Input plädiert für Lizenzstaffelung nach Funktionalität, aber:

Softwarepreise sollen Wartung einschließen

19.02.1988

LONDON (CW) - Viele Sotware-Anbieter muten ihren Kunden ein regelrechtes Wechselbad zu: Wird heute die Wartung durch die Lizenz abgedeckt, so muß sie morgen separat bezahlt werden und umgekehrt. In einer neuen Studie plädiert das Londoner Marktforschungsunternehmen Input Ltd. dafür, den Service in die Nutzungsgebühr einzuschließen.

Die derzeitige Situation ist unübersichtlich, mehr Klarheit vor allem im Interesse der Anwender sei vonnöten. So lautet das Fazit der Input-Studie, die sich unter dem Titel "Software Product Pricing and Support Strategies in Europe" speziell mit dem Thema Software-Lizenzierung auseinandersetzt.

Je wichtiger die Software für die operationelle Seite des Anwenderunternehmens wird, desto natürlicher scheint es den Analysten, daß die Lizenzen beispielsweise zur Zahl der Transaktionen oder der unterstützten Endanwender in Beziehung gesetzt werden. In der Praxis hat der Anbieter jedoch wenig Kontrolle darüber, wie die Anwender - besonders die großen und kompetenten - seine Produkte einsetzen. Kurz und bündig erfolgt die Lizenzierung deshalb oft in Form verschiedener Preisklassen, denen der jeweilige Host zugeordnet wird.

Traditionell hatte die IBM zwei verschiedene Preisgruppen, die den beiden Betriebssystemen DOS/VSE und MVS entsprachen. Im Gefolge der 9370-Ankündigung wurden daraus fünf: zwei für die 9370-Systeme sowie drei für die großen Mainframes der 43XX- und 30XX-Familien.

Innerhalb des vergangenen Jahres folgten viele der unabhängigen Anbieter aus dem IBM-Dunstkreis dieser Strategie und schwenkten von einem zweistufigen auf ein der Tarifstruktur von Big Blue angepaßtes vier- oder fünfgeteiltes Lizenzmodell um. Digital Equipment wandte auf seinen VAX-Rechnern eine Zeitlang ein ähnliches System an; mittlerweile hat der Mini-Marktführer jedoch eine Feinstruktur eingeführt, nach der die Nutzungsgebühren auch von der User-Zahl abhängen.

Uneinheitliche Praxis verunsichert die User

Die Softwarewartung ist zu einem kritischen Faktor für die Kaufentscheidung geworden. Hier unterscheiden die Input-Marktforscher zwischen dem (kundenbezogenen) Support und der (produktbezogenen) Maintenance. Die meisten Wartungsverträge sind jedoch sowohl kunden- als auch produktbezogen; sie werden in gleicher Weise von Hardware- und Software-Herstellern angeboten.

Während die Mainframe- und Minicomputer-Software zu über 90 Prozent unter Wartungsvertrag steht, sind es im PC-Bereich je nach Produkt und Anbieter nur 50 bis 75 Prozent. 30 bis 50 Prozent der Service-Kontrakte basieren auf einer Preisgestaltung, die sich an der Höhe der Einmallizenz bemißt; meist zwischen 9 und 17 Prozent dieser Nutzungsgebühr zahlt der Kunde im Jahr.

Seit der Einführung ihrer 43XX-Familie verfolgt die IBM die Strategie, den Software-Support getrennt von der Nutzungsgebühr abzurechnen. Das bedeutet für die Anwender, daß sie mit zwei verschiedenen Lizenzierungen je Produkt konfrontiert werden. Im Frühjahr 1987 entschloß sich Big Blue, diese zunehmend komplexe und kundenfeindliche Lösung zurückzunehmen, indem für eine Reihe zusätzlicher Produkte eine kostenlose Wartung eingeführt wurde.

Viele unabhängige Software-Anbieter ziehen es ebenfalls vor, die Wartungsgebühren in eine einzige Lizenzgebühr einfließen zu lassen. Allerdings verfahren die Hersteller derzeit mit ihren Wartungskonzepten, wie es ihnen gerade opportun erscheint. Das führt bisweilen zu einem regelrechten Wechselbad von Bundling, Unbundling und Rebundling.

Diese Unübersichtlichkeit der Angebote verwirrt den Anwender und mindert seine Akzeptanz. Eine Befragung ergab in diesem Zusammenhang, daß die Kunden etwaige Mängel eher dem Service als dem Produkt anlasten. Außerdem ist der User oft nicht geneigt, für neue Service-Angebote separat zu zahlen; er akzeptiert als Extras lediglich Ausbildungsleistungen und Anwendungsberatung.

Schwachstellen in bezug auf die Wartung weisen sowohl die Einmallizenz als auch die regelmäßige Nutzungsgebühr auf: Betont die Einmallizenz den separaten Status von Wartungsleistungen, deren getrennte Abrechnung der Anwender zum Teil nicht einsieht, so führt die regelmäßige Nutzungsgebühr zu einer komplexen und überdies recht teuer erscheinenden Struktur.

Die Lösung der Input-Forscher für dieses Dilemma lautet: Wartung einschließen, aber Funktionen trennen. Das bedeutet im Detail, daß eine Einjahreslizenz mit verbilligten Gebühren für die Folgejahre verknüpft und sowohl das Nutzungsrecht als auch die Wartung eingeschlossen werden sollte. Darüber hinaus könnte der Tarif entsprechend der Software-Funktionalität - Modul für Modul-gestaffelt werden.

Dieser Lösungsansatz erlaubt nach Ansicht der Analysen die größtmögliche Flexibilität bei der Preisgestaltung. Auf der anderen Seite erfordere er jedoch ein erstklassiges Kostensystem, das den Überblick über alle Entwicklungen und Wartungsleistungen für jedes einzelne Produkt ermöglicht.