Unternehmenskategorisierung hilft bei der Jobsuche

So finden Bewerber ihren künftigen Arbeitgeber

19.03.2004
MÜNCHEN (CW) - Auch wenn sich eine leichte Entspannung auf dem Arbeitsmarkt abzeichnet, bleibt die Jobsuche noch immer schwierig, so dass der Bewerbungsvorbereitung höchste Priorität zukommen sollte. Der Betriebswirtschaftsprofessor und Personalprofi Christian Scholz hat einen ungewöhnlichen Vorschlag entwickelt, wie man sich auf den gewünschten Arbeitgeber einstellen kann.

Dass Bewerber sich bereits vor der ersten Kontaktaufnahme mit dem Wunschunternehmen auseinander setzen müssen, ist eine bekannte, aber selten umgesetzte Forderung. Es ist schwierig, über eine triviale Auseinandersetzung mit Werbebroschüren und unhöflichen Telefon-Gesprächspartnern hinauszukommen. Es wird aber etwas einfacher, wenn man genau das befolgt, was die Grundregel jeglicher Strategie ist: nämlich die Zielgruppe zu kategorisieren und sich entsprechend zu verhalten.

Eigene Wünsche berücksichtigen

Dazu ist auf der einen Seite davon auszugehen, dass Unternehmen sich in ihrem Darwinismus-Grad (siehe Kasten "Personal-Category-Management) unterscheiden, also stark oder weniger stark auf Leistung setzen, auf Minderleistung reagieren, mit finanziellen Zielvereinbarungen und Kontrollen arbeiten und Low-Performer-Programme beziehungsweise High-Potential-Förderung betreiben. Auf der anderen Seite existieren unterschiedliche Opportunismus-Grade, die Unternehmen bei ihren Mitarbeitern zulassen. So tolerieren und fördern manche Firmen die Eigeninitiative ihrer Beschäftigten, wobei dieses "Unternehmertum in eigener Sache" durchaus zu einer geringen Bindung führen kann.

Das Ergebnis dieser Überlegungen ist eine simple, aber in ihren Konsequenzen weitreichende Matrix aus vier Kategorien: Etwas vereinfacht kann man Kategorie eins als die gute alte Zeit der Old Economy, Kategorie zwei als den Traum der New Economy, Kategorie drei als den Feudalismus der frühindustriellen Phase und Kategorie vier als marktradikalen Turbokapitalismus ("Darwiportunimus pur") bezeichnen. In diese Darwiportunismus-Matrix ist jetzt der anvisierte Job zu positionieren. Hierzu gibt es eine Vielzahl von Anhaltspunkten, die sich alle aus den oben kurz skizzierten Erläuterungen ableiten. Nach der Positionierung greifen die kategorienspezifischen Normstrategien, muss also - vereinfachend ausgedrückt, das Bewerbungsverhalten an die jeweilige Kategorie angepasst werden.

In den Kategorien eins, also Old Economy und drei, Feudalismus, mit dem niedrigeren Opportunismusgrad spielen aus Sicht des Unternehmens Karriereziele und individuelle Entwicklungswünsche des Bewerbers keine Rolle und werden negativ bewertet. Der Kandidat sollte sie daher nicht ansprechen. Dagegen sind sie in den Kategorien zwei (New Economy) und vier (Turbokapitalismus) zwingende Bedingung, um den Job zu bekommen. Analoges gilt für den Umgang mit Darwinismus. Oder um es anders auszudrücken: Will man einen Job in der Old Economy, so ist "Karriere" das falsche Wort, während Kontinuität und Kinderwunsch (plus Doppelhaushälfte) positiv bewertet werden. Will man sich dagegen für einen Job im Turbokapitalismus empfehlen, so kommen Wettbewerbsdenken, Karrierestreben und einige gewonnene Schlachten gut an.

Natürlich könnte man jetzt lange über Einzelheiten dieses bewerberseitigen Personal-Category-Managements diskutieren und Stichworte wie "Job-Chamäleon", "Nur glückliche Arbeit ist gute Arbeit" sowie Aufbau der "Marke Ich" diskutieren. Hierum geht es aber zunächst nicht: Vielmehr sollen Bewerber wissen, was sie im Job erwartet und was sie machen müssen, um diesen Job zu bekommen. Ob sie ihn unter diesen Bedingungen haben wollen - das ist eine andere Frage. (hk)

Personal-Category-Management ...

... ist eine an der Universität des Saarlandes entwickelte Methodik, bei der - ähnlich wie im Handel - Wettbewerbsvorteile für Unternehmen und Mitarbeiter durch eine differenzierte, aber standardisierte Behandlung von Beschäftigtengruppen entstehen.

Darwiportunismus bezeichnet das Zusammenspiel aus unternehmensseitigem Darwinismus und mitarbeiterseitigem Opportunismus. Der Begriff stammt aus der Trendstudie von Christian Scholz: "Spieler ohne Stammplatzgarantie Darwiportunismus in der neuen Arbeitswelt", Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2003.