Solidaritaet in der Herstellerszene gering Vobis ficht Lizenzstreitigkeiten mit Microsoft in der Oeffentlichkeit aus

09.12.1994

MUENCHEN (jm) - Vobis wird ab sofort seine Rechner standardmaessig mit OS/2 ausliefern. Entgegen anderslautenden Meldungen sind aber die Vertraege zwischen Vobis und der Gates-Company - so Microsoft- Geschaeftsfuehrer Christian Wedell - noch nicht gekuendigt. Beide Unternehmen zeigen darueber hinaus grosses Interesse, in Sachen Windows 3.1 und dessen Nachfolger Windows 95 zu einer einvernehmlichen Loesung zu kommen.

Im Gespraech mit Deutschlands Microsoft-Chef ist deutlich Wedells Bemuehen spuerbar, die Konfrontation nicht auf die Spitze zu treiben. Zwar wundert er sich ueber den "ungewoehnlichen" Stil von Vobis-Boss Theo Lieven, Vertragsbedingungen oeffentlich zu diskutieren. Trotzdem wolle man sich nach wie vor "mit Herrn Lieven an einen Tisch setzen". Die Vertraege zwischen Microsoft und Vobis seien, so Wedell weiter, bislang noch gar nicht gekuendigt, was auch fuer Escom gelte.

Bereits vor Lieven hatte der Vobis-Konkurrent bekanntgegeben, dass er seine PCs standardmaessig mit OS/2 ausliefert. Fuer DOS/Windows muss ein Aufpreis gezahlt werden, der momentan unter 200 Mark liegt.

Peacock faehrt zweigleisig: In Wuennenberg-Haaren haelt man sich exakt an den Wortlaut des Consent Decree, den Microsoft im Juli 1994 mit dem US-Justizministerium abschloss. Das Unternehmen spezifiziert mit genauen Namensbezeichungen bestimmte Rechnerlinien, die von Microsoft-Lizenzabkommen ausgenommen sein sollen. Auf diesen vertreibt Peacock das IBM-Betriebssystem.

Lieven scheint mit seinem Vorstoss allerdings recht alleine zu stehen: Zumindest oeffentlich bekennen sich die meisten PC- Hersteller und OEMs zu Microsoft und erklaeren dies mit der Nachfragesituation am Markt. Anwender wollen - so der Tenor - Windows. Fuer OS/2 hingegen "besteht bei unseren Kunden keine Nachfrage", erklaert Birgit Fahlbusch, Sprecherin der Actebis Computerhandelsgesellschaft mbH, stellvertretend fuer viele.

Aehnlich sieht es der Compaq-Geschaeftsfuehrer Kurt Dobitsch. Der PC- Ueberflieger installiert auf allen Rechnern DOS/Windows. Lediglich bei den Servern kann der Kunde waehlen, hier allerdings gleich unter Windows NT, OS/2, SCO Unix und Netware 3.1 beziehungsweise 4.

Laut Dobitsch verkauft Compaq weltweit rund fuenf Millionen PCs. Bei derartigen Absatzzahlen stellten sich Verhandlungen mit Microsoft als problemlos dar. Der Compaq-Manager bringt allerdings Verstaendnis auf fuer die PC-Hersteller im zweiten Glied:

"Fuer kleinere oder mittelgrosse Unternehmen mit 200 000 oder 300 000 verkauften PCs ist Microsofts Preisstaffelung durchaus ein Thema, aber nicht fuer die ersten Zehn des Weltmarktes."

Illegal sind, so konzediert auch Lieven, Microsofts Geschaeftsbedingungen allerdings nicht. Er moniert, dass die Gates- Company indirekt Zwang auf solche OEM-Partner ausuebt, die sich nicht von vornherein festlegen wollen, auf welche PCs sie welches Betriebssystem aufspielen moechten. Wer sich auf diese Bedingung nicht einlasse, werde "bestraft", indem er pro Windows-Kopie den doppelten Preis zahlen muesse.

Verstaendlich denn auch die Aussage eines grossen OEM-Partners, der anonym bleiben wollte: "Natuerlich stinkt es uns, wenn Microsoft einen Gewinn nach Steuern von 25 Prozent und mehr einstreicht und wir als OEMs muessen die Backen zusammenpressen, um bei fallenden Margen auch noch leben zu koennen" (siehe auch Thema der Woche, Seite 7).