Tipps für Manager

So lernen Sie Situatives Führen

27.04.2010
Von 


Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Das eigene Führungsverhalten reflektieren

Um ihre Mitarbeiter effektiv zu führen, müssen Führungskräfte die vier Führungsstile nicht nur kennen, sondern auch praktizieren (können). Sonst entwickelt sich die Kompetenz ihrer Mitarbeiter nicht und ihr Engagement sinkt. Hierfür ein Beispiel: Nehmen wir an, ein junger Vertriebsmitarbeiter muss erstmals eine Verkaufspräsentation planen und durchführen. Er befindet sich also auf Entwicklungsstufe 1. Dann benötigt er von seinem Vorgesetzten eine fachliche Unterstützung, wie eine solche Präsentation aufgebaut sein sollte, damit der Kunde am Schluss sagt "Ja, das will ich haben". Er muss zudem ermutigt werden: "Das schaffen Sie mit meiner Unterstützung, selbst wenn ...". Anders ist es, wenn derselbe Mitarbeiter schon mehrere Präsentationen konzipiert und durchgeführt hat. Gibt der Chef dem Mitarbeiter dann immer noch jeden Handgriff vor und schaut ihm permanent über die Schulter, dann lähmt dies nicht nur dessen weitere fachliche Entwicklung, auch seine Motivation sinkt. Denn er denkt zu-recht: "Mein Chef betrachtet mich immer noch als blutigen Anfänger. Er würdigt meine Lernfortschritte nicht."

Ähnlich demotivierend oder wenig kompetenzfördernd kann es aber auch sein, wenn ein Chef seinem Mitarbeiter zu wenig Unterstützung bietet. Auch hierfür ein Beispiel: Nehmen wir an, ein Vertriebsmitarbeiter hat schon mehrere Verkaufspräsentationen konzipiert und erfolgreich durchgeführt. Er befindet sich also auf Entwicklungsstufe 3. Bisher waren die Präsentationen aber für Handwerksbetriebe bestimmt und nun soll er plötzlich vor dem Vorstand eines Konzerns präsentieren. Das verunsichert ihn, was er auch artikuliert. Wenn dann sein Chef zu ihm nur im Vorbeigehen schulterklopfend sagt "Ach, das schaffen Sie schon", dann fühlt sich der Mitarbeiter nicht ernst genommen und im Stich gelassen. Das heißt: Mit hoher Wahrscheinlichkeit sinkt sein Engagement. Daraus folgt: Führungskräfte müssen ihr Führungsverhalten jeweils neu der Entwicklung eines Mitarbeiters anpassen. Das tun sie oft nicht. Untersuchungen zeigen: 89 Prozent der Führungskräfte präferieren einen oder zwei der vier Führungsstile. Die anderen zeigen sie entweder nicht oder nur in Ausnahmefällen. Deshalb sollten sich Führungskräfte regelmäßig ein Feedback über ihr Verhalten einholen oder dieses analysieren lassen, um Ansatzpunkte zu identifizieren, wie sie dieses optimieren können.

Regelmäßig das Gespräch suchen

Damit Führungskräfte die Entwicklung ihrer Mitarbeiter gezielt fördern können, müssen sie sich mit deren Vorgehen beim Lösen ihrer Aufgaben befassen. Sie sollten also regelmäßig das Gespräch mit ihnen suchen und mit ihnen erörtern: Welche Aufgaben stehen an und welche Ziele gilt es hierbei zu erreichen? Danach können sie mit ihnen klären, welche fachliche und mentale Unterstützung sie hierfür benötigen, also welcher Führungsstil angebracht ist, und eine entsprechende Vereinbarung treffen. So können sie bei ihren Mitarbeitern eine Entwicklung in Gang setzen, die darauf abzielt, die jeweils nächsthöhere Entwicklungsstufe zu erreichen.