Web

Spediteure: Toll Collect missbraucht marktbeherrschende Stellung

05.01.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) hat beim Bundeskartellamt Beschwerde über Haftungs-Beschränkungen des Maut-Betreiberkonsortiums Toll Collect auf 12.500 Euro und - für alle Mautteilnehmer - von zehn Millionen Euro eingereicht. Stein des Anstoßes sind plötzliche Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die "nur wegen der marktbeherrschenden Stellung von Toll Collect" durchsetzbar seien, erklärte BGL-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt. Zugleich sprach er von neuen Komplikationen bei Einbuchungen über die automatischen Erfassungssysteme (OBUs) und das Internet.

Toll-Collect-Sprecher Harald Lindlar bezeichnete die Haftung als für den Bereich der Telekommunikation "üblich". Sie sei ferner vom Bundesamt für Güterverkehr (BAG) zusammen mit der allgemeinen Betriebserlaubnis genehmigt worden. Lindlar bestätigte überdies die Absicht, erst nach einer Eingewöhnungsphase für stornierte Buchungen über Terminals und Internet Gebühren zu erheben.

Schmidt nannte die eingeschränkte Haftung "völlig unangemessen. Da hat jede Kfz-Versicherung eine höhere Deckung." Fielen wichtige Lieferungen wegen technischer Fehler von Toll Collect aus, müssten die Spediteure Schadenersatzforderungen ihrer Auftraggeber an den Verursacher weitergeben können, sagte Schmidt. Im Einzelfall gehe es dabei schnell um Millionen von Euro. Toll Collect aber wolle sich aber "mit nur 12 500 Euro aus der Verantwortung stehlen".

"Ich halte das schon für hammerhart, den Fuhrunternehmen erst am 28. Dezember kurz vor dem Mautstart zu schreiben, seit dem 21. 12. stünden neue Geschäftsbedingungen im Internet", klagte Schmidt. Die neuen AGB gälten als genehmigt, heißt es in einem Brief ans Transportgewerbe, "wenn Sie nicht innerhalb von sechs Wochen nach Zugang des Schreibens schriftlich Widerspruch erheben. (...) Sollten Sie Widerspruch erheben, werten wir dies nicht als Abmeldung (Kündigung). Die Geschäftsverbindung besteht zu den alten Bedingungen weiter. Allerdings behalten wir uns im Fall Ihres Widerspruchs die fristgemäße Kündigung der Geschäftsbeziehung vor."

Der Spediteursverband hält indes eine Haftungsbeschränkung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch für unzulässig, vor allem, "wenn es sich um die Verletzung von Kardinalpflichten handelt", heißt es in dem BGL-Brief an die Kartellbehörde. "Bei einem Totalausfall aller On Board Units und dem daraus folgenden Zwang zur manuellen Einbuchung können die Schäden in der Transportwirtschaft ohne weiteres in den dreistelligen Millionenbereich gehen." Gäbe es beim Mautinkasso Wettbewerb, wären derart niedrige Gesamthaftungssummen nicht durchsetzbar. Der Verband beklagt zudem Fristenverkürzungen bei Einwendungen gegen Buchungsbelege sowie bei Kündigungen.

Schmidt widersprach auch den positiven Bilanzen von Toll Collect und Bundesregierung zum Mautstart. Inzwischen zeigten sich nicht nur erste Staus an den Grenzen, sondern es häuften sich wieder die Rückmeldungen von Fuhrunternehmen über Einbuchungspannen bei den im Lkw installierten On Board Units (OBUs) sowie bei der Einbuchung über das Internet. Toll Collect bestreite das oder weise die Fehler den Transporteuren zu. "Das aber widerspricht der Hotline, die auf Software-Überlastungen hinweist", so Schmidt. Lindlar bestätigte Probleme im Einzelfall: "Große Auffälligkeiten gibt es aber nicht." (dpa/tc)