Analyse statt Aktionismus

So verändern Sie die Firmenkultur

27.02.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Meist ändert sich nichts

Faktisch geändert hatte sich an der Kultur des Unternehmens aber wenig. Denn alle bisherigen Initiativen waren von den Mitarbeitern zwar wahrgenommen und zumeist sogar zumindest verbal begrüßt worden. Sie hatten aber nicht "ihr Herz" erreicht. Denn Veränderungsbedarf sahen die Mitglieder der Organisation - vom Vorstand bis zum Pförtner - meist nur bei den jeweils anderen. Dass sie selbst auch ihr Verhalten, sei es alleine oder als Team, ändern müssen, das erkannten sie in der Regel nicht.

Das Problem durchdringen und verstehen

Nachdem der Berater dem Vorstand dies erläutert hatte, entschied dieser: Okay, wir richten zwar eine Projektgruppe ein. Diese soll aber von einem externen Berater moderiert werden. Er soll dafür sorgen, dass die Gruppe schärfer als bisher das Problem analysiert und zudem ihr eigenes Verhalten und Vorgehen reflektiert.

Beim ersten Treffen der Projektgruppe wurden deren Mitgliedern zu-nächst noch einmal die Ergebnisse der Befragung präsentiert. Danach wurden die Projektmitglieder gebeten, ihre Vermutungen über die Ursachen des Problems sowie mögliche Problemlöseschritte zu formulieren. Der externe Moderator schrieb auf Moderationstafeln und Flipcharts fleißig mit. Nach circa 1,5 Stunden bat er die Projektgruppenmitglieder, zwei Arbeitsgruppen zu bilden: Die erste Gruppe sollte aus dem anwesenden Bereichsleiter und den drei Abteilungsleiter bestehen; die zweite Gruppe aus den sechs Teamleitern. Beide Gruppen sollten unter anderem folgende Fragen beantworten:

  • Wie war die Zusammenarbeit in den vergangenen Stunden?

  • Wie hat sich die Projektgruppe organisiert?

  • Wie waren die Redezeiten verteilt?

  • Auf welchen Ebenen wurde diskutiert?

  • Welche Denk- und Verhaltensmuster wurden sichtbar?

Beim Auswerten der Arbeitsgruppenergebnisse im Plenum wurde den Mitgliedern der Projektgruppe schnell klar: Eigentlich haben wir beim gemeinsamen Arbeiten genau die Strukturen reproduziert sowie Verhaltensmuster gezeigt, die im Unternehmensalltag eine zentrale Ursache der Probleme im Bereich "Führung und Kommunikation" sind. Die Gesprächsführung hatte der Bereichsleiter, also der Ranghöchste. Die drei Abteilungsleiter sagten zwar ihre Meinung, ordneten sich faktisch aber stets dem Votum des Bereichsleiters unter. Und die sechs Teamleiter? Sie schwiegen - sieht man von einigen kleinen Zwischenbemerkungen ab. Das heißt, die Mitglieder der Projektgruppe erkannten allmählich: Wir sind selbst ein Teil des Problems für das wir eine Lösung suchen.