Damit die Trennung nicht übermäßig belastet

So fällt die Kündigung leichter

05.10.2012
Von 


Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Emotionen akzeptieren

Auf diese Nachricht reagieren Mitarbeiter unterschiedlich - manche geschockt, manche gelassen, manche wütend. Lassen Sie zu, dass Ihr Mitarbeiter Emotionen zeigt. Äußern Sie hierfür Verständnis. Und geben Sie ihm ausreichend Zeit, die Fassung wiederzugewinnen. Gelingt ihm dies nicht, sollten Sie das Regeln der Trennungsmodalitäten vertagen - zum Beispiel, indem Sie vorschlagen: "Herr/Frau Müller, sicher müssen Sie den Schock erst verdauen. Was halten Sie davon, wenn wir uns übermorgen nochmals zusammensetzen und darüber reden ..."

Zuweilen müssen Führungskräfte Kündigungen aussprechen, hinter denen sie nicht stehen. Zum Beispiel, weil sie selbst am Sinn der beschlossenen Umstrukturierung zweifeln. Oder, weil sie sich lieber von einem anderen Mitarbeiter getrennt hätten, aber aufgrund der Sozialauswahl keine andere Entscheidung möglich war. Dann dürfen Sie im Gespräch mit dem Mitarbeiter diese Bedenken nicht äußern - zum Beispiel mit Worten wie "Ich verstehe auch nicht, warum die Unternehmensleitung ..." Denn Sie nehmen die Aufgabe Kündigen stellvertretend für die Unternehmensleitung wahr.

Sie geraten zudem in Teufels Küche, wenn Sie Ihre Vorbehalte artikulieren. Denn der Gekündigte wird, sobald er Ihr Büro verlassen hat, lautstark verkünden: "Selbst unser Chef empfindet die Kündigung als ungerecht". Er wird Sie also als Kronzeuge gegen die Unternehmensführung verwenden - eventuell sogar dann, wenn er rechtliche Schritte gegen die Kündigung ergreift.

"Sie haben doch gesagt, ..."

Ein Vorwurf, mit dem Führungskräfte bei Kündigungen oft konfrontiert werden, ist: "Aber vor einem Monat planten Sie mit mir doch noch ..." Oder: "Bei der Weihnachtsfeier sagten Sie, unsere Arbeitsplätze seien sicher." Dann sollten Sie zu Ihren Worten und Taten stehen. Bedauern Sie Ihren Irrtum. Sagen Sie, dass Sie zum damaligen Zeitpunkt die Situation anders einschätzten, diese sich aber in der Zwischenzeit aufgrund der Faktoren A, B, C geändert hat.

Oft erfahren Führungskräfte in Kündigungs- und Trennungsgesprächen Dinge aus dem Privatleben der Gekündigten, von denen sie zuvor nichts wussten. Zum Beispiel, wenn der Gekündigte verzweifelt sagt: "Aber ich habe gerade ein Haus gebaut." Oder: "Meine Frau hat mich verlassen und ich muss ihr und den Kindern Unterhalt zahlen."

Zuweilen stellen diese neuen Informationen sogar die Kriterien der bei größeren Betrieben beim Entlassen mehrerer Mitarbeiter vorgeschriebenen Sozialauswahl in Frage. Zum Beispiel, wenn ein Mitarbeiter erklärt: "Ich muss für meine pflegebedürftige Mutter aufkommen" oder "Ich bin zwar ledig, aber ich lebe seit Jahren mit einer Frau mit zwei Kindern zusammen." Auch dann dürfen Sie, die Kündigung nicht in Frage stellen. Denn sonst schaffen Sie einen Präzedenzfall. Und alle anderen Mitarbeiter, denen Sie noch kündigen, werden mit Ihnen einen Kuhhandel beginnen.

Und wenn eine Kündigung aufgrund der Infos, die Sie frisch erhielten, rechtlich problematisch wird? Dann sollten Sie mit dem Mitarbeiter einen Aufhebungsvertrag anstreben. Denn nichts belastet das Betriebsklima so sehr, wie ein monatelanger Arbeitsgerichtsprozess mit ungewissem Ausgang.

"Warum gerade ich?"

Dessen ungeachtet werden die zu kündigenden Mitarbeiter stets fragen: Warum gerade ich? Geben Sie dem Mitarbeiter eine inhaltlich verständliche Erklärung. Auf keinen Fall sollten Sie sich aber auf eine Diskussion über die Auswahlkriterien einlassen. Denn wer die Gründe für die Kündigung diskutiert, diskutiert die Kündigung selbst.

Wie schwer eine Kündigung zu begründen ist, hängt weitgehend vom Anlass ab. Bei personen- oder verhaltensbedingten Kündigungen ist das Begründen leicht. Hier gilt es vor allem, das rechtliche Prozedere zu beachten. Schwieriger ist es, wenn ein Mitarbeiter nicht die gewünschte Leistung erbringt. Dann sollten Sie als Führungskraft versuchen, eine sprachliche Verpackung für die Begründung zu finden, die den Betroffenen nicht verletzt. Dies gelingt Ihnen am einfachsten, wenn Sie weniger über dessen Defizite reden als über die mangelnde Passung zwischen Aufgaben und Qualifikation.

