Keine Schutzräume für Ältere
CW: Dann ist aber doch das Thema "Wie bleibe ich top im Job" nicht mehr so bedeutend?
Kettl-Römer: Doch. Den hohen Anforderungen der heutigen Arbeitswelt können Sie nicht ausweichen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind die Arbeitskosten sehr hoch, und der Wettbewerb, in dem die Unternehmen global stehen, ist hart. Deswegen müssen die Arbeitnehmer einfach enorm produktiv und leistungsfähig sein. Die Unternehmen können und werden da keine Schutzräume für Ältere schaffen. Der Druck wird sicher nicht abnehmen.
Wer dabeibleiben und den Belastungen standhalten will, muss sich also laufend weiterqualifizieren, sich aktiv an Veränderungen anpassen, sich neuen Herausforderungen stellen, einsatzbereit sein und seine Gesundheit erhalten. Aber noch verhalten sich zu viele Arbeitnehmer jenseits der 40 zu passiv. Viele vertrauen auf den Kündigungsschutz und hoffen, dass sie sich bis zur Rente noch irgendwie durchwursteln können. Das aber ist jetzt schon gefährlich und wird in Zukunft gar nicht mehr funktionieren.
Ganz problematisch ist die Lage bei gering qualifizierten Älteren, bei angelernten Kräften und welchen, die schon länger arbeitslos sind. Ich glaube nicht, dass diese nur aufgrund der demografischen Entwicklung bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben werden.
- 1. Setzen Sie auf Informationen!
Statt dem Flurfunk zu glauben und lange zu grübeln, sollten Sie recherchieren oder Fragen stellen. Häufig haben sich beängstigende Entwicklungen als reine Gerüchte entpuppt. - 2. Mobbing, nein danke.
Verzichten Sie selbst auf Mobbing, um Ihre Ziele durchzusetzen, unterstützen Sie andere nicht bei unfairen Angriffen. Ein Unternehmen ohne Mobbing macht das Leben für alle ein Stück einfacher. - 3. Helfen Sie Kollegen und Chefs.
Jeder Mitarbeiter verfügt über andere Kompetenzen und Interessen. Was für den einen Stunden dauert, bewältigt ein anderer manchmal in Minuten. Setzen Sie dabei aber auch Grenzen, um nicht ausgenutzt zu werden. - 4. Zeigen Sie Interesse!
Wenn Sie ehrliches Interesse zeigen, berichten Ihnen die Kollegen nicht nur von ihren Urlaubsplänen, sondern auch von ihren Hoffnungen und Ängsten. Nehmen Sie diese ernst und unterstützen Sie den Gesprächspartner. - 5. Ein starkes Team.
Nicht jeder Fehler muss gleich dem Chef berichtet werden. Viele Kleinigkeiten lassen sich im Kollegenkreis regeln, was den Zusammenhalt stärkt. - 6. Fehler müssen möglich sein.
Ermöglichen Sie sich und Ihren Kollegen Fehler zuzugeben und aus diesen zu lernen. Wichtig ist nicht die Suche nach dem Schuldigen, sondern das Vermeiden des Fehlers für die Zukunft. - 7. Das direkte Gespräch.
Sprechen Sie nicht schlecht über Abwesende. Nur das direkte Gespräch führt zur Veränderung und damit zum Erfolg. - 8. Bleiben Sie flexibel.
Durch ständige freiwillige Weiterbildung erhalten Sie Ihren Wert für das Unternehmen und auf dem Arbeitsmarkt. Das macht Sie flexibel und zugleich zum gefragten Ratgeber. - 9. Das größte Risiko.
Machen Sie sich bewusst, was das größte Risiko in Ihrem Berufsleben ist. Vielfach ist dieses Szenario weitaus weniger bedrohlich, als man gemeinhin glaubt. - 10. Unterbrechen Sie die Angstspirale!
Lassen Sie rationale Argumente in angstgesteuerte Gespräche einfließen. Helfen Sie besorgten Kollegen, eine realistische Sichtweise zu gewinnen.
CW: Was kann jeder Einzelne tun, um fit für den Job zu bleiben?
Kettl-Römer: Zunächst müssen Sie ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass Sie kein passiver Arbeitnehmer sind, sondern ein "Arbeitsmarkt-Unternehmer", der seine eigenen Fähigkeiten und Leistungen anbietet. In erster Linie sind Sie selbst dafür verantwortlich, sich arbeitsmarktfit zu halten - und das so lange, wie Sie am Arbeitsmarkt teilnehmen wollen oder müssen.
Die einzelnen Bausteine der Jobfitness sind neben der Eigenverantwortung Initiative, lebenslanges Lernen, Flexibilität, Kommunikations- und Teamfähigkeit, Realismus und Frustrationstoleranz. Natürlich kann nicht jeder alles perfekt beherrschen, aber es geht darum, sich der Anforderungen bewusst zu werden und an sich zu arbeiten, sich kontinuierlich zu entwickeln und nie in geistige Trägheit und Passivität zu verfallen. Das kann man als Zumutung betrachten. Ich sehe es als Bereicherung.