SMI: Fehleinschaetzung des Ostmarktes kostet Jobs

07.01.1994

Zu einem kontinuierlichen Abbau der Beschaeftigten entwikkelt sich die Standortsicherung des Halbleiterwerkes Frankfurt/Oder (HFO) beziehungsweise das Nachfolgeunternehmen System Microelectronic Innovation GmbH (SMI). Der einstige Vorzeigebetrieb der DDR mit ueber 8000 Mitarbeitern duempelte bis vor kurzem noch mit einem Personalstand von 615 vor sich hin. Die von den Beschaeftigten hoffnungsvoll aufgenommene Teilprivatisierung (51 Prozent Treuhand und 49 Prozent Synergy Semiconductor Corp.), konnte weitere Entlassungen nicht verhindern: Im Dezember kam es zu 225 Kuendigungen.

Auch neue Namen brachten den Frankfurtern nichts - aus HFO wurde MTG, dann HEG und nunmehr SMI. Im Maerz 1993 von dem kalifornischen Elektronikkonzern Synergy Semiconductor zu 49 Prozent uebernommen, setzte das Unternehmen vergeblich auf den osteuropaeischen Markt. Arbeitsplatzabbau und Minuswirtschaft heizten die Geruechtekueche an.

Um SMI sanieren zu koennen, beantragte die Geschaeftsleitung bei der Schiedskommission die Haertefallregelung, die positiv entschieden wurde. Doch die IG Metall lehnte ab. Ob das Einfrieren der Loehne fuer ein Jahr etwas gebracht haette, wagt der Betriebsratsvorsitzende Achim Leopold zu bezweifeln. Max Loesel, SMI-Geschaeftsfuehrer und ehemaliger AT&T- Managing-Director ist da anderer Meinung und dementsprechend veraergert auf die Gewerkschaft, die abblockte "und einer zusammenbrechenden Firma nicht helfen wollte". Der Lohnstopp waere sinnvoll gewesen - wahrscheinlich haette SMI mehr Leute halten koennen, meint Loesel mit Nachdruck. Der Standort, so der Manager, muss erhalten bleiben - "darum dreht sich alles".

Nach Meinung von Staatssekretaer Wolff-Ekkehard Hesse vom brandenburgischen Ministerium fuer Wirtschaft, Mittelstand und Technologie in Potsdam, ging im November '93 "kein Weg daran vorbei, dass SMI demnaechst nur noch als mittelstaendisches Unternehmen agieren kann." Ein weiterer Abbau von knapp 250 Stellen war zu diesem Zeitpunkt laengst beschlossene Sache. Mitte Dezember stand fest, dass es nur 225 Betroffene geben wuerde. Und auch um die wurde erbittert gekaempft.

Im Fruehjahr steigt

die Treuhand aus

Nach Vorstellungen des Betriebsrats sollten die Entlassenen fuer zwei Jahre von der Beruflichen Qualifizierungs- und Strukturgesellschaft (BQSG), ebenfalls auf dem grossen Gelaende in Frankfurt/Oder-Markendorf, uebernommen werden. "Denn damit", so Leopold, "wuerde die Arbeitslosigkeit um zwei Jahre hinausgezoegert." Freilich: Die Kosten, fuer die nur teilweise das Arbeitsamt aufkommt (Sozialabgaben wie Renten- und Krankenversicherung muss der Arbeitgeber bezahlen) wollten weder SMI noch Treuhand uebernehmen. Geschaeftsfuehrer Loesel war ueberzeugt, ein Paket geschnuert zu bekommen, das wenigstens einen sicheren Uebergang fuer zwoelf Monate bedeutet, "denn fuer zwei Jahre ist von keiner Seite Geld vorhanden, auch vom Land kann dafuer nichts mehr kommen".

Derart ausgeduennt, sehen die Frankfurter gute Chancen fuer eine Partnerschaft, wenn im Fruehjahr die Treuhand aussteigt. Zumal die Produktstrategie neu formiert wurde. Das Geschaeftsfuehrer-Trio aus Loesel, Dieter Kapell und dem Amerikaner George Brown setzt auf bipolare Hochleistungsschaltkreise fuer Lichtleitertechnik, mobile Kommunikation sowie schnelle Computer. Es sind laut Loesel verschiedene Produkte auch im Sektor der drahtlosen Telekommunikation in Vorbereitung, "mit denen der Einstieg in die westeuropaeischen Maerkte zu schaffen ist". Denn der Osten, voran Russland, das im Fruehjahr nicht einmal mehr die Lieferungen bezahlen konnte, ist als Markt total weggebrochen.

Gestuetzt wird SMI vom Land Brandenburg, das von 1994 bis 1996 ingesamt 31, 5 Millionen nach Frankfurt/Oder fliessen laesst. Synergy selbst investierte 45 Millionen Mark in neue Technologien und Anlagen. Der Umsatz von elf Millionen Mark in 1993 soll im laufenden Geschaeftsjahr auf 30 Millionen Mark erhoeht werden.