Social-Media-Experte Stephan Grabmeier

"Social Business verändert radikal unsere Arbeitsweise"

06.08.2013
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Social-Media-Experte Stephan Grabmeier hat die Telekom verlassen und ein eigenes Unternehmen gegründet. Im CW-Interview erläutert er, wie Unternehmen Social Business-Themen erfolgreich umsetzen können.

CW: Wollen Sie endlich Ihre Ideen und innovativen Ansätze auch umgesetzt sehen?

Stephan Grabmeier, Innovation Evangelists: "Social Business ist nicht allein das Implementieren von Software, sondern die radikale Veränderung von Arbeits- und Dialogbeziehungen zu Kunden und Mitarbeitern."
Stephan Grabmeier, Innovation Evangelists: "Social Business ist nicht allein das Implementieren von Software, sondern die radikale Veränderung von Arbeits- und Dialogbeziehungen zu Kunden und Mitarbeitern."
Foto: Privat

GRABMEIER: Das hat schon bei der Telekom funktioniert. Immerhin sprechen wir hier von einem "Tanker" mit 233.000 Mitarbeitern, der durch Enterprise 2.0 massiv bewegt wurde. Ich möchte das jetzt fortsetzen, allerdings eher mit kleinen "Schnellbooten." Innovationen in Großkonzernen zu verankern und ins Tagesgeschäft zu transformieren braucht Zeit, ist aber realisierbar. Damit solche Projekte auch gelingen, braucht man uneingeschränktes Management-Sponsoring.

CW: Wo glauben Sie, lässt sich gerade in großen Unternehmen mit dem Thema Social Business Transformation erreichen?

GRABMEIER: Social Business hat für große Unternehmen viel Potenzial: Entscheidungen können schneller auf einer fundierten Informationsgrundlage getroffen werden, das macht sie wettbewerbsfähiger. Diese Organisationen zeichnen sich ja meist durch lange Abstimmungszyklen und Herrschaftswissen in Abteilungssilos aus, dem wirkt die Nutzungsoffenheit von Social Business produktiv entgegen.

CW: Sie haben jahrelang in Konzernstrukturen gearbeitet. Lässt sich sagen, wo deutsche Unternehmen mit diesem Thema stehen?

GRABMEIER: Letzte Studien zeigen, dass deutsche Unternehmen, gemessen am reinen Investitionsvolumen, in Social Software gut unterwegs sind. Social Business ist aber nicht das Implementieren von Software allein, sondern die radikale Veränderung von Arbeits- und Dialogbeziehungen zu Kunden und Mitarbeitern. Deutsche Unternehmen transformieren noch nicht strategisch und konsequent genug. Dies hängt einerseits von der noch fehlenden Medienkompetenz der Personalentwicklung, andererseits von unzureichender strategischer Einordnung ab. Social Business heißt strategische Unternehmensentwicklung und ist somit ein CEO-Thema.

CW: Mit welchen Argumenten wollen Sie Konzernpersonaler, die nicht immer das Image haben, ein Hort von Innovation zu sein, überzeugen, Social-Business-Aktivitäten voranzutreiben?

GRABMEIER: Wenn Human Resources (HR) nicht beginnt, selbst kompetent für Social Business zu werden, dann wird dieser Bereich ein weiteres Kompetenzfeld verlieren. Bei Social Business geht es in erster Linie darum "anders Arbeiten" zu ermöglichen - wenn nicht HR, wer ist dann für solch eine neue Unternehmenskultur verantwortlich?

CW: Bei welchen Themen und Aufgaben sehen Sie konkreten Handlungsbedarf?

GRABMEIER: Im Kern geht es darum zu prüfen, wie sich die Rolle und Verantwortung von HR im Zuge der Einführung von Social Business verändert. Das muss sich in einer veränderten HR-Strategie, organisatorischen Kompetenzen bis hin zu neuen Skills, Aufgaben und Verantwortungen widerspiegeln.

Kernaufgabe für HR wird es sein, den Wandel zum Social Business als Positionierungschance zur attraktiven Arbeitgebermarke zu verstehen. Aufgrund seiner Enterprise-2.0-Strukturen muss ein Unternehmen zum Magnet für den Bewerbermarkt werden. Das kann nur funktionieren, wenn das Gebäude, der Arbeitsplatz, die Arbeitsbedingungen, die IT Infrastruktur, die Kommunikationsmittel sowie auch die Führungskultur den Erwartungen dieser Stakeholder entspricht.

Wie man skeptische Mitarbeiter von Social Business überzeugt

CW: Können Sie Beispiele nennen, die skeptischen Personalern und Mitarbeitern genug einleuchten, um ein Social-Media-Projekt zu starten?

GRABMEIER: Wir sprechen in Social Business von Nutzungsoffenheit, das bedeutet jeder HR’ler sollte seine Themen und Prozesse überprüfen und mit Social Business produktiver gestalten. Was heißt das genau? Mitarbeiterwissen gezielt nutzbar und Experten im Unternehmen auffindbar machen ist eines der unmittelbaren Themen. Über soziale Vernetzung erfahre ich sehr schnell, wer über die richtigen Skills verfügt, oder natürlich auch wer in bestimmter Richtung noch weitergebildet werden sollte. Eine IBM Untersuchung zeigt, dass wir rund 25 Prozent unserer Arbeitszeit damit verbringen, Informationen oder Experten zu finden. Über ein gesamtes Arbeitsleben sind das rund acht Jahre. Wenn diese Ineffizienz verbessert werden kann, erreicht man einen großen Mehrwert. Change Prozesse mit Social Elementen wie JAMs als digitale Großgruppenkonferenzen, ein digitales World Cafe oder auch ein Barcamp dürfen in einem modernen Change Management nicht fehlen.

CW: Wie müssen Firmen vorgehen, damit solche Projekte gelingen?

GRABMEIER: Das richtige Vorgehen ist das A und O. Vier Aspekte sind dabei besonders wichtig:
1. Die Social Business-Strategie braucht ein Sponsoring aus dem Management und muss Teil der Unternehmensstrategie sein. Ansonsten bleibt sie wirkungsloser Nebenschauplatz ohne Budget.
2. Change und Kommunikation sind das Herzstück der Transformation. Erst wenn alle ihren persönlichen Mehrwert erkennen und mitziehen, beginnt der Wandel Fahrt aufzunehmen
3. Im Rahmen der technischen Implementierung ist eine saubere Infrastruktur als Social Business Ökosystem aufzubauen.
4. Mitarbeiter müssen dazu befähigt und unterstützt werden, Informationen und Dialoge anders zu führen, um den eigenen Mehrwert überhaupt zu erkennen. Und natürlich macht Social Business an Abteilungsgrenzen nicht Halt, daher müssen fachliche Silos überwunden werden.