SNI: Könner kappen Kosten - und Könner

26.06.1992

Die Entscheidung eines Universalanbieters, für bestimmte Produkte indirekte Vertriebskanäle zu nutzen, ist immer auch eine Entscheidung gegen die Übernahme von Serviceverantwortung und damit gegen die eigenen Mitarbeiter, die einschlägiges Know-how vorhalten - als Systemberater, als Kundendiensttechniker, als Vertriebsbeauftragte. Daß die Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) im MDT-Geschäft, im Mittelstandsmarkt, diesen Weg beschreitet (Seite 1), um Kosten zu kappen, kann man dem Münchner Multi nicht als Fehler ankreiden, so dieses Ziel erreicht wird. Nicht nur Intimkenner der Siemens-Welt werden diesbezüglich allerdings ihre Zweifel haben. Doch darum geht es nicht. Kann es den SNI-Kunden egal sein, wie die "Bank" Siemens die SNI-Verluste sozialisiert, so werden sie hellhörig, wenn es um ihre eigene DV-Perspektive geht. Und da macht es eben einen Unterschied, ob ein großer Hersteller für das Funktionieren geradesteht oder ein Systemhaus XYZ, und sei dieses auch noch so umsichtig.

Nichts gegen den indirekten Vertrieb über Werksvertreter, nur sollte SNI nicht so tun, als würde sich für die mittelständischen Kunden nichts ändern. Bei PCs mag das ja noch angehen, aber für MDT-Systeme als Quasi-Mainframes in mittleren Betrieben gelten aus Kundensicht andere Maßstäbe. Gewiß das Nixdorf-Scheitern wirkt nach - ein Schock für die vielen 8870-Anwender, warnendes Beispiel für diejenigen SNI-Manager, die aus dem Siemens-Stammhaus kommen.

Das ist jedoch kein Grund, die Hände vom Direktvertrieb zu lassen. Für die meisten Nixdorf-Kunden gab es kein besseres System als die 8870, das wird von den Benutzergruppen immer wieder bestätigt. Nicht Abwechslung, nur Kontinuität schafft Vertrauen. Es ist falsch zu unterstellen, die Nixdorf-Anwender seien von dem Drang erfüllt, von der Möglichkeit des Herstellerwechsels Gebrauch zu machen. Die Paderborner haben sich selbst ein Bein gestellt, indem sie die Entwicklung in Richtung PC-LANs, Workstations und Client-Server-Computing unterschätzten - nicht unbedingt Themen für den Mittelstand, aber allein vom MDT-Geschäft konnte Nixdorf auf Dauer nicht leben.

Schnee von gestern! Mit dieser Art der Vergangenheitsbewältigung würden es sich die SNI-Manager zu einfach machen. Daß sich die Münchner aus dem Direktvertrieb im MDT-Markt zurückziehen, hat zunächst nur die Wirkung, daß sie Mitarbeiter entlassen können. Aber nur mal angenommen, es handelte sich um Könner. Weit hergeholt, bei der sprichwörtlichen Beamtenmentalität im Hause Siemens? Um so schlimmer: Darauf ließe sich Erfolg nicht aufbauen. Das Werkvertretungsabkommen mag von der Hoffnung bestimmt sein, konsolidieren zu können, ohne Markteinfluß einzubüßen: zu wenig, um die Kunden zu überzeugen.