Software ersetzt Karteikästen

29.02.2008
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany
Bevor die Erlau AG eine CRM-Software einführte, arbeiteten Vertriebsleute mit Karteikästen. Das Programm stützt sich auf Lotus Notes und verfügt über ein Web- und SAP-Anbindung.

Erfolgreiche CRM-Projekte sind solche, bei denen der Vertrieb nicht erst vom Nutzen überzeugt werden muss. Ein Beispiel dafür liefert die mittelständische Firma Erlau AG aus Aalen: Sie ersetzte Karteikästen durch eine integrierte CRM-Applikation. Das Unternehmen der RUD Gruppe fertigt und vertreibt Außenmöbel für urbane Zentren und erholsame Grünanlagen. Die Firma beschäftigt etwa 250 Personen und produziert Geräte von der klettererprobten Spielplatzbank über leichtfüßige Sitzgelegenheiten für Warte- und Fußgängerzonen bis zur witterungsbeständigen Parkbank. Aufträge gewinnt Erlau über Ausschreibungen.

Eine Herausforderung des CRM-Projekts bestand darin, das komplexe Beziehungsgeflecht vor allem bei öffentlichen Auftraggebern abzubilden. Da gibt es Entscheider auf kommunaler Ebene, Architekten und Projektleiter, zwischen denen die Vertriebsleute des Möbelspezialisten vermitteln müssen. Wer in Bauprojekten die Entscheidungen trifft, muss nicht gleichzeitig der Auftraggeber sein. Wo viele Personen mitwirken, ist der Informationsbedarf groß und Transparenz gefordert. Hinzu kommt, dass die Ausschreibungen langwierig sind und die Vertriebsexperten bei Erlau dabei zahlreiche Termine einhalten müssen.

Der Vertrieb der Erlau AG arbeitete früher mit Karteikarten. Er war alles andere als zufrieden, weshalb im Jahr 2006 beschlossen wurde, eine CRM-Software anzuschaffen. "Der Vertrieb hatte sich schon seit einiger Zeit bessere Abläufe gewünscht, doch fehlte es vorher an geeigneten Werkzeugen", so Anita Valentin, IT-Leiterin der RUD Gruppe, zu der die Erlau AG gehört. Zwar macht das Unternehmen von IT regen Gebrauch und wickelt beispielsweise betriebswirtschaftliche Prozesse mit einer SAP-Software ab. Die Anforderungen in Sachen Funktionsumfang standen früh fest. Die CRM-Lösung sollte darüber hinaus "Lotus Notes" als E-Mail- und Groupware-Plattform einbinden. Nicht zwingend erforderlich war aber, dass die CRM-Software auch gleichzeitig auf Grundlage der IBM-Software entwickelt wird.

Nachdem die Projektverantwortlichen ein Pflichtenheft verfasst hatten, sondierten sie den Markt. Es zeigte sich jedoch, dass eine Standardsoftware für die sehr speziellen Prozesse des Unternehmens nicht verfügbar war. Deshalb erhielt schließlich das Systemhaus Wünsch AG aus Pforzheim den Zuschlag zur Entwicklung einer individuellen CRM-Software auf der Grundlage von Lotus Notes/Domino mit Anbindung an SAP R/3.

Mitte 2007 ging die CRM-Software für den Geschäftsbereich "Möbel" in Betrieb, Anfang Februar 2008 folgte der Humantechnikbereich. Er produziert Stütz- und Haltegriffsysteme für Behinderte, ältere, geschwächte oder kranke Menschen. Derzeit verwenden 45 Nutzer die CRM-Lösung. Vorhandene Altdaten wurden so weit wie möglich in die CRM-Umgebung übernommen, was allerdings Nachbearbeitung erforderte. Da es vorher keine CRM-Lösung gab, wurden quasi als Notlösung bestimmte kundenrelevante Geschäftsdaten in der ERP-Software geparkt. Diese haben die Softwareexperten im Laufe des Projekts ausgelesen, in die CRM-Applikation überführt und aus R/3 entfernt.

