IBM: Power-Prozessoren für Mainframes?

Spekulationen über einheitliche Prozessorplattform

31.05.2002
MÜNCHEN (CW/jm) - Einem internen Memo zufolge plant IBM, für seine Server einschließlich der Großrechner eine einheitliche Prozessorplattform auf Basis der Power-Risc-CPU zu kreieren. Bei Big Blue selbst winkt man allerdings ab.

In der vergangenen Woche geisterte eine Meldung durch die US-Presse, wonach IBM mittelfristig seine "zSeries"-Mainframes mit Power-Risc-Prozessoren bestücken will, wie sie derzeit bereits in den "iSeries"- und "pSeries"-Linien stecken. Das sind die ehedem unter der Bezeichnung "AS/400" gelaufenen Midrange- beziehungsweise "RS/6000"-Unix-Systeme. Auf diese Weise wolle der Konzern Aufwand und Kosten für die Hardware-Entwicklung deutlich reduzieren. "Zum ersten Mal führt IBM drei seiner vier Server zu einer gemeinsamen Hardware-Plattform zusammen", zitierte "Cnet" aus einem internen IBM-Papier.

IBMs Sprecher Hans-Jürgen Rehm allerdings winkte ab. Die Ingenieure im US-Entwicklungslabor hätten die Information dementiert. Zwar habe es im vergangenen Jahr in der Tat derartige Überlegungen zur Zukunft der Server gegeben. Mittlerweile habe man diese Idee aber wieder aufgegeben. Die Zukunft gehöre zweifellos gemeinsamen Systemstrukturen, diese müssten aber nicht unbedingt auch den gleichen Prozessor haben. Auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit hätten die IBM-Experten in den USA abgewunken: Es sei wichtiger, gleiche Technologiegrundlagen zu haben als einen gemeinsamen Prozessor.

Gerüchte sind falsch

IBM-USA teilte der COMPUTERWOCHE mit, die Geschichte von Cnet sei falsch. Es gebe momentan keine Pläne, die in den "e"-Servern und "p"- sowie "i-Series"-Systemen benutzte Power-Prozessor-Architektur auch in den "z-Series"-Großrechnern einzusetzen. Richtig sei allerdings, dass IBM in seinen Entwicklungslabors ständig nach Möglichkeiten suche, Technologien ebenso wie Produktionsverfahren möglichst effektiv zwischen verschiedenen Server-Produktlinien zu teilen.

Rehm erklärte ferner, dass IBM etwa bei der Produktion von Prozessoren flexibel auf verschiedenen Produktlinien arbeite. So könne man auf einer Fertigungsstraße die Röntgenmaske austauschen, um in einer Charge den Power-Prozessor, in einer anderen die Mainframe-CPU "G8" herzustellen. So ließen sich Prozessoren mit unterschiedlichen Designs effizient produzieren.

Experten sind sich zudem einig, dass Power-Prozessoren leistungsmäßig Großrechner-CPUs noch in keiner Weise das Wasser reichen können. Und das, obwohl Letztere vom Design-Apekt her antiquiert scheinen. IBM werde immer wieder gefragt, warum man nicht das Großrechner-Betriebssystem "OS/ 390" beziehungsweise "z-OS" auf den Intel-Itanium-Prozessor portiere oder zumindest eine Emulation entwickle, sagt Rehm. Natürlich probiere IBM solche Dinge aus. Aber nach wie vor signalisierten die Entwicklungslabors von Big Blue, dass sich mit solchen Lösungen keine Leistungen erzielen lassen, wie sie im Großrechnerumfeld benötigt werden.

Um den Unterschied zwischen "normalen" Prozessoren in Unix-Servern und solchen in Großrechnern darzulegen, erklärte Rehm die Funktionsweise von Mainframe-Prozessoren: Diese besitzen im Wesentlichen zwei Rechenkerne, die gleichzeitig dieselben Instruktionen abarbeiten. Produzieren sie unterschiedliche Ergebnisse, wird automatisch - auch mehrfach - neu berechnet. Differieren die Resultate dann immer noch, wird die Aufgabe sicherheitshalber an einen andere Prozessor weitergereicht. "Was ein zServer da macht, ist sehr anspruchsvoll", erklärte Illuminata-Analyst Jonathan Eunice. Wäre es das nicht, würde es ja jede Kiste von Dell, HP und Sun auch machen."