Europäischen Markt für DV-Dienstleistungen im Wandel

Software: Joint-ventures gewinnen an Bedeutung

28.11.1986

LONDON - Kooperationsbereitschaft signalisieren gegenwärtig viele europäische Anbieter von DV-Dienstleistungen. Die Zahl der Zusammenschlüsse und Akquisitionen ist in den letzten Monaten in die Höhe gegangen. Dies ermittelte das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Input Ltd., London.

Zu den größten europäischen Unternehmen, die DV-Dienstleistungen anbieten, gehören derzeit Input zufolge CAP Gemini Sogeti, CISI, GSI und Sema-Matra in Frankreich, Scicon und Thorn-EMI in Großbritannien und Datev in der Bundesrepublik. Im Geschäftsjahr 1984/85 erhöhte CAP Gemini Sogeti seinen Umsatz um 22 Prozent, GSI legte 6 Prozent zu, Sema-Matra erwirtschaftete 13 Prozent mehr, Datev verbuchte gute 15 Prozent Umsatzzuwachs, Thorn-EMI erreichte 17 Prozent mehr und Scicon lag mit einer Umsatzsteigerung von 23 Prozent an der Spitze.

Diese hohen Wachstumsraten sind teilweise auf Zusammenschlüsse oder die Übernahme anderer Firmen zurückzuführen, erklärte Principal Consultant Peter Lines. Im europäischen Information-Services-Markt zeichne sich deutlich der Trend in Richtung großer Konzerne ab. Um in diesem Markt überleben zu können, sei es erforderlich, eine gefestigte Position und finanzielle Stärke zu erreichen.

Für 1986 errechnete Input aufgrund der Befragung bei den Herstellern für DV-Dienstleistungen ein Marktvolumen von 18,6 Milliarden Dollar. Frankreich liegt dabei mit einem Anteil von 6,6 Milliarden Dollar an der Spitze, gefolgt von der Bundesrepublik mit 4,7 Milliarden Dollar. Großbritannien verbucht 4,5 Milliarden Dollar für sich und auf Italien entfallen 2,8 Milliarden Dollar. Bis 1991 wird sich nach Berechnungen von Input das Marktvolumen auf 48,7 Milliarden Dollar erhöhen. Diese Summe splittet sich auf in 16,6 Milliarden Dollar für Frankreich, 12,7 Milliarden veranschlagt Input für die Bundesrepublik, Großbritannien liegt mit 10,7 Milliarden wieder an dritter Stelle und Italien beschließt die Rangfolge mit 8,7 Milliarden Dollar.

Mißtrauen zwischen Management und DV

Des weiteren präsentierte Peter Lines die Ergebnisse einer in diesem Jahr durchgeführten Anwenderbefragung. Insgesamt wurden 109 Unternehmen unterschiedlicher Größe und Industriebereiche interviewt, davon je 30 in der Bundesrepublik und Frankreich, 29 in Großbritannien und 20 in Italien.

Ein großes Problem ist dieser Studie zufolge nach wie vor das mangelnde Vertrauen zwischen dem Management auf der einen und den Datenverarbeitern auf der anderen Seite. Auch die Beschaffung von geeigneten Fachleuten gestaltet sich für die Anwender noch immer schwierig. Die DV-Hersteller dagegen haben bei der Personalrekrutierung eigenen Aussagen zufolge kaum Probleme. Hier erwarten die englischen Marktforscher das Entstehen eines Teufelskreises, der sich zugunsten der DV-Dienstleistungsunternehmen auswirkt. Dadurch, daß die Benutzer nicht die richtigen DV-Fachleute finden können, sind sie gezwungen, sich mit ihren Problemen an Anbieter von DV-Serviceleistungen zu wenden. Diese wiederum können es sich dann leisten, den gefragten Spezialisten gute Angebote zu unterbreiten.

Der Anwendungsrückstau steht an dritter Stelle der Problemliste. Abhilfe könnten hier nach Ansicht von Peter Lines Software-Tools und Schnittstellen mit einer besseren Benutzeroberfläche schaffen. Auch der Kostenfaktor verursacht vielen Anwendern noch Kopfzerbrechen.

In bezug auf die Entwicklung von Anwendungen setzen die befragten User folgende Prioritäten:

- Fabrikautomation 65 Prozent,

- Abrechnungssysteme 65 Prozent,

- Kommunikationsnetze 55 Prozent,

- Marketing/Verkäufe 55 Prozent,

- Büroautomation 30 Prozent,

- Datenbanken 20 Prozent.

Aus den Untersuchungen von Input ging des weiteren hervor, daß die Anwender "Entwicklungszentren" größere Aufmerksamkeit zollen als "Benutzerservicezentren". Fast ebenso hohe Bedeutung messen die Befragten "Softwarepaketen für die Fachabteilungen" und dem "Mikro-Mainframe-Link" bei. An vierter Stelle in diesem Katalog rangieren "Werkzeuge für die Software-Entwicklung". Das Thema "Unix" hat für die Benutzer einen wesentlich niedrigeren Stellenwert als für die DV-Hersteller, konstatierte Peter Lines.