IT-Einkauf Teil 1

Softwareeinkauf ohne Reue

07.05.2009
Von Jürgen  Beckers und Gerry Wallner

Erstellen eines Lastenhefts

Um den richtigen Anbieter für ein IT-Vorhaben zu finden, sollte der Anwender ein Lastenheft erstellen, das alle wesentlichen Anforderungen und Erwartungen der Geschäftsleitung, der Anwender, der IT- und Rechtsabteilung an die zu beschaffende IT-Lösung enthält. Herrscht erst einmal Klarheit darüber, was man sucht, findet sich auch der passende Anbieter leichter. Die potenziellen Partner können dann ihre Angebote auf Basis der im Lastenheft dokumentierten Anforderungen und Erwartungen abgeben. Der Anwender sollte sie allerdings noch einmal ausdrücklich dazu auffordern, auf eventuelle Abweichungen gut sichtbar hinzuweisen. Wichtig ist zudem, dass das Lastenheft auch die Erwartungen im Hinblick auf die Folgekosten für die Einführung und den späteren Betrieb einer IT-Lösung enthält. Unklare Beschreibungen führen leicht zu bösen Überraschungen.

Was ins Lastenheft gehört

Die folgenden Punkte sind für ein vernünftig abgefasstes Lastenheft unabdingbar:

  • Beschreibung der Ausgangssituation - insbesondere im Projektumfeld und -bereich;

  • Definition der technischen und betriebswirtschaftlichen Ziele, die mit der Einführung der Standardsoftware verfolgt werden. Gibt es Budgetvorgaben für die Beschaffung, Implementierung, Einführung und den Betrieb (einschließlich eventueller Anpassungen)?

  • Beschreibung des Ist-Zustands einschließlich der Schnittstellen zu anderen Systemen und Programmen bei Projektbeginn;

  • Welche aktuellen Schwachstellen und Problembereiche sind zu berücksichtigen?

  • Beschreibung des Soll-Zustands, der durch die IT-Beschaffung erreicht werden soll. Auch Prozessbeschreibungen, Schnittstellen, Mengengerüste sowie Qualitäts- und Gesetzesvorgaben sollten darin enthalten sein;

  • Bestehen Anforderungen an die Übernahme von Altdaten?

  • Anforderungen an die Projektorganisation - einschließlich der Mitwirkungsleistungen des Kunden, der Abgrenzung der Verantwortlichkeiten, des Test- und Abnahmekonzepts sowie der Anforderungen an die Dokumentation.

  • Definition der Übergabepunkte, an denen die Verantwortung für die vereinbarte Leistung vom Anbieter auf den Kunden übergeht. Ein Beispiel hierfür ist die Telefondose der Telekom: Werden Fehler durch Geräte oder Leitungen verursacht, die hinter dieser Dose installiert sind, so verantwortet sie nicht der TK-Anbieter - es sei denn, Lieferung und Betreuung fallen laut Vertrag ausdrücklich in seine Zuständigkeit.

  • Definition der Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Anbieters, etwa an Unternehmensgröße, Erfahrung und Umsatz;

  • Spezielle Vorgaben an Angebot und Vertragsinhalte, beispielsweise Angebotsbindefristen, Einkaufsbedingungen, Nutzungsrechte an der Standardsoftware, Outsourcing-Rechte, Übertragungsmöglichkeiten im Konzern, Service-Levels für Wartung und Pflege.

Das Lastenheft ist extrem wichtig. Wer Probleme bei der Erstellung hat, sollte externe Hilfe in Anspruch nehmen. Fehler, die während der Projektierung entstehen, lassen sich nachträglich nicht mehr korrigieren - zumindest nicht ohne Mehrkosten. Und diese Zusatzkosten überschreiten die Ausgaben für eine Beratung meist um ein Vielfaches. Als grober Richtwert sind - je nach Komplexität der Anforderungen - zwischen fünf und 15 Prozent der Projektkosten für die ordnungsgemäße Projektierung einzuplanen.