Was Chef und Mitarbeiter beachten müssen

So vermeiden Sie Fehler in Arbeitsverträgen

24.02.2012
Von 


Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Vorformulierte Fassung

In der Praxis werden Arbeitsverträge vom Arbeitgeber in aller Regel in vorformulierten Fassungen verwendet, bei denen lediglich einige wenige Vertragsklauseln - etwa die Höhe des Gehaltes - offen gelassen und im Einzelfall individuell anzupassen sind. Echte Vertragsverhandlungen über jede einzelne Klausel des Vertrages finden aber in aller Regel nicht statt. Der Gesetzgeber hat daher festgelegt, dass dieses Ungleichgewicht in der Verhandlungsposition nachträglich korrigiert werden kann: Seit dem Jahr 2002 findet auch im Bereich des Arbeitsrechts eine inhaltliche Kontrolle des Arbeitsvertrags nach dem Standard des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Recht) Anwendung.

Bildhaft gesprochen stellt sich das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Arbeitsrecht gewissermaßen als ein Minenfeld dar, das ständigen Wandlungen und Weiterungen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung unterworfen ist. Vertragsklauseln, die jahrelang unbeanstandet allgemeine Verwendung fanden, werden plötzlich von der Rechtsprechung für unwirksam erklärt und durch neue, für den Arbeitgeber oft teurere Regelungen ersetzt. Es ist für Arbeitgeber daher lohnenswert, die alten Vertragsmuster überprüfen zu lassen und jedenfalls bei Neueinstellungen moderne Fassungen zu verwenden. Bei als gefährlich erkannten Formulierungen ist in jedem Einzelfall zu überlegen, ob mit dem Arbeitnehmer eine einvernehmliche Vertragsanpassung erreicht werden kann.

Die Regelungen des AGB-Rechts

Was regelt das AGB-Recht im Einzelnen?

a) Nach AGB-Recht sind sog. "überraschende Klauseln" im Arbeitsvertrag unwirksam. Als "überraschend" gilt eine Klausel dann, wenn sie objektiv ungewöhnlich ist und der Vertragspartner nicht mit ihr rechnen muss. Es kommt also immer auf den konkreten Einzelfall und dessen Gesamtumstände an. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits konkret entschieden, dass beispielsweise Ausschlussfristen zur Geltendmachung von Arbeitnehmeransprüchen überraschend im Sinne des AGB-Rechts und damit unwirksam sind, sofern sie im Text versteckt und nicht drucktechnisch hervorgehoben sind.

b) Unklarheiten im Vertragstext gehen nach AGB-Recht immer zu Lasten desjenigen, der den Text vorgibt, in aller Regel also der Arbeitgeber. Ob im Einzelfall eine Unklarheit vorliegt, richtet sich nach dem Verständnis eines redlichen Vertragspartners unter Abwägung der beiderseitigen Interessen und dem von den Vertragspartnern gewollten Regelungszweck. Auch hierbei kommt es also auf die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalles an. Führt eine solche Auslegung zu einem mehrdeutigen Ergebnis, so gilt die unklare Klausel nicht. Bedeutung hat die Unklarheitenregel insbesondere im Zusammenhang mit der Inbezugnahme und Verweisung auf Tarifverträge und -normen: Ist die Tragweite der Verweisung nicht eindeutig, geht dies zulasten des Verwenders.

c) Die im Arbeitsvertrag verwendeten Klauseln dürfen den Arbeitnehmer auch nicht unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt immer dann vor, wenn eine Bestimmung mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Beispielsweise hat das BAG hierzu aktuell entschieden, dass eine Klausel, wonach ein Arbeitnehmer monatlich im Durchschnitt 150 Stunden arbeiten muss, diesen unangemessen benachteiligt, weil sich aus der verwendeten Klausel nicht ergebe, innerhalb welchen Rahmens sich der Durchschnitt errechnet - ob der Durchschnitt aus 6 Monaten, aus einem Jahr oder gar aus noch größeren Zeiträumen zu ermitteln ist, ließ der Vertrag offen (BAG, Urt. V. 21.06.2011 - 9 AZR 236/10).

Klar und präzise formulieren

An diesen Beispielen wird deutlich, dass die klare und präzise Formulierung eines Arbeitsvertrags nicht so einfach ist, wie manch einer sich das landläufig vorstellen mag. Schnell wird aus einer unbedachten Formulierung ein richtig teurer Stolperstein, der den Arbeitgeber unnötig viel Zeit und Geld kosten kann: In dem zuletzt genannten Beispielsfall beschäftigt der Arbeitgeber rd. 460 Mitarbeiter, die mehrheitlich alle die "monatliche Durchschnittsklausel" in ihrem Arbeitsvertrag stehen haben. Etwa 200 Mitarbeiter haben den Arbeitgeber - erfolgreich - auf Anhebung ihrer monatlichen Arbeitszeit wegen unangemessener Benachteiligung vor den Arbeitsgerichten verklagt.

Alleine in der ersten Instanz fielen hierfür Gerichts- und Anwaltskosten von mindestens € 300.000,00 an. Ein Großteil der Fälle wurde dann in der zweiten Instanz überprüft, wofür noch einmal mindestens 500.000,00 Euro anfielen, da nun auch noch die Anwaltskosten der Arbeitnehmeranwälte zu übernehmen waren. Eine unbedachte Formulierung verursachte auf diese Weise Kosten von rd. 800.000,00 Euro, die richtiger und rechtzeitiger Beratung durch einen arbeitsrechtlich versierten Rechtsanwalt zu einem Bruchteil dieser Kosten zu vermeiden gewesen wären. (oe)

Kontakt:

Der Autor Fenimore Frhr. v. Bredow ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Vizepräsident der DASV und Vizepräsident des VDAA Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte e. V. (www.vdaa.de) Kanzlei Domernicht v. Bredow Wölke, Bismarckstr. 34, 50672 Köln, Tel.: 0221 283040, E-Mail: v.bredow@dvbw-legal.de, Internet: www.dvbw-legal.de