Datenvolumen überfordert Lotus Notes

Seit Inbetriebnahme der Software wurden 12 000 Aufträge mit den zugehörogen Datensätzen im System angelegt. Der Umfang der Daten übersteigt das Fassungsvermögen von Lotus-Notes-Datenbanken, weshalb Erlau zur Datenhaltung eine relationale Datenbank nutzt.

Das CRM-Programm vereinfacht vieles: Ausschreibungsdaten lassen sich nun elektronisch übernehmen und in das CRM-System einfügen. Wahrzunehmende Termine können die Anwender in entsprechende Felder eintragen, um daran erinnert zu werden. Workflows gestatten es den manchmal bis zu acht Mitglieder umfassenden Projektteams, gemeinsam an Auftragsdokumenten zu arbeiten. Einbinden lassen sich so auch Außendienstmitarbeiter und externe Nutzer bei Partnern, die über den Web-Browser zugreifen. Die Schnittstelle zu R/3 4.7 erlaubt es, Daten direkt vom CRM- und ERP-System zu übertragen. Wenn aus einer Ausschreibung ein Angebot erzeugt wird, übermittelt die CRM-Software die Angebotsdaten an die ERP-Applikation.

Realisiert wurde die Integration mit Hilfe einer individuell gebauten BAPI-Schnittstelle. Die Geschäftslogik wurde mit Lotuscript und Javascript entwickelt, um sowohl Notes-Clients als auch Browser-Frontends zu bedienen.

Laut RUD-IT-Chefin Valentin mussten Anwender nicht erst überzeugt werden, da sie ziemlich bald nach Projektstart den Nutzen der Software erkannten: "Anfragen und Ausschreibungen lassen sich verwalten und das Beziehungsgeflecht abbilden. Dennoch war, wie bei jeder CRM-Einführung, Fingerspitzengefühl angebracht. "Der Vertrieb geht keine Kompromisse ein", so Valentin. Gleichzeitig muss die Fachabteilung jedoch eng eingebunden sein und ihren Beitrag leisten. "CRM ist kein IT- und auch kein Berater-, sondern ein Vertriebsprojekt, und von dort muss auch der Startschuss erfolgen." Das gehe nur, wenn der Vertrieb die Abläufe genau kenne und wisse, was die neue Lösung leisten solle." Nach Darstellung der Managerin gelang es bei Erlau, die IT, den externen Partner und Systemintegrator und die Fachanwender unter einen Hut zu bringen. "Die Wünsch AG hatte die notwenige Distanz, aus den Anforderungen Prozesse zu gestalten."

CRM vermittelt zwischen Lotus Notes und SAP R/3

Den Kern der individuell entwickelten Lösung "RECRM" bilden Lotus Notes/Domino und die Datenbank "DB2 UDB Express" von IBM, die via LC/LSX angebunden ist. DB2 übernimmt die Datenhaltung, in Lotus Notes erfolgt die Konfiguration der Anwendung. Der Zugriff auf die Daten geschieht mittels SQL-Stored-Procedures. Des Weiteren wurde eine Schnittstelle zu SAP R/3 4.7 programmiert.

Die Inhalte werden im Browser über Lotus-Notes-Masken dargestellt. Diese Oberflächen enthalten neben Notes-Elementen (Felder, berechnete Texte) auch HTML, Stylesheets und Javascript.

Die Möbel- und Humantechnikversion des CRM-Systems sind über unterschiedliche Mandanten realisiert. Eine Konfiguration legt fest, ob der jeweilige Mandant die Möbel- oder Humantechnikoberfläche verwendet. Beide Geschäftssparten verwenden teilweise identische Masken, aber einige Oberflächen und Funktionen sind unterschiedlich. Zugriffskontrolllisten (Access Control Lists) von Lotus Notes steuern, welche Benutzer welche Mandanten sehen dürfen. Da der Außendienst unter anderem UMTS-Karten verwendet, war gefordert, die an den Browser übertragene Datenmenge gering zu halten und möglichst selten auf die DB2-Datenbank zuzugreifen. Beispielsweise erfolgt die Auswahl von Werten aus DB2 in separaten Fenstern. Statt die aufgerufenen Fenster neu zu laden, zeigt die Software die gewählten Werte mittels Javascript an.