Kündigung begründen, ohne zu kränken

Entlässt ein Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern betriebsbedingt eine größere Zahl von Mitarbeitern, dann muss deren Auswahl meist gemäß den gesetzlichen Vorgaben anhand von Kriterien wie Alter, Familienstand und Dauer der Betriebszugehörigkeit erfolgen. Auch dann ist das Begründen vergleichsweise einfach, denn die Auswahl basiert auf objektiven Kriterien. Deshalb kann der Mitarbeiter eine solche Auswahl leichter akzeptieren als eine personenbezogene.

Anders ist die Situation, wenn in die Auswahl auch Faktoren einfließen sollen, wie: Wer bringt welche Leistung? Und: Welche Fertigkeiten braucht das Unternehmen? Dann wird das Begründen schnell zur heiklen Aufgabe. So zum Beispiel, wenn Sie gegenüber einem Techniker begründen sollen, warum er gehen muss, während seine zwei Berufskollegen, die dieselben Aufgaben verrichten, bleiben dürfen. Denn wenn Sie zum Betroffenen sagen "Ihre Kollegen sind geschickter im Umgang mit Kunden" oder "Ihre Arbeit weist häufiger Mängel auf", wird dieser selbstverständlich widersprechen.

Deshalb bringen gerade solche Kündigungssituationen Führungskräfte oft ins Schwitzen. Trotzdem müssen Sie Ihrem Mitarbeiter eine Begründung geben - selbst wenn Sie wissen: Er wird sie nicht widerspruchslos akzeptieren. Dann müssen Sie bereit sein, die Rolle des Buhmanns zu übernehmen. Das gehört zu Ihrer Aufgabe als Führungskraft. Bei solchen Kündigungen bewegen sich Unternehmen aber juristisch oft auf dünnem Eis. Deshalb ist es in solchen Situationen meist vorteilhafter, eine Aufhebungsvereinbarung anzustreben.

Die Zeit bis zum Ausscheiden regeln

Ist die Kündigung ausgesprochen und begründet, geht es darum, die Zeit zwischen der Kündigung und dem Austritt aus dem Unternehmen zu regeln. Hierfür können Sie einen separaten Termin vereinbaren. Im Trennungsgespräch selbst sollten Sie Ihrem Mitarbeiter einen Weg aufzeigen, wie der Trennungsprozess gestaltet werden kann. Außerdem sollten Sie ihm Hilfe beim Suchen einer neuen Stelle anbieten. Zum Beispiel, indem Sie seine Wünsche beim Formulieren des Arbeitszeugnisses berücksichtigen. Oder, indem Sie ihm anbieten, Sie bei Bewerbungen als Referenzperson zu nennen.

Um den Trennungsprozess reibungslos zu gestalten, empfiehlt es sich oft, einen Karriere- oder Newplacement-Berater zu engagieren, der die gekündigten Mitarbeiter beim Entwickeln einer neuen beruflichen Perspektive unterstützt. Denn durch die Zusammenarbeit mit einem solchen Berater wird der Blick der gekündigten Mitarbeiter in Richtung Zukunft gewendet. Das hilft ihnen, die Kündigung zu verdauen. Außerdem wird hierdurch an die verbleibenden Mitarbeiter das Signal gesendet: Unser Unternehmen lässt unsere "ehemaligen" Kollegen nicht im Regen stehen.

Gerade wenn es um das Entlassen von altbewährten und hochangesehenen Mitarbeitern geht, sollten Unternehmen das Engagieren eines solchen Beraters erwägen. Ebenso, wenn eine Kündigung rechtlich problematisch werden könnte, da die Unterstützung beim Entwickeln einer neuen beruflichen Perspektive Mitarbeitern das Zustimmen zu einem Aufhebungsvertrag erleichtert.

Den Blick wieder in Richtung Zukunft wenden

Oft ist eine bezahlte Freistellung bis zum Ausscheidetermin für beide Parteien die sinnvollste Lösung. Für die Gekündigten hat dies den Vorteil: Sie können sich voll auf das Entwickeln einer neuen Perspektive konzentrieren. Auch für das Betriebsklima ist eine Freistellung meist das Beste. Denn solange der oder die gekündigten Mitarbeiter im Unternehmen verweilen, sind auch ihre Noch-Kollegen innerlich hin- und hergerissen. Einerseits haben sie Mitleid mit ihren Kollegen, andererseits sehen sie oft die Notwendigkeit der Kündigungen. Dieser innere Zwiespalt wirkt sich negativ auf ihre Arbeitsmoral aus. Er hindert sie zudem, ihren Blick wieder in Richtung Zukunft zu wenden. Dies sollte nach einem Personalabbau aber möglichst schnell geschehen. (oe)

Kontakt: Der Autor Frank Adensam ist Inhaber der Out- und Newplacementberatung Adensam - Die Personalberater GmbH, Ludwigshafen. Tel.: 0621 59895-0; E-Mail: info@adensam.de; Internet: www.adensam.de