Softwarebranche spießt "gesalzene Preise" auf

16.02.1979

Klaus Ammann

European Sales Manager, Computer Associates, Darmstadt

Die Ankündigung der neuen IBM-Serie 4300 zielt unseres Erachtens nicht gegen die auf dem Markt etablierten Systemsoftware-Anbieter, sondern vielmehr gegen die IBM-kompatiblen Hardware-Hersteller. Der Marktführer versucht zudem, durch die neue Hardware - vor allem aber durch die Software - den Anwender noch mehr als zuvor zu "knebeln", Vorgenerierte Softwaresysteme, wie sie für die neuen Systeme offeriert werden, sind nach unseren Informationen auf die CPU zugeschnitten. Das bedeutet, daß der Anwender Teile des Betriebssystems, wie etwa den Compiler, auf anderen IBM-Anlagen nicht mehr verwenden kann. Das wird unterbunden durch den Einsatz sogenannter "Mikroprogramm-Checks".

Uns stört die mikrocodierte Betriebssystemsoftware insofern nicht, da alle unsere System-Standardsoftware-Produkte außerhalb der physikalischen Ebene eines IBM-Betriebssystems angesiedelt sind. Wir verändern zum Beipiel nie den Supervisor, sondern bewegen uns nur auf der logischen Ebene.

Wir können derzeit noch nicht abschätzen, inwieweit unsere Produkte mit den neuen IBM-Plattentypen kompatibel sind. Hier sehen wir ein Problem, das es zu bewältigen gilt. Unser Produkt CA-Sort ist seit 1971 auf dem Markt. Seit dieser Zeit wurden viele neue Plattentypen von IBM herausgebracht, und wir waren immer in der Lage , diese zu unterstützen.

Wir freuen uns, daß IBM durch die Ankündigung der 4300 gezeigt hat, daß doch die Software in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnt. Was uns außerdem gut gefällt, sind die "gesalzenen" Preise, bei denen wir mit unseren Produkten sicher mithalten können.

Uns ist zudem aufgefallen, daß die Software bei weitem nicht "ungebundelt" wird. Sie ist zwar getrennt angeboten worden, wenn sie jedoch systemgeneriert ist, läuft sie nur mit der entsprechenden IBM-Hardware. Das bedeutet: Konkurrenz ade!

Das DOS/VSE ist zweifelsohne besser als das DOS/VS, sicher jedoch nicht so stark verbessert worden, daß die Nachteile des existierenden DOS-Betriebssystems ausgeglichen werden wie etwa: mangelhafte Bandverwaltung oder teilweise manuelle Plattenplatzverwaltung. CA ist unseres Wissens nach der einzige Systemsoftware-Anbieter, der Produkte für die IBM-Betriebssysteme DOS/VS und VM/370 anbietet. Deshalb sehen wir uns durch die IBM-Ankündigung in der bisherigen Marketing-Philosophie bestätigt.

Vinod Bahl

Aerea-Manager, Westinghouse Electric, Düsseldorf

Nach den noch spärlich verfügbaren Informationen (wir haben erst die Produktankündigung und einige Werbebroschüren der neuen IBM-Serie, 4300 gesehen), freuen wir uns, daß die IBM-Anwender nunmehr ihrem Ziel ein wenig näher gekommen sind, endlich die Hard und Software präsentiert zu bekommen, die nach dem heutigen Stand der Technologie realisierbar ist. Damit meinen wir in erster Linie das Preis-/Leistungsverhältnis der Hardware, die Generierung und Wartung des Systems und die Behandlung von System-Fehlern.

Im Gegensatz zu einigen Stunden Generierungszeit wird der Anwender jetzt nur noch einige Minuten benötigen, um das mitgelieferte, betriebsbereite Softwaresystem nach seinen Bedürfnissen zu modifizieren. Das gleiche gilt für die Verbesserung der im System integrierten Fehlerdiagnose und deren Behebung nach dem Retain-Modell, eine Methode, die in Amerika bereits weit verbreitet ist.

Unserer Meinung nach sehen wir in Zukunft ein weites Betätigungsfeld für Anbieter von fremder Systemsoftware. Einmal, weil die E-Serien-Modelle nicht nur Ersatz für die vorhandenen 370-Anlagen, sondern auch ebenso Zweitrechner sein sollen, wie zum Beispiel in Rechnernetzen. Zum anderen wegen des totalen Unbundlings der Hard- und Softwarepreise. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß die Betriebssysteme und

Dateizugriffsmethoden (wie etwa VSAM) nicht grundlegend geändert wurden.

Wir werden selbstverständlich Weiterhin alles daransetzen, den Anwendern qualifizierte und leistungsfähige Programme anzubieten. Daß dies nicht immer leicht sein wird, ist uns klar.

