Gerüchte um Ablösung von Regulierungschef Scheurle

SPD will neue Akzente in der Telekommunikation setzen

25.09.1998

Für die Deutsche Telekom AG könnten leichtere Zeiten anbrechen. Die SPD beabsichtigt, die Position des Ex-Monopolisten im Wettbewerb zu stärken. Geplant sei, wie Arne Börnsen, Vizepräsident der Regulierungsbehörde, auch gegenüber der CW einräumte, die Interconnection-Gebühren zu staffeln. Telefondienstanbieter, die keine eigene Infrastruktur vorhalten, sollen dann höhere Tarife pro Minute zahlen als typische Netzbetreiber. Dadurch soll der Markt für Unternehmen, die in eigene Netze investieren, gerechter gestaltet werden. Derzeit liegt der durchschnittliche Tarif einheitlich bei 2,7 Pfennigen pro Minute.

Spekulationen gibt es auch über eine mögliche Abberufung von Chefregulierer Scheurle, der politisch der Union nahesteht. Die SPD plant angeblich, Scheurle durch Börnsen zu ersetzen. An der Spitze der Regulierungbehörde würde damit ein Gefolgsmann der SPD stehen. Ähnliche Gerüchte gibt es auch um die Telekom. Hier, so die Mutmaßung, soll SPD-Sympathisant Gerd Tenzer, derzeit im Vorstand für die Netze verantwortlich, Telekom-Boß Ron Sommer beerben.

Selbst die Änderung des TKG wird von Beobachtern nicht ausgeschlossen. Hier sollen Gesetzestexte zur Definition der Marktstellung der Telekom sowie zur Gültigkeit von Entscheidungen des Regulierers neu geschrieben werden. Bisher war ein Beschluß der Wettbewerbshüter sofort bindend, ein Widerspruch beziehungsweise die Anrufung eines Gerichts hatte keine aufschiebende Wirkung.

Gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" wies der telekommunikationspolitische Sprecher der SPD, Hans Martin Bury, die Gerüchte jedoch als Wahlkampfgetöse der gegnerischen Parteien zurück. Das TKG, so Bury, sei grundsätzlich in Ordnung und von der SPD ja auch mitgetragen worden. Über einen anderen Rahmen für die Entscheidungen des Regulierers, der industrie- und beschäftigungspolitische Aspekte besser berücksichtigen solle, sowie eine modifizierte Strategie bei der Lizenzvergabe müsse jedoch nachgedacht werden. Wenn Scheurle diese Maßnahmen umsetze, so Bury durch die Blume, werde es keine Personaldiskussion geben.