Oracle-Anwender

SOA löst unsere Probleme nicht

01.12.2008
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Anwender fordern flexiblere Lizenzmetriken

CW: Ist denn das Preis-Leistungs-Verhältnis bei Oracle aus Ihrer Sicht angemessen?

DOAG: Man darf eines nicht vergessen: Oracle bietet im Supportrahmen mehr Leistung. Die Kunden bekommen sämtliche Software-Updates und neue Releases automatisch und kostenlos. Für eine neue Softwaregeneration müssen sie nicht extra bezahlen, es sei denn, es kommen ganz neue Produkte auf den Markt. Aus dieser Perspektive stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis. Allerdings diskutieren die Kunden, ob es nicht möglich wäre, mehr Flexibilität zu bekommen, beispielsweise um bestimmte Software mit weniger Support zu betreiben oder einzelne Lizenzen ganz aus dem Support zu nehmen. An dieser Stelle sind aber im Grunde alle Softwareanbieter sehr unflexibel.

CW: Die Forderung, Lizenzen aus der Wartung nehmen zu können, ist nicht neu. Warum ist Oracle so unbeweglich?

DOAG: Das ist nicht verständlich, denn Oracle hatte zwischenzeitlich eine Lösung angekündigt. Allerdings fehlt immer noch eine offizielle Entscheidung. Die Oracle-Verantwortlichen sind in der Bringschuld. Natürlich liegt es im Interesse des Herstellers, dass ein Anwender nicht acht Datenbank-Lizenzen unter Support nimmt, aber 500 Arbeitsplätze damit versorgt. Das wollen auch wir nicht. Allerdings gibt es auch andere Situationen, beispielsweise wenn ein Kunde aus regulatorischen Gründen ein Archivsystem mit einer alten Version 7 der Oracle-Datenbank betreibt. Dafür gibt es keinen Support mehr, beziehungsweise als Anwender braucht man den in aller Regel auch gar nicht. Wenn der Anwender parallel Version 11 der Oracle-Datenbank in Betrieb hat, muss er alle 7er- und 11er-Lizenzen unter Support nehmen und die damit verbundenen Gebühren entrichten.

CW: Wie rechtfertigt Oracle diese Strategie?

DOAG: Das Argument Oracles, diese Umgebungen nicht kontrollieren zu können, läuft aus unserer Sicht ins Leere. Oracle kann das genauso viel oder wenig kontrollieren, wie ob ein Anwender 100 Lizenzen kauft, aber 200 betreibt. Im Rahmen eines Audits kommt beides heraus. Die Forderung Oracles, dass Lizenzen, die aus der Wartung genommen werden, auch gelöscht werden müssen, ist aus DOAG-Sicht nicht nachzuvollziehen. Für dieses Problem ist uns eine Lösung zugesagt worden. Hier muss Oracle mehr Flexibilität zeigen. Es geht nicht, dass der Hersteller mit Nachteilen droht, wenn der Kunde eine flexible Anpassung der Leistungen haben möchte.

CW: Auch an anderer Stelle zeigt Oracles Lizenzstrategie Lücken, beispielsweise was virtualisierte Umgebungen betrifft. Wie beurteilen Sie dieses Problem?

DOAG: Hierzu laufen Gespräche. Oracle sieht die Notwendigkeit auch, aber wir warten noch auf Lösungen. Insgesamt müssen solche Dinge schneller geklärt werden. Oracle ist viel zu langsam. Aber auch andere Anbieter haben an dieser Stelle ihre Probleme. Wer ein führender Softwareanbieter sein will, darf sich jedoch nicht hinter den anderen Marktteilnehmern verstecken. Lösungen sind durchaus machbar.

Die Oracle-Spitze weiß, wer wir sind

CW: Wie hat die DOAG als Anwendervertretung auf die Bea-Übernahme reagiert?

DOAG: Wir standen bereits seit Januar 2008 mit den Bea-Anwendern in engem Kontakt. Der Vorsitzende der Bea-Usergroup in Deutschland ist Beirat bei der Doag geworden. Hintergrund war, die zügige Integration der Bea-Nutzer innerhalb der Doag voranzutreiben. Damit decken wir wichtige Bea-Themen schon seit Anfang des Jahres ab. Zusätzlich haben wir drei Special Interest Groups (SIGs) gegründet, nicht getrennt nach Oracle- und Bea-Middleware, sondern nach Themen: SOA, Middleware, BPM. Alle drei SIGs sind bereits aktiv. Das ist aus Sicht der DOAG ein Beleg dafür, dass wir sich die Usergroup frühzeitig den Herausforderungen stellt.

CW: Wie ist die DOAG in die Oracle-Zentrale verdrahtet, um ihre Anliegen vorzubringen?

DOAG: Ein Charles Phillips (President von Oracle, Anm. d. Red.) kann die vier Buchstaben einordnen. Wir behaupten zwar nicht, dass er alles kennt, was wir tun. Aber er weiß, wer wir sind. Das ist wichtig im Umfeld von 400 Anwendergruppen weltweit. Es ist leichter, mit einflussreichen Leuten von Seiten Oracles ins Gespräch zu kommen. Wir stimmen uns auch mit anderen User Groups ab, um Anliegen gemeinsam und konzentriert zur Sprache zu bringen. Dieser Abstimmungsprozess, Dinge gemeinsam zu fordern, ist wichtig. Allerdings bedeutet das nicht, dass wir Dinge an Oracle Deutschland vorbeilancieren. Wir arbeiten auch mit der hiesigen Oracle-Organisation eng zusammen, um unseren Anliegen Gehör zu verschaffen.

CW: Wie steht es um die interne Vernetzung innerhalb der DOAG?

DOAG: Wir wollen künftig stärker die benachbarten Länder adressieren, die zum Teil gar keine User-Group haben. Natürlich tun wir uns am leichtesten dort, wo deutsch gesprochen wird. Beispielsweise gibt es auf der aktuellen Konferenz einen Schweizer Abend der Schweizer Oracle-Anwender.

CW: Was bringt das den Anwendern?

DOAG: Für die Kunden ist es nicht leicht, den Durchblick zu behalten. In Oracles Preisliste finden sich über 1000 Produkte. Da fällt es selbst uns schwer, wirklich alle Entwicklungen in den drei Bereichen Datenbank, Middleware und Applikationen im Auge zu behalten. Um wie viel schwerer fällt das den kleineren User-Groups. Deshalb wollen wir unsere Organisation weiter ausbauen. Wir haben den Vorteil, genau in der Mitte Europas zu sitzen und vor allem die Anwender in Osteuropa ansprechen zu können.