Dieter Gallist

Direktor Marketing Services, NCR GmbH, Augsburg

Die Ende Januar erfolgte Freigabe der beiden Modelle 4331 und 4341 der IBM E-Serie hat sicherlich marktpolitischen Charakter. Viele EDV-Anwender werden sich jetzt mit diesen neuen Modellen beschäftigen. In der EDV-Fachwelt waren die wesentlichsten Kenndaten seit Monaten stets wiederkehrendes Gesprächsthema. Als EDV-Hersteller haben wir uns daher auf diese Serie einstellen können und bei den zwischenzeitlich erfolgten Produktfreigaben - zum Beispiel bei unseren Systemen I-8410 Modell 3 und der I-8430 Modell 5 - berücksichtigen können. Unsere neuen Plattenspeichersysteme 6530 und die für die Hauptspeicher verwendete VLSI-Technologie mögen hier stellvertretend genannt sein. Unsere eingehende Analyse des IBM-Systems bestätigt, daß kein Grund zur Panik besteht, daß unsere Maßnahmen qualitativ und quantitativ richtig waren und es keine Veranlassung gibt, unsere Produkt-Strategie zu ändern.

Die Analyse zeigt außerdem, daß die 1976 mit den NCR Criterion-Anlagen, erstmals vorgestellte System-Architektur der autonomen Subsysteme und der ladbaren Firmware (Mikrocode) ihren Vorsprung trotz der IBM-Freigabe gehalten hat. Es soll dabei nur an die bereits in Betrieb befindlichen Anlagen die als "multiple virtuelle" Maschinen, arbeiten, erinnert werden. Die 4300 läßt zwar ebenfalls zwei Betriebsarten zu - aber eben nur alternativ. In der VS-Technik bietet die 4300 auch im Vergleich zur 370 nur eine graduelle Verbesserung.

Zur Hannover Messe wird unser Haus sowohl auf den Gebieten Hardware und Software weitere Produkte freigeben und damit das stetige Angebot moderner Technologie praktizieren. Uns erscheint eine kontinuierliche Übernahme den neuen Technologien in der Produktion wesentlich sinnvoller als der beim Marktführer innerhalb der Serien geübte "Technologie-Stau".

Wir werden in verstärktem Maß unsere moderne Hardware-Architektur, die Kompatibilität innerhalb der Serie 800 - die vom Bürocomputer 8100 bis zu den EDV-Großsystemen reicht - hervorheben und besonders auf unser Anwendungs-Know-how hinweisen, da ja durch unsere interaktiven Anwendungspakete und die große Zahl der installierten System in Deutschland dokumentiert ist. Pakete sind aber nur ein Teil unserer Strategie zur Gewinnung von Neukunden und Umsteigern von Wettbewerbssystemen. Der andere Teil besteht aus Software-Umstellungs-Tools, um Programme von Wettbewerbsanlagen auf NCR-Anlagen übernehmen zu können. Unsere erste Antwort auf dieses Erfordernis heißt Answer (Automatic NCR Source Word Evaluator Routine) und wird im Laufe des Jahres 1979 durch Wandler für das herstellerspezifische RPG in die standardisierte Sprache Cobol ergänzt werden.

Insgesamt sehen wir in den Systemlösungen - bei denen Hardware, Software und Dienstleistungen eine Einheit bilden - den Schwerpunkt unseres Angebotes.

Damit erfüllen wir die wohl wichtigste Erwartung der EDV-Anwender.

Abschließend sollten wir auch über die Preise sprechen. Uns erscheint es wichtig, daß wir innerhalb der Serie NCR 8000 EDV-Systeme anbieten deren Mieten nicht erst bei fünfstelligen Beträgen beginnen, hier sehen wir den wesentlichsten Vorteil in unserer Serie 8000. Sie bietet die niedrige Preisschwelle für den Einstieg und die Möglichkeit zum Aufsteigen ohne Umsteigen. Der EDV-Anwender soll den Freiraum erhalten, der ihm eine genaue Anpassung seiner Anlagenausstattung an seinen Bedarf ermöglicht.

Jörgen Kamm

Marketing-Leiter, ZEDA - Gesellschaft für Datenverarbeitung und EDV-Beratung mbH & C.,

Wuppertal

Die Frage, ob die neue IBM-Serie 4300 und das ebenfalls neue - Software-Konzept eine Konkurrenz für Systemsoftware-Häuser darstellen, muß ich eindeutig mit "ja" beantworten: Mit diesem neuen Angebot soll der Nutzen für den Anwender wesentlich verbessert werden. Dennoch sehe ich durch diese Ankündigung wesentliche positive Aspekte für uns, deshalb begrüßen wir diese neue Serie.

Wenn die IBM verspricht, mit den neuen Rechnern 4300 höhere Systemleistungen und mehr Produktivität zu liefern, sehen wir darin einen Kernpunkt, der unsere Produktphilosophie eigentlich nur bestätigt: Wir bieten seit längerer Zeit den Komplex "Optimierungs- und Produktivitätshilfen" an, die im IPO-Extended angeführt werden.

