Die neuen Funktionen in Windows XP könnten sich für Microsoft als Bumerang erweisen

Smart Tags und die Auswirkungen auf den Monopolprozess

29.06.2001
München (wh) - Was als benutzerfreundliche Funktion in Microsofts neuem Betriebssystem Windows XP verkauft werden sollte, könnte für den Softwaregiganten zum Bumerang in Sachen Monopolvorwürfe werden. Der Softwarekonzern zementiere mit der Smart-Tag-Technologie in Windows XP sein Monopol weiter, so die Kritik.

Informationen der Nachrichtenagentur dpa zufolge ist Microsoft wegen der öffentlichen Schelte zurückgerudert und will die Smart Tags außerhalb der USA nicht in Windows XP integrieren. Der Hersteller dementierte jedoch entsprechende Meldungen.

Die in Office XP fest verankerte und auch für Windows XP mit dem Internet Explorer geplante Smart-Tag-Funktion stellt eine Art Hypertext-System auf der Basis von XML oder HTML dar (siehe CW 15/01, Seite 18). Im Gegensatz zu Hyperlinks in Auszeichnungssprachen wie HTML bieten Smart Tags allerdings nicht nur Links zu Ressourcen innerhalb oder außerhalb eines Dokuments, ob auf Servern in Web-Seiten oder in anderen Office-Dateien. Vielmehr sind diese Links so angelegt, dass sie automatisch als bestimmter Datentyp erkannt werden können. Damit lassen sie sich auch in Verbindung mit anderen Office-Programmen in vielfältiger Weise nutzen.

Genau hier setzt die Kritik an: Microsoft dient die Smart Tags als benutzerfreundliche Eigenschaft von Windows XP an, mit der sich etwa so lästige Aktionen wie die Umwandlung von kleinen in große Anfangsbuchstaben vereinfachen lasse. Das Unternehmen spricht allgemein von einer kontextsensitiven Funktion in Word, Excel und Outlook, die als Mini-Icons in den Programmfenstern Grundfunktionen wie eben automatische Formatierungen sicherstellen sollen. Der Vorwurf lautet nun aber, mit den Smart Tags ließen sich auch kontextbezogene Verbindungen zu extern irgendwo im Internet liegenden Dokumente herstellen. Bei einer Vorab-Demonstration von Windows XP und dessen Smart-Tag-Funktion zeigte sich allerdings, dass solche Links mehrheitlich auf Microsofts eigenen Online-Dienst Microsoft Network (MSN) verwiesen.

Ein wesentliches Argument gegen Smart Tags ist zudem ihre unternehmens-, also Microsoft-eigene Auslegung. Nicht nur setzen sie die flächendeckende Verwendung von Office XP voraus. Vielmehr basieren sie auf einer proprietären Office-Technik. Smart Tags funktionieren ferner nur in Verbindung mit den Microsoft-Produkten Word, Excel und Internet Explorer.

Smart-Tag-Recognizer können entweder auf XML-Basis in Verbindung mit dem "Smart Tag XML List Schema" erstellt werden oder in Form von HTML-Code zur Einbettung in eine Web-Seite. Für den automatisierten, dynamischen Zugriff auf Smart Tags empfiehlt Microsoft allerdings die Entwicklung von Smart-Tag-DLLs (Dynamic Link Libraries) auf der Basis von Visual Basic und COM - Microsoft-Sprachen beziehungsweise -Techniken also.

Die Kritik setzt ferner an einem anderen Punkt an: Smart Tags machen Begriffe durch eine Unterstreichung deutlich. Diese Kennzeichnung wird auch auf Dokumenten aktiv, die irgendwo auf Internet-Seiten von beliebigen Web-Dienstleistern liegen und die Smart Tags unterstützen. Genau diese Veränderung der ursprünglichen Inhalte von fremden Dokumenten sei juristisch sehr problematisch und könnte Microsoft im Kartellrechtsverfahren weiteren Ärger einbringen.

Die Gates-Company verweist darauf, dass die Smart-Tag-Funktion bei der Installation von Windows XP von Haus aus abgeschaltet sei. Zudem könnten Betreiber von Internet-Angeboten ihre Seiten so einstellen, dass eine durch Smart Tags verursachte Veränderung verhindert wird.