Kommentar

Smalltalk ade

11.04.1997

Auch wenn es die Smalltalk-Fans nicht wahrhaben wollen, die Programmiersprache ist eine bedrohte Art. Verdrängt wird sie vom Newcomer Java. Dabei kämpft die Sun-Sprache heute mit ähnlichen strukturellen Problemen wie einst Smalltalk.

Smalltalk wurde noch vor einem Jahr als Inkarnation objektorientierter Paradigmen und als "Cobol der 90er" gehandelt. Performance-Mängel aufgrund der virtuellen Maschine und einer automatischen Speicherverwaltung konnten soweit behoben werden, daß selbst Echtzeitanwendungen, wenn auch in Kombination mit dem maschinennahen C, in Smalltalk realisiert wurden.

Dann ließ der Java-Sturm die Kurse von Parcplace-Digitalk-Aktien kippen. Anfang Mai 1996 wurde der Titel noch mit 14,625 Dollar gehandelt, Anfang Juli war das Papier nur noch 2,625 Dollar wert.

Parcplace ist nicht irgendwer. Die Smalltalk-Erfinderin Adele Goldberg gründete 1988 das Spin-off des Palo Alto Research Center. Seither galt die Firma als Bannerträger von Smalltalk und der Objektorientierung schlechthin.

Die Anwender reagieren verunsichert. Sie stoppen Smalltalk-Projekte, um die Weiterentwicklung der Sun-Programmiersprache abzuwarten.

Nun haben auch Vmark (siehe unten Mitte) und Gemstone (Seite 17) die Windrichtung erkannt. Vmark stößt die Smalltalk-Produktlinie ab, und Gemstone hängt ein Java-Fähnchen in den Wind, um Marktpräsenz zu dokumentieren. Den Kunden rät man: Lernen Sie Java.