So alt wie der Boehmerwald

11.11.1994

Manchmal kommt man sich selbst schon als Noergler vom Dienst vor, wenn man gewisse Entwicklungen anders sieht als das euphorische Umfeld. Deshalb sollen zunaechst zwei prominentere Zeitgenossen das Wort haben.

"Die Idee des Telecommutings entstand in den siebziger Jahren in den USA. Leitbild war dabei die Ressourcen- und Umweltschonung als Loesungsbeitrag fuer verkehrs- und energiepolitische Probleme. Unmittelbar nach der Energiepreiskrise von 1973 lag der Gedanke nahe, dass Techniken wie Telefon, Fernschreiber, Telefax und Datenkommunikation hier wesentliche Loesungsbeitraege bringen koennten. In der Folge entstand auch das Leitbild vom papierlosen Buero, an dessen leidvolle Karriere wir denken sollten, wenn wir neue Leitbilder postulieren", gab der Vorstandsvorsitzende der Alcatel SEL AG, Gerhard Zeidler, Ende vergangenen Jahres bei einem Vortrag zum Thema Telekooperation zum besten.

"Die alten Aengste sind auch die neuen. Wir duerfen von einer Humanisierung der Arbeitswelt nicht nur reden, sondern muessen auch entsprechend handeln und aufpassen", schrieb Christine Bergmann, stellvertretende Buergermeisterin und Senatorin fuer Arbeit und Frauenfragen in Berlin, den Telework-'94-Kongressteilnehmern bei ihrem Grusswort ins Stammbuch.

Aufpassen muss man in der Tat, wenn es um die Renaissance des ewig jungen Themas geht. Dass Bruessel das Teleworking nun quasi zum Mass aller Dinge erklaert, liegt auf der Hand, denn dort sieht man die Gefahr, dass kuenftig die Bertelsmaenner und Kirchs die Massstaebe setzen. Dies aendert nichts daran, dass nicht nur die Idee der Telearbeit selbst, sondern auch die Bedenken so alt wie der Boehmerwald sind. Fazit: Frau Buergermeister, Herr Zeidler, Sie haben recht! Nur was hilft es?