Geteilte Meinungen in Europa

Softwarepatente bleiben umstritten

29.09.2000
MÜNCHEN (CW) - Die Frage der Patentierbarkeit von Software spaltet europäische Institutionen. Jetzt sind Beratungen auf höchster Regierungsebene notwendig.

Dass der Verwaltungsrat des Europäischen Patentamts (EPA) kürzlich in München für die Patentierbarkeit von Computerprogrammen votierte, hat die Debatte über das Thema nicht beruhigt. Denn die Entscheidung fiel denkbar knapp mit zehn zu neun Stimmen. Großbritannien, Frankreich und Deutschland kamen mit ihrer Ablehnung des Passus über Software nicht durch, weil alle Länder je eine Stimme haben. Nun muss sich Ende November eine diplomatische Konferenz der 19 EPA-Staaten mit diesem Punkt beschäftigen. Dabei scheint Streit ins Haus zu stehen. Ein Beamter des deutschen Justizministeriums äußerte sich "ziemlich frustriert" über die Abstimmungsmacht der Nicht-EU-Staaten wie der Schweiz, Lichtensteins und Zyperns. Er warnte vor "amerikanischen Zuständen". Im dortigen Recht fehlen Prüfinstitutionen und Widerspruchsmöglichkeiten, so dass Sperrpatente alternative Entwicklungen blockieren können. Das könnte großen Firmen einen Vorteil verschaffen, Industriestandards patentierbar machen und Open-Source-Software blockieren. Nur solche Auswüchse möchte das deutsche Justizministerium verhindern, denn es ist ebenso wenig wie die Bundesregierung grundsätzlich gegen die Patentierbarkeit von Software. Man setzt nun auf die Macht der europäischen Union. In der Bundesregierung wird derzeit eine Eingabe an die EU-Kommission abgestimmt, um einen Richtlinienentwurf zu Softwarepatenten durchzupauken. Eine EU-Richtlinie muss in nationales Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden, würde also den EPA-Beschluss unterlaufen. Das dürfte allerdings kaum intendiert sein. Eher handelt es sich um ein politisches Manöver, um Druck auf kleinere EPA-Mitglieder zu machen, damit sie ihre Position für die Novemberkonferenz revidieren.