Sony gewinnt Mitstreiter fuer die einseitig beschreibbare Video-CD Jetzt greifen die PC-Hersteller im Kampf um neuen Standard ein

19.05.1995

MUENCHEN (kk) - Nachdem sich die beiden Streithaehne Toshiba und Sony/Philips immer noch nicht auf ein einheitliches Format fuer die zukuenftige Generation von CD-ROMs einigen konnten, melden sich nun fuenf DV-Schwergewichte zu Wort.

Sie seien nicht gewillt, zwischen den beiden vorgeschlagenen Formaten zu waehlen, formulierten nach Gespraechen mit den beiden Streitparteien die Speicherexperten von Apple, Compaq, Hewlett- Packard, IBM und Microsoft ihren Protest. Das Fuenfer-Konsortium stellte eine Liste von neun Leistungskriterien auf, die sie von der zukuenftigen CD fuer die Unterhaltungs- und Computerindustrie erwarten.

Ganz oben stehen die Forderung nach geringen Verkaufspreisen und die Doppelverwendbarkeit fuer TV- und DV-Zwecke. Ausserdem sollen zukuenftige Laufwerke die heutigen CDs lesen koennen. Ein File- System fuer die Kombination von Unterhaltungs- und computerbasierten Anwendungen wird ebenso gefordert wie Lese- und Schreibfunktionen. Dazu kommen allgemeine Eigenschaften wie Sicherheit und hohe Leistungsfaehigkeit.

Nach Bekanntgabe der Forderungen waren sich Firmensprecher von Toshiba und dem Gespann Sony/Philips erstmals seit Monaten einig: Jedes Lager nimmt fuer sich in Anspruch, als einziges alle Punkte der Liste zu erfuellen.

Sony tritt mit der "Multimedia CD" (MMCD) an, die einseitig beschrieben wird und den Vorteil haben soll, funktional fast identisch mit den heutigen CDs zu sein. Damit sei die Lesbarkeit auch in den neuen Laufwerken gewaehrleistet. Die "International Herald Tribune" zitiert einen Sprecher des Laufwerksherstellers Ricoh mit der Aussage, dass diese Tatsache den Ausschlag zugunsten des MMCD-Formats gab.

Aehnlich aeusserte sich ein Manager von Mitsumi Electric, mit einem monatlichen Ausstoss von 500000 Stueck Japans groesster Hersteller von CD-ROM-Laufwerken. Beide Laufwerksproduzenten entschieden sich zusammen mit Acer Peripherals, Alps Electric Co., Aztech Systems Ltd., Wearnes Peripherals und der Teac Corp. erst kuerzlich fuer das eurojapanische Lager.

Was nuetzt dem Anwender mehr?

Toshiba reklamiert fuer sein Format "Super Density" (SD) eine hoehere Kapazitaet, die sich aufgrund der doppelseitig beschreibbaren Silberscheiben ergaebe, zudem geniesse man eine breitere Unterstuetzung aus der Industrie. 16 Firmen, darunter Matsushita Electric Industrial Co. Ltd., Hitachi Ltd., Mitsubishi Electric Corp., Pioneer Electronic Corp., Samsung Electronics Co., Zenith Electronics Corp. sowie die Unterhaltungs- und Hollywood- Groessen MCA, MGM/UA, Time Warner, Turner Home Entertainment und Nippon Columbia Co. setzen auf das Toshiba-Format.

Sony will Mitte 1996 eine Laufwerksversion fuer das Consumer- Business vorstellen. Teruaki Aoki, Sonys Vice-President fuer diesen Bereich, erklaerte gegenueber dem "Wall Street Journal", dass der geplante Videodisk-Player sowohl die Silberscheiben der ersten Generation mit 3,7 GB Kapazitaet als auch die Nachfolger mit doppelt so hohem Speichervolumen abspielen koennen werde. Die Verdoppelung der Kapazitaet wurde durch ein neues Verfahren erzielt, bei dem die Daten auf zwei Ebenen einer CD-Seite geschrieben und gelesen werden. Die beiden Schichten bestehen aus halbtransparentem Material.

Kurz vor der Sony-Ankuendigung stellte Konkurrent Matsushita selbst eine CD mit dieser Technik vor. Der Mix aus den Sony- und Toshiba- Verfahren schraubt die Speicherkapazitaet fuer Videodisks im Toshiba-Matsushita-Lager nun auf 9 GB pro Seite. Ohne zweite Beschichtung liegt die Kapazitaet fuer die beidseitig beschriebene CD bei 10 GB.

Wie wichtig der Streit um das richtige Format aus wirtschaftlicher Hinsicht werden kann, beweisen die Marktzahlen fuer CD-ROM- Laufwerke: 1994 wurden laut Dataquest rund 19 Millionen Stueck verkauft, rund dreimal so viele wie im Vorjahr. Daran hatte die Toshiba-Gruppe (mit Matsushita und Hitachi) einen Anteil von 42 Prozent, waehrend es Sony und Mitsumi zusammen auf nur 29 Prozent brachten, wie die Analysten der IDC ausrechneten.

Branchenkenner wie Patty Chang von Dataquest sehen leichte Vorteile des MMCD-Formats gegenueber der SD-Variante. Die Erfordernisse der Unterhaltungsindustrie und der Datenverarbeitung seien damit besser unter einen Hut zu bringen. "Allerdings geht es nicht darum, was die bessere Technik ist, sondern darum, was dem Anwender nuetzt."