Aus Schaden wird der Computer klug

So arbeitet das NTB-Programm zur Kredit-Bonitätsprüfung

24.09.1976

Die Vorzüge seines computerisiert, Beurteilungssystems für Kreditnehmer, schildert NTB-Vorstandssprecher Alfred Richter gern - Fragen nach dem Programmaufbau machen ihn dagegen einsilbig. CW-Mitarbeiter Egon Schmidt erfuhr immerhin in Umrissen, wie der NTB-Computer, eine IBM 370/135, seine Entscheidungen trifft.

Basis der Bonitätsprüfung ist die Selbstauskunft des Kunden mit mehr als zwei Dutzend Angaben. Aus ihr gewinnt das Programm einmal ein objektives Bild der Haushaltslage und der finanziellen Belastbarkeit des Kunden (bis hin zur Errechnung der unpfändbaren Lohnbestandteile) und zum anderen aus den sozial relevanten Daten eine Art "Persönlichkeitsbild" ähnlich dem, das sich auch Personalchefs von Bewerbern machen.

Sinn dieser umfassenden Prüfung ist es, das "subjektive Risiko" eines Kredits - das laut Richter zwei Drittel des Gesamtrisikos beträgt - überschaubar zu machen. Dieses subjektive Risiko setzt sich zusammen aus Komponenten wie Familienstand, Beruf, altersbedingte Unbekümmerthe(...), Temperament, bisheriges Finanzgebaren, Risikofreudigkeit etc. Dabei "lernte" der Rechner beispielsweise aus zahlreichen Fällen, daß kinderreiche Familien entgegen vorherrschender Meinung gute Kreditrisiken sind. In der Bau-Rezession "lernte" das Programm, Anträge von Bauarbeitern skeptischer einzuschätzen als früher.

Neben diesen subjektiven stehen die "objektiven" Risiken, die man nicht vorhersehen kann: Invalidität, Unfälle etc. Doch schon die Bewertung des subjektiven Risikos durch den Rechner reicht aus, beobachtete Richter, den Anteil "fauler Kunden" auf 5% zu drücken.

Der Computer gibt den Bankmitarbeitern übrigens die Möglichkeit, in "wackligen" Fällen mit dem Antragsteller solange Alternativ-Rechnungen durchzuspielen, bis die finanzielle Belastung des Kunden weder für ihn noch für die Bank mehr riskant ist. Manches GT-LS-TX-Automobil wurde dabei schon zum simplen 1200er.