Weitere Zugeständnisse im Washingtoner Kartellprozess

Softwarehaus Be verklagt Microsoft

08.03.2002
MÜNCHEN (CW) - Die Liste der Kartellverfahren gegen Microsoft wird immer länger. Der einstige Betriebssystem-Entwickler Be wirft dem Softwaremulti vor, ihn mit wettbewerbswidrigen Methoden aus dem Markt gedrängt zu haben. Im Washingtoner Monopolprozess hat die Gates-Company unterdessen weitere Zugeständnisse gemacht, um die geplante außergerichtliche Einigung zu sichern.

Eigentlich existiert die kalifornische Firma Be Inc. nur noch auf dem Papier. Bereits im August 2001 hatte das Management nahezu alle Rechte rund um das Betriebssystem "Be OS" an Palm Inc. verkauft. Für den wirtschaftlichen Niedergang macht das Softwarehaus nun Microsoft verantwortlich.

Eine von Be beauftragte texanische Anwaltskanzlei reichte beim Distriktgericht San Francisco Klage gegen die Gates-Company ein. Sie habe mit wettbewerbswidrigen Praktiken die Geschäftsgrundlage Bes zerstört, lautet der Vorwurf. Die Kläger fordern Schadensersatz in nicht genannter Höhe und darüber hinaus eine Bestrafung Microsofts.

Unter Ausnutzung seiner dominierenden Marktmacht habe der Softwarekonzern aus Redmond verhindert, dass sich das Be-Betriebssystem im Markt etablieren konnte, argumentieren die Anwälte in der Klageschrift. Hardwarehersteller seien systematisch unter Druck gesetzt worden, wenn sie die mit Windows konkurrierende Software auf ihren Rechnern vorinstallieren wollten.

Be führt unter anderem den Fall des ehemaligen Geschäftspartners Hitachi ins Feld, der sich 1998 mündlich bereit erklärt habe, neben Windows auch das Be OS auf einigen PCs vorzuinstallieren. Über eine Dual-Boot-Option hätten Anwender beim Hochfahren des Rechners zwischen den Betriebssystemen wählen können.

Als Microsoft daraufhin Druck auf Hitachi ausübte und auf die in solchen Fällen höheren Lizenzgebühren für Windows verwies, habe der Hersteller seine Pläne revidiert. Lediglich in Europa wurden einige PCs mit Be-OS ausgeliefert, den Dual-Boot-Manager hätten Kunden zudem eigenhändig installieren müssen. Ebenfalls 1998 habe Microsoft beim PC-Hersteller Compaq die Daumenschrauben angesetzt. Die Texaner planten seinerzeit, ein Internet-Terminal mit dem Be OS zu entwickeln. Dieses Vorhaben sei nach einem Besuch von Bill Gates beim damaligen Compaq-CEO Eckhard Pfeiffer gestoppt worden.

Die 1990 vom früheren Apple-Entwicklungschef Jean Louis Gassée gegründete Be Inc. kämpfte zunächst mit der "Bebox" gegen die etablierten Systeme. Nachdem der kommerzielle Erfolg ausgeblieben war, konzentrierte sich das Unternehmen auf das Be-OS, das zunächst als Nischenprodukt für den Multimedia-Bereich positioniert war. Zuletzt hoffte Be, als Lieferant von Betriebssystemen für Internet-Geräte überleben zu können.

Erst im Januar hatte mit der AOL-Tochter Netscape ein anderer ehemaliger Konkurrent gegen Microsoft geklagt. Wegen wettbewerbswidriger Geschäftspraktiken im Browser-Markt soll die Gates-Company Schadensersatz leisten.

Die vorgeschlagene außergerichtliche Einigung im seit Jahren schwelenden Washingtoner Kartellprozess ist unterdessen erneut unter Beschuss geraten. In einer Eingabe beim dortigen Bezirksgericht kritisierten die neun verbliebenen klagenden US-Bundesstaaten, der Vergleichsentwurf gehe zu Lasten von PC-Herstellern. Unter Verweis auf die Regelungen würden sie von Microsoft gezwungen, auf eigene Patentrechte zu verzichten. Die Anwälte des Konzerns reagierten auf die Kritik mit der Ankündigung, auf die entsprechende Klausel zu verzichten. Darüber hinaus machten sie weitere Zugeständnisse für den Einigungsentwurf, beispielsweise hinsichtlich der Herausgabe technischer Informationen an Konkurrenten. (wh)