Die vorgenerierte, auf die individuellen Anwenderbedürfnisse zugeschnittene IBM-Software sehen wir als Versuch der IBM, mehr Leistung zu günstigerem Preis anzubieten. Aber auch wir bieten hochentwickelte Software an - ohne Begrenzung der Features. Hochentwickelt deshalb, weil durch die technische Konzeption unserer Software die Systembelastung gering und damit die Benutzerfreundlichkeit hoch ist. Die IBM spricht auch davon, daß die Anwender kleinerer Systeme - wie etwa 370/115 - bisher aus Kostengründen und - bedingt durch die begrenzte Speicherverfügbarkeit - kaum DB/DC-Anwendungen realisieren konnten. Dies soll sich durch die neue Serie ändern, da man zum vorhandenen Rechner eine 4331 dazustehen kann.

Wir konnten mit unseren Produkten beweisen, daß man durchaus auf diesen kleineren 370-Systemen DB/DC-Anwendungen realisieren kann - und zwar ohne Speicheraufstockung mit Online-Update und guten Antwortzeiten.

Durch die neuen Systeme sehen wir in Zukunft die Möglichkeit, daß der Anwender verstärkt nach fremder Systemsoftware greift. Auch der Einsatz von Mikrocodes bringt uns derzeit noch keine Probleme,

Josef Pecher

Marketing-Direktor Sperry Univac

Als Nachfolge-Anlagen für sehr lange im Markt gehaltene Computersysteme

verfügen die neuen Rechner über ein stark verbessertes Preis-/Leistungsverhältnis. Dies wird nicht so sehr durch revolutionäre Architekturprinzipien, sondern vielmehr durch Verwendung modernster Halbleiter-Technologie erreicht. Der Zugang zu dieser Technologie steht allen Herstellern offen. Sperry Univac hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, daß neueste Technologie kurzfristig in den Produkten Eingang findet und zu außerordentlich wettbewerbsfähigen Systemkonzepten führt. Die für dieses Jahr geplanten Produkt-Neuankündigungen werden dies erneut unter; Beweis stellen.

H.C. van der Tak

Geschäftsführer, CPP Deutschland GmbH, München

Wir freuen uns, daß die IBM das Preis-/Leistungsverhältnis derart drastisch zugunsten ihrer Kunden korrigiert hat. Dies ist in erster Linie möglich durch die serienmäßige Verwendung neuer Technologien (Chips) für Großrechner. Wir sind davon überzeugt, daß die IBM mit den 4300-Rechnern versuchen wird, möglichst viele neue Kunden zu erreichen und nicht bereits installierte Systeme abzulösen. Diese Politik kommt uns - als Systemsoftware-Lieferant für IBM - und IBM-kompatible Maschinen - äußerst gelegen.

Ein weiterer, unserer Meinung nach sehr interessanter Aspekt. Die 4300-Serie kann auch an bereits vorhandene größere 370- und 30XX-Anlagen als Subsystem oder Konzentrator angeschlossen werden. Hiermit hat IBM einmal mehr bewiesen, daß sie es ernst meint mit der Kombination von leistungsfähigen zentralen Einheiten und Datenstationsrechnern in einem Konzept verteilter Intelligenz (Distributed Processing).

Unsere Position in diesem Markt: Die Kompatibilität wird von IBM großgeschrieben - also auch für die Software. Es könnte, sein, daß wir an einigen unserer Pakete geringfügige Änderungen vornehmen müssen, um sie den neuen Systemen anzupassen. Unsere amerikanischen Lieferanten haben dies jedoch bereits in ihrem System-Design vorgesehen. Derzeit finden in Amerika direkte Gespräche zwischen unserer Entwicklungsabteilung und der IBM statt, um die dazu notwendigen technischen Informationen auszutauschen. Im Anschluß an diese Gespräche werden wir in der Lage, sein, unseren Kunden Terminpläne über eventuelle neue Versionen unserer Software zu unterbreiten.

Wie auch in den vorangegangenen 15 Jahren werden die Dinge nie so heiß gegessen, wie sie gekocht werden. Man sollte hierbei nicht vergessen, daß die andere Seite auch nur mit Wasser kocht. Ebenso in der Vergangenheit begründet ist, daß auch die IBM sich anstrengen muß, um bis zur Lieferung der neuen Hardware alle Software-Komponenten angepaßt zu haben. Die nächsten Jahre werden für erfolgreiche Softwarehäuser nach wie vor einen großen Markt eröffnen - speziell für IBM-Mainframes.

Siemens AG

Daten- und Informationssysteme

Die bisher verfügbaren Informationen über das neue IBM-Angebot reichen für eine abschließende Beurteilung der sich ergebenden Marktsituation noch nicht aus. Wir erwarten jedoch in jedem Fall von dem angekündigten neuen Preis-/ Leistungsverhältnis eine stimulierende, Wirkung auf den Markt.