Internationale Projektarbeit

Spanische Siesta - nur ein Klischee

01.08.2012
Von 
Ina Hönicke ist freie Journalistin in München.

Pufferzone Projektleiter

Dass mögliche kulturelle Unterschiede den Ablauf nicht negativ beeinflussen müssen, weiß auch Seniorprojekt-Manager Markus Müller. Komme es doch einmal zu Unstimmigkeiten, greife der Projektleiter ein. "Er ist eine Art Pufferzone, und er muss sein Team so im Griff haben, dass er ausgleichend wirkt und Konflikte in die richtigen Bahnen lenkt", betont der GFT-Fachmann. Darüber hinaus sei es wichtig, ähnlich wie bei agilen Projektansätzen, dass er dem Team ein hohes Maß an Vertrauen entgegenbringe.

Markus Müller, GFT: "Kollegen aus verschiedenen Ländern müssen sich persönlich kennen lernen - nur so erhalten sie ein Gefühl dafür, wie die anderen denken und arbeiten."
Markus Müller, GFT: "Kollegen aus verschiedenen Ländern müssen sich persönlich kennen lernen - nur so erhalten sie ein Gefühl dafür, wie die anderen denken und arbeiten."
Foto: Privat

Ein weiterer Ansatz ist die Zusammenarbeit gemischter Teams an einem Standort. Um die Projektbeteiligten der einzelnen Länder noch näher zusammenzubringen, organisiert der IT-Dienstleister einmal im Monat ein reales Treffen: "Die Kollegen aus den beteiligten Ländern müssen sich persönlich kennen lernen - nur so erhalten sie ein Gefühl dafür, wie die anderen denken und arbeiten," weiß Müller. Die Kommunikation selbst stelle kein Problem dar, da die Unternehmenssprache innerhalb der GFT- Gruppe weltweit Englisch sei. Bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter gehöre die Beherrschung dieser Sprache deshalb zur Grundvoraussetzung.

Insgesamt sieht Wlcek zwischen nationalem und internationalem Projekt-Management nur geringe Unterschiede - und wenn, dann nicht auf methodischer, sondern auf organisatorischer Ebene: "Bei einem neuen Projekt haben wir auf der deutschen Seite einen erfahrenen Mitarbeiter, der die Projektleitung übernimmt und ein Pendant auf der spanischen Seite." Der Projektleiter tausche sich intensiv mit dem Sub- oder Teilprojektleiter in Spanien aus, der wiederum sein Team koordiniere.

Ziel sei eine einheitlich abgestimmte Vorgehensweise in punkto Projekt-Management. Grundlage hierfür ist bei GFT der international anerkannte Standard CMMI (Capability Maturity Model Integration). "Jeder weiß in jeder Projektphase, was er zu tun hat", erklärt der GFT- Experte. Dadurch existiere ein länderübergreifendes Grundverständnis der Herangehensweise an bestimmte Themen. Dieses Verständnis gilt laut Wlcek nicht nur für Spanien, sondern auch für andere firmeninternen Einheiten in Brasilien oder England. Sein Resümee: Wenn internationales Projekt-Management strukturiert ist, sind die Unterschiede zwischen nationalem und internationalem Projekt-Management kleiner als gedacht.

Die Siesta ist in spanischen Büros unbekannt

Voraussetzung dafür sei aber die Rekrutierung von qualifizierten Mitarbeitern. Bringe ein Bewerber keine Affinität zu anderen Ländern oder Sprachen mit, falle er bei GFT durchs Bewerbungsraster. IT-Experten, die als internationale Projekt-Manager arbeiten, müssen laut Wlcek, über hohe Kommunikationsfähigkeit, emotionale Intelligenz und kulturelle Toleranz verfügen. "Dazu gehört auch die Überwindung von typischen Länderklischees", erklärt der Projektleiter. Als Beispiel nennt er die Siesta, die - anders als vielfach angenommen - in spanischen Büros nahezu unbekannt sei.

GFT-Manager Müller ergänzt, dass die Mitarbeiter flexibel sein müssen. Nur so würden sie merken, wenn sie in manchen Situationen mit dem Standardvorgehen nicht weiterkommen und könnten entsprechend reagieren. Learning by doing ist nach Meinung von Müller das beste Prinzip: "Sich auf eine andere Kultur einzulassen, lässt sich nicht so einfach schulen - das kommt mit der Praxis".

Dass die Krise in Spanien - und hier vor allem bei den jungen Leuten - angekommen ist, spürt auch GFT. Wlcek berichtet: "Bei unseren Bewerbern und Mitarbeitern handelt es sich um qualifizierte junge Leute, die gerade in der aktuellen Situation froh sind, bei einem internationalen Arbeitgeber tätig zu sein." Entsprechend hoch seien sie motiviert.