SOA verheißt Brückenschlag zwischen IT und Business

22.02.2005
Das Interesse an serviceorientierter Softwareentwicklung ist groß.

Der hohe Kosten- und Zeitdruck sowie der Wunsch nach einer Flexibilisierung von Geschäftsabläufen zwingt Unternehmen, Anwendungen effizienter zu entwickeln und zu pflegen. Unter den Lösungsvorschlägen der letzten Jahre (und Jahrzehnte) gilt derzeit das Konzept einer Service-orientierten Architektur (SOA) als Ultima Ratio. Nicht nur Analysten sehen in ihr einen viel versprechenden Ansatz, sondern auch Unternehmen wie die Deutsche Post AG. Diese lud jetzt zusammen mit IBC Euroforum zur Konferenz "SOA Days 2005" in die Bonner Zentrale.

"SOA steht für eine Plattform aus modularen Services, die sich zu immer wieder neuen Prozessen verbinden lassen", erklärte Johannes Helbig, Mitglied des Bereichsvorstands "Brief", vor 300 Teilnehmern. Mit diesem Ansatz arbeite die Deutsche Post seit einigen Jahren. So war man bereits 1999 zu dem Schluss gekommen, dass der viel zitierte "Spaghetti-Code" der Anwendungslandschaft, redundante und inkonsistente Daten sowie hohe Wartungskosten nicht mehr tragbar seien. Zu- dem musste sich das Unternehmen wegen seiner Übernah- men informationstechnisch neu aufstellen. In der Folge wurde mit dem Entwurf und 2001 mit der Implementierung eines "Service Business Backbone" begonnen, das heute als SOA das Rückgrat für Konzernbereiche wie Global Mail und DHL bildet. Dabei werden nicht nur eine wachsende Zahl von Basisdiensten bereitgestellt, sondern auch einheitliche Designprozesse für Services.

Schrittweiser Wandel

Der SOA-Ansatz gestattet es der Deutschen Post, bestehende und neu entwickelte Anwendungen nach und nach zu integrieren. Um die erhofften positiven Effekte auf die IT-Kosten und -Prozesse zu verstärken, straffte der Konzern auch seine IT-Organisation. So entstand zu Jahresbeginn mit dem IT-Board eine föderale Management-Struktur aus eigenverantwortlichen CIOs unter Leitung eines Vorsitzenden, den derzeit Vorstandsmitglied Frank Appel stellt. In den Jahren zuvor deckelte die Deutsche Post ihre IT-Budgets, gründete die Anwendungsentwicklung aus, konsolidierte ihre Rechenzentren und schloss mit T-Systems ein Serviceabkommen.

Das große Verdienst des SOA-Ansatzes liegt für Manager Helbig darin, dass er das "Übersetzungsproblem" zwischen IT und Business überwinden helfe. Geschäftslogik und strategische Vorgaben einerseits und technische Aspekte (Prozesse, Architektur) andererseits ließen sich besser aufeinander abstimmen. Insofern trage SOA stark zur Innovationsfähigkeit eines Unternehmens bei. Sprecher auf der Veranstaltung rieten dringend dazu, SOA als ein Business-getriebenes Thema zu verstehen. Sie unterscheide sich vom rein technisch diskutierten Ansatz einer Enterprise Application Integration (EAI), der für viele Experten zu kurz greift. "Die Semantik der Dienste (Was ist ein vernünftiger Service? Wie bringe ich ihn in den Prozess ein?) ist künftig das Entscheidende, nicht die Schnittstellengenerierung", sagte Sebastian Abeck, Informatikprofessor an der Universität Karlsruhe. Mit SOA würden erstmals die Softwareentwicklung und der Aufbau eines Geschäftsmodells zusammen erfolgen.

Allerdings ist die Umsetzung von SOA "alles andere als trivial", räumte Post-Manager Helbig ein. Sie verlange "Kreativität und Ausdauer". Die Umstellung auf eine Business-getriebene IT-Organisation verwandle laut Abeck Entwickler in "Prozess- und Serviceprogrammierer". Zudem sind die für die Umsetzung favorisierten Web-Services-Standards noch im Entstehen, und auch die Tool-Unterstützung gilt als ungenügend.

Vieles ist schon Praxis

SOA ist kein weiterer Hype, so der Tenor in Bonn. Vergleichbare Ansätze seien heute schon Praxis. Zudem stimmten die schnelle Weiterentwicklung von Web-Services-Spezifikationen und die große Resonanz in der Industrie optimistisch. Auch Florian Matthes, Informatikprofessor an der TU München, sieht in SOA mit ihren flexiblen "Netzwerk-Schnittstellen" einen Fortschritt. Doch glaubt er, dass auch in zehn Jahren weiter Spaghetti-Verbindungen die IT-Landschaft prägen werden. Sein Kollege Abeck befürchtet, dass große Hersteller, "ihr eigenes Süppchen kochen könnten". Trotzdem sollten Anwender sich schon heute in kleinen Projekten mit Service-orientierung und Web-Services vertraut machen. "SOA ist nur die längst fällige Umsetzung vorhandener Konzepte", resümierte ein Teilnehmer.