwicklungsteam zusätzliche Ressourcen und eine stärkere internationale Präsenz. Nach IBM, Fujitsu und Bea ist die Software AG der viertgrößte Hersteller im Forrester-Vergleich.

In der Webmethods-Suite heben die Analysten insbesondere Change-Management-, Reporting- und Analyse-Funktionen hervor. Dennoch falle die Software in der Gesamtbewertung geringfügig gegenüber den Bestplatzierten zurück. Zu empfehlen sei das Angebot vor allem Unternehmen, die sowohl integrationsorientierte als auch Human-Centric-BPMS benötigten und zudem Wert auf einen Hersteller mit globaler Präsenz legten.

Tibco

Der stärkste Konkurrent der Software AG in Sachen BPM heißt Tibco. Ähnlich wie die Darmstädter hat sich der US-amerikanische Hersteller mit Staffware im Jahr 2004 BPM-Wissen und -Produkte zugekauft. Mit seinem Produkt "Businessworks" hält Tibco schon seit einigen Jahren eine führende Position im Segment der integrationsorientierten BPM-Suites. Staffware brachte seine "iProcess Suite" ein und erweiterte damit das Angebot um ausgereifte Funktionen für Human-Centric BPM.

Forrester verweist beispielsweise auf gute Reporting- und Überwachungsfunktionen, bis hin zu einem ausgefeilten Business Activity Monitoring (BAM). Profitieren könnten Kunden darüber hinaus von der tiefen Integration der Tibco-eigenen Entwicklungs-Tools, die künftig allesamt auf dem quelloffenen Eclipse-Framework aufsetzen sollen.

Bea Systems

In die Kategorie der "starken Anbieter" im Verfolgerfeld ordnen die Analysten Bea Systems ein. Vor allem die Übernahme von Fuego und dessen Kernprodukt "Fuego BPM" im Jahr 2006 brachte den US-Hersteller nach vorn. Daraus ging die heute angebotene Suite "Aqualogic BPM" hervor - nach Einschätzung von Forrester eines der stärksten Pakete in der Wertung, mit besonders leistungsfähigen Integrations- und Collaboration-Funktionen. Dazu trägt auch die enge Anbindung an das Portal "Aqualogic User Interaction" bei, das Bea auf Basis von Techniken der ebenfalls zugekauften Firma Plumtree entwickelte. Weniger gut gelungen sei dagegen die Integration mit anderen Produkten der Aqualogic-Familie, moniert Teubner. In der BPM-Suite hebt er unter anderem das Workflow-Portal hervor, das Bea mittlerweile in elf Sprachen anbietet. Für multinational zusammengesetzte Teams könne das Angebot eine gute Wahl sein.

Fujitsu

Als solides Produkt mit zahlreichen Installationen in Europa und Japan bezeichnet Forrester Fujitsus "Interstage BPM". Zwar fehlten dem Paket einige State-of-the-Art-Features, wie sie die besten Konkurrenten böten. Doch nicht jedes Unternehmen benötige derartige Funktionen. Typische Kunden beschäftigten große Java-Entwicklungsteams und nutzten die Software vor allem für IT-getriebene BPM-Vorhaben. Eine Stärke des Konzerns liegt in den zahlreichen OEM-Abkommen, die er international geschlossen hat. Dieser Vorteil beginnt indes zu schwinden: Mit der Software AG wird sich ein wichtiger OEM-Kunde mittelfristig von Interstage BPM ver-abschieden. Die Darmstädter präferieren eindeutig das mit Webmethods zugekaufte BPM-System.

IBM

Auch für IBM spielt BPM eine wichtige Rolle, vor allem in Kombination mit den diversen SOA-Infrastrukturprodukten. Big Blue deckt mit seinem Portfolio sämtliche von Forrester definierten BPM-Teilmärkte ab und hält in zwei Segmenten eine führende Position. Für Human-Centric BPMS gelte dies aber nur ein-geschränkt, so die Analysten: Weil der Konzern lange Zeit eher auf integrationsorientierte BPM-Produkte setzte, fehlten im Vergleich mit den besten Konkurrenten noch einige Merkmale. Die Übernahmen von Webify und Filenet helfen zwar, Lücken zu schließen, kommentiert Teubner. Doch bislang sei es IBM nicht gelungen, die zugekauften Systeme zufrieden stellend mit bereits vorhandenen Produkten zu integrieren.

Handysoft

Der Spezialanbieter Handysoft fällt mit seinem Angebot ebenfalls etwas zurück. Das Kernprodukt "Bizflow" stuft Forrester als solides Allround-System mit brauchbaren Collaboration-Funktionen ein. Mit "OfficeEngine" brachte das Unternehmen zudem eine Software auf den Markt, die dynamische Ad-hoc-Prozesse unterstützt. Erfolge kann Handysoft vor allem in US-amerikanische Regierungsbehörden vorweisen. Die koreanische Muttergesellschaft biete dem Hersteller zudem eine solide finanzielle Basis, kommentiert Teubner.

Graham Technology

Die britische Graham Technology konzentriert sich auf das Segment Customer Interaction und kommt vor allem in Call-Center-Systemen zum Zug. Ihrem Produkt "Ciboodle" fehlten indes wichtige Modellierungs- und Monitoring-Funktionen, so die Forrester-Experten. Sie geben dem Anbieter derzeit nur geringe Chancen, mit den breiter aufgestellten Rivalen im Markt für Business-Process-Management mithalten zu können. Für Unternehmen, die ausgefeilte Systeme für den Kundenkontakt benötigten, lohne sich dennoch ein Blick auf die Software.

Intalio

Ähnliches gilt für den Open-Source-Anbieter Intalio, den Forrester als "Herausforderer" einstuft. Das kalifornische Unternehmen habe sich eine kleine, aber loyale Kundenbasis erarbeitet. Zwar sei die quelloffene BPM-Plattform nicht für alle Arten von Geschäftsprozessen geeignet. Besonders kostenbewusste Unternehmen oder Open-Source-affine Anwender könnten darin aber durchaus eine brauchbare Alternative sehen.