Softwindows: Ganze Arbeit bei der Netzeinbindung Windows-Anwendungen laufen auf dem Macintosh zu langsam

21.04.1995

Die verfeindeten Macintosh- und Windows-Anhaenger wollte die britische Insignia Solutions Ltd., High Wycombe, mit Hilfe ihrer Emulationssoftware "Softwindows" zusammenfuehren. In einigen Bereichen ist das durchaus gelungen, wie Michael Mittelhaus* zeigt. Verwoehnte PC-Benutzer beklagen jedoch, dass die Leistung lediglich einem 386er PC entspricht.

Insignia hatte versprochen, mit Softwindows, das nun seit rund einem Jahr auf dem Markt ist, das komplette DOS-Betriebssystem mit Windows 3.1 auf den Power-Mac zu bringen. In zwei nordrhein- westfaelischen Druckereien wurde geprueft, was davon zu halten ist. Die eingesetzten Power-PCs 7100/66 mussten mit 16 MB zusaetzlichem RAM versorgt und auf den Festplatten rund 250 MB bereitgestellt werden. Softwindows erzielte dort die Leistung eines flotten 386er PCs, was fuer DOS-Programme reicht, den Einsatz von Windows- Anwendungen aber auf unumgaengliche Notfaelle beschraenkt. Noch unbefriedigender saehe die Leistungsbilanz bei Apples Power-PC 610, dem Einstiegsmodell dieser Rechnerreihe, aus.

Hinzu kommt, dass Installation und Handhabung von den Mac-Anwendern Grundwissen fuer DOS und Windows voraussetzen. Das 150 Seiten magere Handbuch laesst sie in kritischen Faellen (CD-ROM-Einbindung, Speichereinrichtung, Koprozessor) meist im Stich.

An der Kompatibilitaet mit PC-Programmen ist jedoch nichts auszusetzen. Was installiert wurde, lief auch: Textverarbeitungen unter DOS und Windows, typische Utilities wie Xtree und PC-Tools, Corel Draw 4.0 und Pagemaker, ja sogar der Ventura Publisher in der GEM-Version. Kritische Anwendungen wie Screenshots, Adobes Type Manager 2.6 (fuer viele ein Sorgenkind), Truetype- und Postscript-Schriften, Kalkulkations- und kaufmaennische Programme verrichteten ihre Dienste stoerungsfrei.

Als kleinere Einschraenkungen wurden eine ruckelnde Maus im DOS- Betrieb, fehlende Videoattribute im Textmodus und das notwendige Ausschalten der Koprozessoremulation benannt (die Kalkulation wollte sonst nicht arbeiten).

Aber es gibt auch generelle Limits: Die Bildschirmdarstellung unter Softwindows ist auf 256 Farben beschraenkt, das Programm darf weder den 386-Prozessor direkt ansprechen, noch einen Hardwareschutz (Dongle) am Centronics-Anschluss voraussetzen, dieser ist beim Mac physikalisch nicht vorhanden. Der Einsatz von Softwindows wird dadurch allerdings kaum beeintraechtigt.

Die vorhandene SCSI-Peripherie konnte bei den nordrhein- westfaelischen Anwendern nur teilweise genutzt werden: Wechselplatten und CD-ROM liessen sich unter Softwindows ansprechen, Streamer und Scanner nicht. Das lag weniger am Programm als am nicht vorhandenen SCSI-Standard der DOS-Welt.

Dagegen arbeiteten Nadel- und Laserdrucker via Apple Talk und Ethernet korrekt. Das galt auch fuer einen ins Novell-Netz eingebundenen Belichter der Firma Agfa. In Sachen Netzwerk wird den Insignia-Ingenieuren eine solide Leistung bescheinigt. Vor allem lobten die Anwender das problemfreie Login in das Novell- Netz. Alle erforderlichen Netzwerkaufrufe waren Teil des Lieferumfangs oder konnten nach Anwenderwuenschen veraendert werden. Auch gab es keine Schwierigkeiten beim Zugriff auf Netzwerkressourcen oder mit dem Printer-Spooler. Das Einrichten von Netzdruckern ist jedoch nur problemlos, wenn man die bei Netware und Windows ueblichen Prozeduren kennt.

Probleme bei der Umsetzung von Bildern

Schwierigkeiten traten beim Datenaustausch zwischen Softwindows und Mac-Applikationen auf, der ueber eine gemeinsame Zwischenablage organisiert ist (fuer Windows, nicht fuer DOS). Klappte er beim Texten noch einwandfrei, so versagte er meist, wenn Bilder uebertragen werden sollten. Aufgrund der voellig unterschiedlichen Grafikformate waere eine automatische Konvertierung erforderlich. Davon sind jedoch nicht einmal Ansaetze zu erkennen. Die Anwender bleiben daher auf Zusatzprogramme angewiesen.

Fazit: Die vorhandenen 17-Zoll-Monitore des Mac und 75 Prozent der Peripherie konnten direkt und im Netz genutzt werden. Es gab keine Kompatibilitaetsprobleme mit PC-Komponenten oder Interrupts. Im DOS-Bereich laesst sich mit dem Arbeitstempo gut leben, Windows war nur fuer Gelegenheitsarbeiten ertraeglich. Die Frage bleibt offen, ob es sich lohnt, durch den Einsatz von Softwindows etwa 500 Mark gegenueber dem Kauf eines PCs zu sparen.